ISDS ist tot, die Mitsprache auch
Wie angekündigt, krempelt die EU-Kommission ihre Handelspolitik um. Die gute Nachricht: ISDS und die umstrittenen privaten Schiedsgerichte sollen endgültig verschwinden. Doch die Sache hat einen Haken.
Handelskommissarin Malmström möchte nämlich vermeiden, dass sich das Debakel vom CETA-Abkommen mit Kanada wiederholt, das kurzzeitig von der belgischen Region Wallonie gestoppt worden war.
Dafür hat sie sich nun einen besonderen Trick ausgedacht. Ab sofort werden Freihandel und Investorenschutz voneinander getrennt, sagte Malmström in Brüssel.
Während die Freihandelsabkommen nach dem „EU only“-Verfahren – also ohne Beteiligung nationaler und regionaler Parlamente – ausgehandelt werden, sollen die Investitions-Streitigkeiten auf einen neuen Gerichtshof ausgelagert werden.
„Wir müssen sicherstellen, dass wir Handelsabkommen nicht nur starten, sondern auch abschließen können“, so die Kommissarin. Das neue Verfahren, bekannt als “fast track”, soll schon bei Australien und Neuseeland angewandt werden.
Die Wallonie könne sich ja jederzeit in die Verhandlungen einschalten, so Malmström. Das letzte Wort soll sie aber nicht mehr haben. Dasselbe gilt dann wohl auch für den Bundestag…
Peter Nemschak
15. September 2017 @ 12:16
Die Aufregung um die privaten Schiedsgerichte ist ein red herring. Sollte sich herausstellen, dass die Urteile dieser Schiedsgerichte für die Staaten tendenziell unannehmbar sind, werden sich die Staaten wehren. Schließlich sitzen die Staaten am längeren Ast. Was hier passiert, dient dazu die vorteile des Freihandels gegen protektionistische Kleingeisterei zu bewahren. Die ökonomische Erkenntnis, dass es besser sei, die Verlierer des Freihandels zu entschädigen statt den Freihandel aufzugeben, hat sich offenbar bei den Gegnern noch nicht durchgesetzt.
Kleopatra
15. September 2017 @ 18:22
So eindeutig ist das meiner Meinung nach nicht. “Ökonomische Erkenntnisse” sind keine eindeutigen, unfehlbaren Wahrheiten, sondern Ergebnisse, zu denen man auf Grundlage von Daten und Vorannahmen kommt, und dann im besten Fall “intersubjektiv gültig”. Welche Wertentscheidungen man seiner Bewertung zugrundelegt, dafür gibt es keine objektiven Kriterien. Und ob in konkreten Fällen (zumindest zeitweiliger) Protektionismus für eine Volkswirtschaft vorteilhaft sein kann, hängt doch von den konkreten Umständen und Interessen, aber auch von den angestrebten Zielen, ab. Also sollten politische Gegner nicht as “Kleingeister” geschmäht werden.