Hat Juncker eine eigene Türkei-Politik?

EU-Kommissionschef Juncker warnt vor einem Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Einen solchen Schritt hielte er für „einen schwerwiegenden außenpolitischen Fehler“. Ach ja?

Bisher hat Juncker keine eigenen Akzente in der Türkei-Politik gesetzt. Das Land am Bosporus wurde nur wegen der Flüchtlingskrise hofiert; den Deal fädelte Kanzlerin Merkel ein.

Dass Juncker nun außenpolitisch argumentiert, kommt deshalb überraschend. Hat der Luxemburger plötzlich eine eigene Türkei-Politik? Dazu fünf Thesen:

  1. Nein, Juncker verletzt sogar sein Mandat. Denn die EU-Kommission muss bei Beitrittskandidaten wie der Türkei darüber wachen, dass sie die Grundwerte der EU einhalten.
  2. Nein, Juncker ist durch sein Mandat gebunden. Und das sieht lediglich vor, dass er die Beitrittsverhandlungen vorantreibt, solange es keine Mehrheit für den Abbruch gibt.
  3. Nein, Juncker folgt nur Deutschland. Nachdem seine eigene Flüchtlingspolitik gescheitert ist, ist Merkel seine letzte Hoffnung – einen eigenen Kurs hat er  nicht.
  4. Nein, Juncker folgt nur den USA. Die liegen zwar im Clinch mit Erdogan, wollen aber nicht auf ihren Nato-Partner verzichten – selbst, wenn der Sultan eine Diktatur errichtet.
  5. Ja, Juncker hat eine außenpolitische Vision: Er will die Türkei und Russland an die EU binden. Er sieht weiter als Erdogan und möchte die EU zu einem globalen Player machen.

Meiner Meinung nach treffen es 3 und 5 am besten. Juncker ist abhängig von der deutschen Türkei-Politik, würde aber gern den global Leader spielen. Doch niemand nimmt ihn ernst…