Habeck und die Staatsräson
Die deutsche Staatsräson sei keine leere Phrase, sagt Vizekanzler Habeck. Er fühle sich Israels Sicherheit ohne Wenn und Aber verpflichtet. Das ist verwegen – und gefährlich.
Was heisst Staatsräson? Gemeinhin unterscheidet man zwei Bedeutungen.
Die erste meint den Staatszweck, seine Raison d’être. Die Bundesrepublik wurde jedoch nicht gegründet, um Israel zu schützen. In diesem Sinne passt die Staatsräson hier nicht.
Die zweite Bedeutung bezeichnet übergeordnete staatliche Interessen, die zur Not auch gegen Widerstand durchgesetzt werden. Diese obrigkeitsstaatliche Staatsräson passt auch nicht.
Habeck beharrt dennoch auf dem von Merkel en passant eingeführten Begriff, der nirgendwo verankert ist. Israels Sicherheit sei nicht verhandelbar, sagt er.
Dabei hat er darauf keinen Einfluss, auch nicht als Vizekanzler. Beim Angriff der Hamas wurde diese abgehobene Staatsräson bereits massiv verletzt.
Will Habeck nun in den Nahost-Krieg eingreifen, um die deutsche Staatsräson durchzusetzen? Das wäre nicht nur verwegen, sondern auch gefährlich.
Denn damit könnte Deutschland in den Krieg gezogen werden. Auch als “Schutzmacht” für Gaza, wie es offenbar diskutiert wird, wäre Deutschland in Gefahr.
Oder will Habeck die Juden in Deutschland schützen? Dann bin ich ganz bei ihm.
Allerdings müsste er die Staatsräson dann anders und enger definieren – ohne den Bezug auf Israel. Und er müßte auch mehr tun, um sie durchzusetzen.
Hoffentlich nicht mit obrigkeitsstaatlichen Mitteln…
Siehe auch “Die Grenzen der Staatsräson”
MarMo
15. November 2023 @ 22:32
Auf diese widerwärtige Dummbatz-Rede von Habeck hat Thomas Fischer eine Replik in seiner Spiegel-Kolumne vom 06.11.2023 geschrieben. Es ist ein Vergnügen, sie zu lesen https://freier-denken.ch/wp-content/uploads/fischer_zu_habeck.pdf
KK
16. November 2023 @ 01:34
Danke für den Link; bei SPON ist es leider ein mit Kosten verbundenes Vergnügen, die Gedanken von Fischer zu lesen – und dass ich diese zur transatlantischen Propaganda-Postille verkommene einstige journalistische Institution mal finanziell unterstützt hätte, das ist schon länger her.
Michael
6. November 2023 @ 17:21
M. E. entbehrt Merkels en passant Behauptung Israel sei Teil deutscher Staatsräson jeglicher demokratischen, parlamentarischen Legitimation. Als Gesinnungsethiker und Gesinnungstäter versteht Habeck ganz offenkundig nichts von Verantwortungsethik. Und dass der deutsche Staat alle Bürger schützt – und nicht nur aber auch Juden – sollte doch wohl selbstverständlich sein, vollkommen unabhängig davon was Habeck meint oder auch nicht meint!
KK
16. November 2023 @ 01:37
Zur Merkel-Behauptung “Staatsräson” hier einige Gedanken eines anderen hohen deutschen Richters im Ruhestand:
https://www.nachdenkseiten.de/?p=106411
https://globalbridge.ch/gaza-voelkerrecht-und-staatsraison-deutschland-steht-tief-im-abseits/
Arthur Dent
4. November 2023 @ 14:55
@Robert Fitzthum
Beim Angriff der Hamas am 07.10. haben wir es mit Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB) sowie Taten nach §§ 6 – 13 des Völkerstrafgesetzbuchs zu tun. Dass die begangenen Taten die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, kann nicht ernsthaft in Zweifel stehen.
Wenn von so manchen Leuten ein Recht der Täter reklamiert wird, diese Taten zu bgehen, liegt das im Bereich politischer Propaganda. Israel darf sich auch mit massiven Militäroperationen in Gaza dagen verteidigen,
bis die Bedrohung verlässlich ausgeräumt ist. Dass die Guerilla-Kämpfer der Hamas nicht von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden ist, ist nicht die Schuld der Israelis. Dass sich die Hamas hinter Zivilisten verschanzt, ist ein Kriegsverbrechen. Im Übrigen warnen die Israelis die Zivilbevölkerung durchaus vor (roof-knocking) oder forden die Menschen auf, den Ort der Kampfhandlungen zu verlassen. Es ist vielmehr die Hamas, die fortwährend das humanitäre Völkerrecht ignoriert.
Unter dem Motto: “DAS KALIFAT IST DIE LÖSUNG” haben gestern in meiner Heimatstadt mehr als 3000 Demonstranten an einer Pro-Paästina-Demo teilgenommen. Stellt sich die Frage noch, wer hier wen integriert? Ist Deutschland auf dem direkten Weg in den Gottesstaat? Ist dass das Ergebnis der Heilen-Welt des Alles-Verstehens, des Alles-Entschuldigens? Es hat sich in den letzten Jahrzehnten herausgestellt, dass mit zunehmender Dauer der Einwanderung Religionsaspekte mehr und mehr in den öffentlichen Raum getreten sind. Allein schon der Versuch zu derartigen Ansätzen gilt es politisch mit aller Macht zu bekämpfen.
KK
5. November 2023 @ 00:58
„Wenn von so manchen Leuten ein Recht der Täter reklamiert wird, diese Taten zu bgehen, liegt das im Bereich politischer Propaganda.“
Es wird nur regelmässig unterstellt, dass Verständnis, dass die seit Jahrzehnten andauernde Unterdrückung der Palästinenser in Gaza, aber auch in der Westbank, und die fortgesetzte Verweigerung Israels, die inzwischen Dutzende UN-Resolutionen zur Zweistaatlichkeit umzusetzen, zu solchen Verzweilungsaktionen um Aufmerksamkeit führen kann, mit einer Rechtfertigung dieser Taten einhergeht.
Das tun sie nämlich in den allermeissten Fällen hierzulande nicht, gleichwohl wird idR sofort der Vorwurf erhoben, die Taten würden durch Würdigung der Lebensumstände der Palästinenser gerechtfertigt. Sogar UN-GS Guterres wird deshalb von Israel, den USA und einigen anderen sofort angegangen.
Und diese Unterstellung ist eine min destens ebensolche und mE sogar noch perfidere politische Propaganda, um von den Kriegsverbrechen Israels abzulenken bzw. diese sogar zu rechtfertigen.
Robert Fitzthum
4. November 2023 @ 09:32
Es ist unerträglich, wie täglich neue Verbrechen des israelischen Militärs bekannt werden – heute die Bombardierung eines Krankenwagens – und die westlichen Freunde ignorieren es. Kriegsverbrechen werden nur verfolgt, wenn die USA und die EU zustimmen, also bei globalpolitisch gebotenen Propagandaaktionen.
Eine langfristige Lösung der Nahostfrage ist nur mit der Schaffung 2er international anerkannter gleichberechtigter Staaten möglich. Bei der derzeitigen rechtsradikalen Regierung in Israel ist das nur bei einer empfindlichen militärischen Schwächung Israels möglich. Das ist die Realität.
Das Schlimme für Europa ist, dass es sich gar nicht bewusst ist, dass es sich durch die Unterstützung für Israel weltweit isoliert und jede Glaubwürdigkeit verloren hat.Europa lebt in einer Blase – sage ich, in einem Drittstaat lebend —, wo eine freie Diskussion über diese politischen Themen möglich ist.
Arthur Dent
3. November 2023 @ 13:08
@Thomas Damrau
“Verbrennen von Fahnen” – nee, soviel Meinungsfreiheit ist nicht in Deutschland. Das Zerstören oder das Verunglimpfen der deutschen Fahne, üder EU-Fahne sowie ausländischer Fahnen steht in Deutschland unter Strafe, kann sogar mit Freiheitsstrafen geahndet werden.
KK
3. November 2023 @ 15:09
Das sind Flaggen, die da verbrannt werden.
Und das Verbrennen von Flaggen auch ausländischer Staaten ist gem. § 104 Abs. 1 Satz 2 StGB strafbar. Das der deutschen nach § 90a StGB.
Also weder noch eine freie Meinungsäusserung nach dem Willen unseres Gesetzgebers.
Thomas Damrau
3. November 2023 @ 15:41
@Arthur Dent
Richtig. Der entsprechende Paragraph wurde 2020 eingeführt – und ist nach meinem Verfassungsempfinden eine Einschränkung der Meinungsfreiheit: Es muss möglich sein, seine Ablehnung gegenüber dem Verhalten einer ausländischen Regierung auf diese Weise zu erklären.
Mit dieser Meinung bin ich nicht allein.
Demnächst ersteht auch der Straftatbestand der Majestäts-Beleidigung von den Toten auf.
KK
3. November 2023 @ 16:58
„Demnächst ersteht auch der Straftatbestand der Majestäts-Beleidigung von den Toten auf.“
BMI Faeser ist ja gerade dabei, „Majestätsbeleidigungen“ und anderes völlig ausserhalb jeder Rechtsstaatlichkeit via Diskreditierung durch den Verfassungsschutz bestrafen lassen zu wollen, siehe https://www.nachdenkseiten.de/?p=105985
Thomas Damrau
3. November 2023 @ 11:00
Ich habe mir gerade die viel-gespriesene staatsmännische Rede von Habeck (https://youtu.be/ZBtAtsdco-8) – in Ruhe – angehört. Sie hält sich an die Anweisung der klassischen Rhetorik, wie man andere überzeugen soll: Bringe erst viele Aussagen, denen kaum jemand widersprechen kann, und bringe dann die Punkte, die kontrovers sind.
Und genau so macht es Habeck. Erst kommt vieles, dem man nicht widersprechen kann:
– Jüdische Bürger in Deutschland müssen geschützt werden.
– Das Existenzrecht Israels kann nicht in Frage gestellt werden.
– Der Überfall der Hamas war ein brutaler Gewaltakt.
– Aufruf zu Gewalt und Befürwortung von Gewalt ist nicht akzeptabel.
– ….
Und wenn das Publikum sich an das beifällig Nicken gewöhnt hat, kommen dann die eher strittigen Thesen:
– Verbrennen von israelischen Fahnen ist nicht zulässig: Das Verbrennen von Fahnen finde ich auch nicht gut, ist aber aus meiner Sicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Aber möglicherweise steckt genau hinter dieser Frage die deutsche Staatsräson.
– Der Iran steckt hinter dem Hamas-Angriff: Kann sein, ist aber nicht bewiesen.
Im letzten Teil wird dann noch die gewagteste These eingebaut: „Der Anschlag der Hamas hat die Chancen auf eine Zwei-Staaten-Lösung massiv reduziert.“ Hier beginnt die versteckte moralische Selbstentlastung: Die Wahrscheinlichkeit einer Zwei-Staaten-Lösung war vor dem Hamas-Anschlag bei 0,0% – konnte also nicht reduziert werden.
(Man könnte sogar zynisch fragen, ob der Anschlag die Palästina-Frage nicht wieder aus der Versenkung geholt hat und damit die Wahrscheinlichkeit einer Lösung erhöht hat. Das ist leider eine fatale Folge der Aufmerksamkeits-Ökonomie: Terror erweckt Aufmerksamkeit und wird oft auch genau deshalb praktiziert.)
In jedem Fall versucht Habeck mit dieser These, von der Verantwortung des Westens für das Desaster abzulenken: Der westliche Ansatz ist es seit mindestens zehn Jahren, die Palästinenser-Frage zu ignorieren, den immer rechter werdenden israelischen Regierungen freie Hand zu lassen und stattdessen auf eine Aussöhnung Israels mit der arabischen Welt zu setzen (deren Preis auf arabischer Seite ein Fallen-Lassen der Palästinenser ist).
Daher kann Habeck jetzt nicht so tun, als ob ohne den Anschlag der Hamas die Lösung der Palästinenser-Frage kurz vor der Tür gestanden hätte.
KK
3. November 2023 @ 13:01
“Der Iran steckt hinter dem Hamas-Angriff”
Wer auch immer hinter dem Angriff steckt – Fakt ist, dass sie der arg von der Strasse aus angegangenen israelischen rechtsextremistischen Regierung perfekt den Arsch rettet. Und ganz abgesehen davon, ob nicht genau das abzusehen war und den Interessen der Hamas ja eigentlich zuwiderlaufen sollte, stellt sich die Frage, ob die israelischen Sicherheitsdienste nicht doch Hinweise auf eine mögliche Hamas-Aktion hatten, die Regierung diese aber – freilich nicht einen derartig grausamen und viele Opfer fordernden erwartend – aus Kalkül habe geschehen lassen könnten. Ein Anschlag in bisher bekanntem Ausmass könnte als “Kollateralschaden” durchaus eingepreist gewesen sein, es wurde ja auch schon im Vorfeld von israelischer seite immer wieder provoziert. Der vom 07.10. ging freilich weit darüber hinaus, was erwartet werden konnte.
Ich muss gestehen, dass ich Netanjahu inzwischen wirklich alles zutraue, damit er aus seiner persönlichen Strafrechtsnummer rauskommt – und da kommt er eben nur raus, wenn er seine Justizreform auf Biegen und Brechen durchboxt. Was wiederum nur mit den radikalen und radikalsten Kräften in der Regierung geht. Jetzt hat er erreicht, was er wollte: Das Land steht zusammen, die Justizreform wird wohl demnächst ohne weitere Proteste durchgewunken werden. Und nebenbei bekommt Israel noch eine ethnische Säuberung und damit weiteren Siedlungsraum in Gaza und wohl am Ende auch der Westbank.
Robert Fitzthum
3. November 2023 @ 09:31
Die ‚Staatsraison’ ist eine der Mißgeburten der Zeitenwende.
Deutschland lernt es nicht. Zuerst kämpften die Nazis gegen Russland, jetzt kämpfen die Wertegirls und -boys gegen Russland. Zuerst schlachteten sie 6 Mio. Juden ab, jetzt unterstützen sie das jüdische Israel die PalästinenserInnen abzuschlachten.
Kann das kapitalistische Deutschland nie auf der richtigen Seite der Geschichte stehen?
Armin Christ
3. November 2023 @ 08:46
Habeck, Barbock, Hofreiter, Strack-Zimmermann, M. Roth, Pisstorius ….., ob in der Ukraine oder in Nahost sie stehen fest ohne wenn und aber an der Seite der schlimmsten Nationalisten.
Zu Hause wird das ganze flankiert durch immer mehr authoritäre Maßnahmen.
Arthur Dent
2. November 2023 @ 23:31
“Der Angriff der Hamas ist ein bewaffneter Angriff, der das Selbstverteidigungsrecht Israels nach Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta) auslöst. Dieses Recht gilt auch bei Angriffen von nichtstaatlichen Organisationen – das ist Konsens in der Folge des 11. September 2001. Israel darf sich gegen den Angriff verteidigen – auch mit massiven Militäroperationen in Gaza.
Israel darf so lange das Selbstverteidigungsrecht anwenden, bis die Bedrohung verlässlich ausgeräumt ist. Das wäre der Fall, wenn das Aggressionspotenzial der Hamas völlig neutralisiert wird oder die Hamas zuverlässig zu erkennen gäbe, dass sie von solchen Angriffen dauerhaft Abstand nehmen wird.” – so weit der Völkerrechtler Matthias Herdegen auf Legal Tribune online
KK
3. November 2023 @ 00:18
Zwei Juristen, drei Meinungen. Ist im Völkerrecht sicher nicht anders.
Vielleicht mal Baerbock fragen, die ist immer für eine Mindermeinung gut, die anderen nicht in den Sinn käme.
Monika
3. November 2023 @ 10:31
Wie sieht die Sache denn bei Bürgerkrieg aus? Als Besatzungsmacht der Westbank und Gazas ist Israel durchaus verantwortlich für die Bewohner Gazas. Es sind keine fremden Mächte am Werk, auch keine „nichtstaatliche Organisation“, es handelt sich um den verzweifelten Aufstand der jahrzehntelang in den Gazastreifen eingesperrt und abgeriegelten Bürger palästinensischer Abkunft. Die Hamas wurde ja von vergangenen israelischen Regierungen ins Leben gerufen und unterstützt! Man hat sie fallen lassen, und den Gazastreifen als Freiluftgefängnis ausgebaut, als Israel mit den Osloer Abkommen Butter bei die Fische liefern sollte.
Israel geht genozidal gegen seine eigenen Schutzbefohlenen vor.
Monika
3. November 2023 @ 10:34
vielleicht doch noch der Nachsatz: Dass der verzweifelte Aufstand der palästinensischen Bevölkerung durchaus einem schrecklichen Terrorakt glich, der mit meinen Ausführungen nicht entschuldigt werden soll.
Kleopatra
3. November 2023 @ 18:58
@Monika: Seit 2005 ist Israel nicht mehr Besatzungsmacht des Gazastreifens, dort ist de jure die Palästinensische Verwaltung zuständig, de facto aber übt die Hamas die Staatsgewalt aus. Insofern liegt sehr wohl ein ähnlicher Zustand wie bei einem Angriffskrieg (der Hamas gegen Israel) vor.
KK
4. November 2023 @ 01:25
@ Kleopatra: „Seit 2005 ist Israel nicht mehr Besatzungsmacht des Gazastreifens…“
Und wieder einmal ist der Wunsch bei Ihnen die Mutter des Gedankens: Dadurch, dass Israel den Gaza-Streifen komplett umzäunt und jeden Zugang und jede Lieferung auch über die Meerseite kontrolliert, gilt Gaza völkerrechtlich von Israel als besetzt.
Und völkerrechtlich – ob Ihnen das jetzt gefällt oder nicht – hat die palästinensische Bevölkerung durchaus das Recht, sich – auch mit Gewalt – dagegen zur Wehr zu setzen.
Allerdings nicht, wie am 07. Oktober geschehen, durch ein Massaker an israelischen Zivilisten. Das gilt umgekehrt aber auch für das rachsüchtige Israel, dessen Militär seit Wochen jeden Tag ein völlig unverhältnismässiges Massaker an der palästinensischen Zivilbevölkerung verübt.
Kleopatra
4. November 2023 @ 07:59
@KK: Nennen Sie mindestens eine Stelle der einschlägigen Fachliteratur, die Ihre Behauptung stützt. Andernfalls müssten Sie auch San Marino und den Vatikan als von Italien besetzt ansehen, da jeder Zugang zu ihnen von Italien kontrolliert wird.
Es ist natürlich bedauerlich, dass die verbrecherische Hamas nicht ohne zivile Kollateralschäden zerschlagen werden kann. Ihre Zerschlagung ist aber trotzdem unbedingt notwendig.
KK
4. November 2023 @ 14:04
@ Kleopatra:
Weder San Marino noch Vatikanstadt sind meines Wissens vollständg eingezäunt und sämtlicher Personen- und Warenverkehr einschliesslich Trinkwasser von Italien absolut abhängig. Ihre Beispiele hinken bis zur Lächerlichkeit.
Aufschluß hinsichtlich Gaza könnte Ihnen leicht der wissenschaftliche Dienst des Bundestages geben (https://www.bundestag.de/resource/blob/853618/b2f73bc3f4cb16e4ae72903ccc6e71d4/WD-2-043-21-pdf-data.pdf, Seite 6ff), wonach dies zumindest „umstritten“ sei: Während die „internationalen Gremien“ Gaza weitgehend als „besetzt“ im Sinne der Haager Landfriedensordnung sehen, soll die „völkerrechtliche Literatur“ sich „zurückhaltender zeigen“.
M.E. stellen die „internationalen Gremien“ – also vorrangig jene der UN – allerdings hier das Mass der Dinge dar. Und „Zurückhaltung“ (immer mit Blick auf die in dieser Frage immerhin einer „Staatsräson“ unterworfenen Quelle) deutet auf keine klar vorherrschende gegenteilige Meinung in der Literatur hin.
Helmut Höft
2. November 2023 @ 20:32
Staatsräson (en passant eingeführt *glucks*), Merkel, Habeck, Schlz (Vokal beliebig), ComMerz, Dobrindt, Scheuer … es ist halt die Politniki wie sie leibt und lebt. Das Personal “vomVölkerrecht” und “der Schweinebauer” https://www.youtube.com/watch?v=nOMW8Kn4OLw , Herr Dürr (& Kollegen) ein “schönes Vorbild” (Beispiele hier https://lostineu.eu/neues-vom-wirtschaftskrieg-215-uniper-meldet-milliarden-gewinn/, 1. November 2023 @ 10:14)
“Der Habeck”! Der ist so schön authentisch, der redet nicht um den heißen Brei herum, der spricht so klar … in völliger Überforderung!
tbc
Thomas Damrau
2. November 2023 @ 16:40
Auch hier erkenne ich eine Parallele zum Ukraine-Krieg:
– Vor dem Überfall Russland waren einige (viele?) äußerst skeptisch, ob die hypernationalistische und korrupte Oligarchen-Regierung wirklich zur westlichen Wertegemeinschaft passt.
– Vor dem Überfall der Hamas waren viele entsetzt, wie Netanjahu den Staat in seinem Interesse umgestaltete, extreme Rechte in die Regierung holte und ganz offensichtlich plante, die Palästinenser systematisch zu enteignen.
Und dann betraten (Gott-sei-Dank) zwei Oberschurken die Bühne (Putin/Hamas) und haben mit ihrer Gewalttätigkeit alle Zweifel weggewischt:
– Jetzt wird die Demokratie am Dnjepr verteidigt, jetzt darf die Hegemonial-Strategie der USA nicht mehr in Zweifel gezogen werden.
– Jetzt wird die Unterstützung Netanjahus zur Staatsräson.
KK
2. November 2023 @ 14:02
„Oder will Habeck die Juden in Deutschland schützen? Dann bin ich ganz bei ihm.“
Das ist doch das Ur-Problem in Deutschland: Dass Juden und Israel gleichgesetzt werden.
Das sieht man schon daran, dass hierzulande auch die berechtigste Israelkritik immer gleich als Antisemitismus verunglimpft wird. Da wird man aus Gründen der „Staatsräson“ (die eigentlich nur eine blinde Sturheit ist) lieber zum Helfer beim nächsten Völkermord, als aus den Verbrechen des eigenen Volkes die Konsequenz zu ziehen, dass niemand, auch die Opfer von damals nicht, heute einen Freibrief für Völkerrechts-Verbrechen hat.
Thomas Damrau
2. November 2023 @ 17:33
Auch hier erkenne ich eine Parallele zum Ukraine-Krieg:
– Vor dem Überfall Russland waren einige (viele?) äußerst skeptisch, ob die hypernationalistische und korrupte Oligarchen-Regierung wirklich zur westlichen Wertegemeinschaft passt.
– Vor dem Überfall der Hamas waren viele entsetzt, wie Netanjahu den Staat in seinem Interesse umgestaltete, extreme Rechte in die Regierung holte und ganz offensichtlich plante, die Palästinenser systematisch zu enteignen.
Und dann betraten (Gott-sei-Dank) zwei Oberschurken die Bühne (Putin/Hamas) und haben mit ihrer Gewalttätigkeit alle Zweifel weggewischt:
– Jetzt wird die Demokratie am Dnjepr verteidigt, jetzt darf die Hegemonial-Strategie der USA nicht mehr in Zweifel gezogen werden.
– Jetzt wird die Unterstützung Netanjahus zur Staatsräson.
Thomas Damrau
2. November 2023 @ 17:36
@KK (und @Ebo)
„Die Juden in Deutschland schützen“ hat nichts mit Staatsräson zu tun: Der Schutz eines jeden Bürgers – unabhängig von dessen Herkunft, Religion, Weltanschauung, Geschlecht/Gender und sexueller Orientierung – ist die Grundvoraussetzung eines jeden Rechtsstaats. Punkt.
Das muss nicht gesondert zur Staatsräson hoch-ge-jazzed werden.
KK
2. November 2023 @ 19:25
Nun, gegen in Deutschland lebende Juden hat Deutschland mE aufgrund der Geschichte schon eine besondere Garantenstellung – was aber natürlich nicht davon entbindet, auch alle anderen hier lebende Menschen zu schützen.
Das GG macht da keinen Unterschied, die moralische Verantwortung gegenüber der Geschichte sehr wohl.
Thomas Damrau
2. November 2023 @ 20:10
@KK
Und was bedeutet das praktisch? Klingelt das Telefon bei der Polizei …
– “Da steht ein Mob vor der Synagoge” -> “Wir schicken eine Einsatztruppe hin.”
– “Da steht ein Mob vor der Moschee” -> “Wenn wir Zeit haben, kümmern wir uns drum.”
– “Da steht ein Mob vor dem Flüchtlingsheim.” -> “Hmm, schadet nix, wenn Migrationswillige ein wenig abgeschreckt werden.”
– “Da wird eine russische Kneipe demoliert.” -> “Geschieht ihnen recht.”
– “Da steht ein Mob vor der Schwulenbar.” -> “Jo, …”
Es gibt keine Opfer erster und zweiter Klasse.
KK
3. November 2023 @ 00:27
@ Thomas Damrau:
„Und was bedeutet das praktisch? Klingelt das Telefon bei der Polizei …“
Dann sollte diese unterschiedslos tätig werden. Aber bei Synagogen stellt die Polizei in solchen Zeiten auch schonmal ohne einen solchen Anruf eine Streife vor die Tür oder fährt öfter vorbei – was ich bei einer der konkret bedrohten Moscheen wie aktuell zB in Duisburg dann allerdings auch erwarte.
Dass bezüglich jüdischen Mitbürgern eine erhöhte Wachsamkeit/Sensibilität auch ohne konkreten Anlass angebracht sein kann, ohne deswegen konkrete andere Anlässe zu vernachlässigen, halte ich aber für gerechtfertigt.
Thomas Damrau
3. November 2023 @ 08:58
@KK
Die häufigeren Streifengänge werden ja nicht aus Staatsräson angeordnet, sondern weil eine erhöhte Gefährdungslage vorliegt.
Und es ist zweifelsohne eine bedenkliche Situation, dass MitbürgerInnen mit jüdischen Wurzeln sich in unserem Land in einer erhöhten Gefährdungslage befinden.
european
2. November 2023 @ 13:46
Ach ja, der Habeck. Dieses Elend mag ich mir auch nicht mehr antun. Man hat ja immer Angst, dass es noch peinlicher wird.
Wir sollten vielmehr ueber Verhaeltnismaessigkeit in diesem Krieg sprechen und dazu gibt es bei der UN einen Monitor, der genau das widerspiegelt.
Data on casualties: https://www.ochaopt.org/data/casualties
Dort werden zur Stunde 6.540 getoetete Palestinenser verzeichnet, davon 4421 Maenner, 1197 Jungen, 627 Frauen und 275 Maedchen.
Verletzt wurden 155.694 Palestinenser, davon 84809 Maenner, 30.014 Jungen, 8974 Frauen, die Zahl der Maedchen ist unbekannt, ebenso wie es fuer weitere 29214 keine Angaben bisher gibt.
Fuer die israelische Seite verzeichen die UN 309 Getoetete, 248 Maenner, 36 Frauen, 19 Jungen und 6 Maedchen. Verletzt wurden bisher 6.331, davon 81% Maenner, 8% Jungen, fuer weitere 8% gibt es keine Angaben und Maedchen waren bisher davon nicht betroffen.
Wenn man das biblische Auge um Auge woertlich nimmt, dann ist der Gleichstand laengst ueberschritten und man sollte sich fragen, ab wann das Ganze von einem Krieg in einen Genozid uebergeht. Die Menschen im Gazastreifen haben keine Moeglichkeit zu fliehen, die Nachbarstaaten nehmen sie nicht auf und verstecken koennen sie sich auch nicht. Es ist also nicht mal ein Krieg mit gleichen oder aehnlichen Machtverhaeltnissen und hat mE das „Recht auf Selbstverteidigung“ laengst hinter sich gelassen, zumal man noch herausfinden muss, wieviele Hamas-Angehoerige sich denn unter den Toten und Verletzten befinden. Es ist ja vielmehr ein blindes Umsichschiessen. Die Kinder kann man auch sicher schon mal getrost herausrechnen.
KK
2. November 2023 @ 17:02
Aktuell werden die Opferzahlen aus Gaza von der tagesschau an ganz prominenter Stelle (erster Beitrag auf tagesschau.de) angezweifelt.
Helmut Höft
2. November 2023 @ 20:42
@european
Ich möchte Deine Worte so verstehen: Es gibt keine Kriegsverbrechen! Der Krieg ist das Verbrechen!! Jeder “Body Count” ist also ein Verbrechen! SCNR
european
3. November 2023 @ 07:39
@Helmut Höft
So ist es. Es gibt keine guten oder gerechten Kriege.
Stef
2. November 2023 @ 13:38
Meine Fragen sind:
Geht die Staatsraison denn inzwischen so weit, dass damit auch die semifaschistische rechtsradikale Regierung Netanjahu gedeckt wird, die zweifellos mit ihrer Politik der letzten Jahre so ziemlich das Gegenteil von Deeskalation praktiziert hat? Geht sie soweit, dass Vertreibungen der palästinenischen Bewohner des Gaza-Streifens legitimiert wird? Oder tritt die Staatsraison erst in den Hintergrund, wenn ein Genozid gerichtsfest erwiesen ist?
Die Verzweiflung unserer Spitzenpolitiker ist mit den Händen zu greifen, wenn sie auf solche Bullshit-Prolen zurückgreifen müssen. Dass man Habeck noch den Nimbus eines Intellektuellen durchgehen lässt, ist ein Armutszeugnis.
Monika
3. November 2023 @ 10:59
Liebe Stef, wir „sind live dabei“ wie weit dieser Irrsinn getrieben wirbt. Eine fanatisch-gläubige, ultranationale israelische Regierung nutzt den „Vorschuss“ und das Versprechen des Beistands -Folge eines bis dato beispiellosen Versuchs der Auslöschung der jüdischen „Rasse“- um selbst nun ganz offen und unwidersprochen ein anderes „Volk“ zum eigenen Vorteil auszulöschen.
Es wurde schon mehrfach gesagt: Statt an einem Beistandsversprechen festzuhalten, das letztlich mit großer Wahrscheinlichkeit auch Israel und viele Staaten mehr als „Kollateralschaden“ mitauslöscht, müsste dieser durchgeknallten israelischen Regierungsriege nicht nur zu ihrem eigenen Schutz „in den Arm gefallen“ werden. Nicht militärisch, nur durch klare Benennung des stattfindenden Unrechts und ausschließlich durch Unterstützung diplomatischer Lösungswege. Da stehen Millionen Menschenleben weltweit gegen ein letzlich unhaltbares, in seinen Folgen unglaublich grausames Versprechen.
Godfried van Ommering
2. November 2023 @ 13:02
„Der Tod und das Leid, das über die Menschen im Gazastreifen komme, sei schlimm. Aber „systematische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden kann damit dennoch nicht legitimiert werden““.So die Tagesschau, Habecks Worte resümierend und zitierend. Herr Habeck, wenn es um Rassismus geht, um Völkerrecht und Menschenrechte, muß in allen Fällen den Umkehrschluß Ihrer Feststellung gelten, nicht wahr? Sonst wären Sie der Anti-Semit, nämlich jener der den arabischen Semiten die Menschlichkeit abspricht. Die Staatsräson wie sie von der Bundesregierung gehandhabt wird ist ein Zauberformel, offenkundige Kriegsverbrechen durch Israel begangen zu vertuschen, und die Opfer und Zerstörungen als von Hamas gewollt darzustellen. Für Leute ohne Staatsräson aber mit Vernunft, und im Stande sie zum freien Denken an zu wenden, ist es klar daß Gewalt immer zurückschlägt auf den Täter, in diesem Fall auf Israel und auf Hamas beide, und daß es dem Staat Israel sehr abträglich ist, ein Genozid zu begehen, u.a. auch weil er damit den total verwerflichen, hier und dort leider noch immer, offen oder latent anwesenden Antisemitismus in schwachen Köpfen stärken könnte. Aber dies alles ist an taube Ohren gesprochen….