Jeder gegen jeden

Dieser Franzose wäre fast über den deutschen Pakt gestolpert – behaupten die Briten

Der Fiskalpakt, den Kanzlerin Merkel in Berlin als “Meilenstein für Europa” feiert, sorgt hinter den Kulissen in Brüssel weiter für massiven Ärger. Nach einem Bericht der britischen FT hat EU-Kommissionschef Barroso dem britischen Premier Cameron angeboten, eine Personalrochade zu vollziehen, um doch noch die Zustimmung Camerons zum deutschen Pakt zu sichern. Auch der Versuch der Berliner Opposition, den Fiskalpakt mit der Finanztransaktionssteuer zu verknüpfen, sorgt für Wirbel.

Kein Kuhhandel. Das ist die offizielle Devise in Berlin, wenn es um den Fiskalpakt geht. Das Spar- und Sanktionsbündnis, das ganz Europa auf Austeritätskurs zwingt,  ist zwar selbst Ergebnis eines tiefen Griffs in die Brüsseler Trickkiste – es wurde in einer Nacht- und Nebelaktion neben den bestehenden EU-Verträgen geschlossen, auf unsicherer Rechtsgrundlage, ohne UK und Tschechien. Doch wenn an der FT-Story nur ein Fünkchen Wahrheit ist, waren die Pressionsversuche und Intrigen bei der “Geburt” dieses Pakts weit größer als bekannt.

Barroso habe Cameron angeboten, den in Großbritannien unbeliebten französischen Binnenmarktkommissar Barnier zum neuen EU-Außenvertreter zu ernennen, schreibt die FT. Er sollte die bisherige Amtsinhaberin Ashton, eine bei den Torys unbeliebte Britin, ersetzen – und es Cameron so ermöglichen, die Interessen der City of London in der EU leichter durchzusetzen. Ashton, die auch in Brüssel einen schweren Stand hat und als Fehlbesetzung auf dem diplomatischen Parkett gilt, habe sich sogar prinzipiell zum Abgang bereit erklärt.

Doch der Deal platzte, Cameron zog sich beleidigt zurück. Barnier behauptet heute, sein Wechsel sei keine Sekunde ernsthaft erwogen worden. Nachprüfen lässt sich die Story nicht – doch sie zeigt, welche Intrigen um den Merkel-Pakt gesponnen wurden. Die Vermutung liegt nahe, dass das Intrigenspiel auch heute weitergeht. Schließlich muss der Pakt noch von allen 25 Unterzeichnerstaaten ratifiziert werden – die rotgrüne Opposition in Deutschland will dies nutzen, um die in der FDP verhasste Transaktionssteuer durchzusetzen.

Die FDP hält dagegen und will stattdessen das britische Modell einer Stempelsteuer einführen. Das würde den Briten sicher in den Kram passen, doch in anderen EU-Ländern sorgen beide Vorstöße – die Finanzsteuer von Rotgrün und die Stempelsteuer der Liberalen – für Aufregung. Vor allem der Finanzplatz Luxemburg fürchtet, bei den Machtspielen rund um den Fiskalpakt übergangen zu werden. Auch Belgien und die Niederlande machen sich Sorgen. Beim nächsten Treffen der Finanzminister am kommenden Dienstag in Brüssel dürfte es hoch hergehen. – zumal sich auch noch Finanzminister Schäuble einmischt und eine “große Lösung” fordert.

Merkel hat mit ihrem Fiskalpakt also nicht nur das Kunststück geschafft, die EU zu spalten und die fiskalpolitische Souveränität auf dem Altar ihrer engstirnigen Spardoktrin zu opfern. Sie hat auch einen Machtkampf ausgelöst, in dem jeder gegen jeden fightet – und alles mit allem vermischt wird. Wie war noch Merkels Devise? Kein Kuhhandel… 

 

 

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