“Hartz-IV-Berichte sind falsch”
Nach der Empörungswelle in Deutschland schlägt nun die EU-Kommission zurück: Die Berichterstattung über “Sozialtourismus” und angebliche Hartz-IV-Ansprüche sei “inadequat” und voller “Missverständnisse”.
Dies sagte EU-Sozialkommissar Andor heute in Brüssel. Die Kommission fordere keineswegs, dass alle Migranten aus Bulgarien und Rumänien automatisch Anspruch auf Sozialhilfe haben, sagte er.
Vor einer Ablehnung von Ansprüchen müsse aber wenigstens eine Einschätzung vorgelegt werden. Es gehe nicht an, Hilfsanträge allein wegen der Nationalität abzulehnen.
Die “Süddeutsche” hatte es anders dargestellt und damit eine Welle der Empörung ausgelöst. – Mehr zum Thema hier
Zunächst einmal der Link zu dem diskutierten Dokument für diejenigen, die sich ernsthaft mit der Materie beschäftigen möchten, da ich diesen – leider nicht überraschend – in keiner der “üblichen Verdächtigen” der Nachrichtenseiten gefunden habe (Fast schon ironischerweise zur Zeit nur auf Englisch abrufbar):
http://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=4944&langId=en
Ein entscheidendes Detail, dass in der öffentlichen Diskussion leider außer Acht gelassen wird, betrifft die juristische Frage, der sich bisher weder der EuGH noch das BSG gestellt haben, ob es sich bei ALGII-Leistungen nach dt. Recht um “Sozialhilfe” im Sinne der UnionsbürgerRL handelt, oder letztlich doch um Leistungen “auch” zur Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt, also Leistungen, die nicht dem Vorbehalt der VO 883/04 oder UnionsbürgerRL unterliegen.
Was sich nach einer technischen Petitesse anhört, hat jedoch erhebliche Auswirkungen auf evtl. Ansprüche von Unionsbürgern. Falls es sich um letzteres handeln sollte, dann hätten EU-Bürger, deren Aufenthalt sich nicht nur “zum Zwecke der Arbeitssuche” ergibt, dann doch einen evtl. Anspruch auf ALGII-Leistungen.
Nichts anderes hat die EU-Kommission in der Stellungnahme vor dem EuGH zum Ausdruck gebracht. Es soll “lediglich” vom Ermessen nach der aktuellen Rechtslage Gebrauch gemacht werden – und eben nicht pauschal aufgrund der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft abgelehnt werden.
Man kann diese Frage sicherlich kontrovers diskutieren. Aber es ändert nichts daran, dass neben den politischen Gesinnungstätern hier insbesondere die Presseorgane erheblich versagen. Dergestalt, dass – zugegebenermaßen – komplexe Sachverhalte auf völlig falsche unzulässige Vereinfachungen reduziert werden.