Alle wollen Schulden, Merkel und Macron wollen Sanktionen – und Querdenker im Europaviertel

Die Watchlist EUropa vom 31. Mai 2021 –

Fast ein Jahr nach dem “historischen” EU-Gipfel im Juli 2020 haben die EU-Staaten grünes Licht für die Aufnahme von Schulden in großem Stil gegeben. Alle 27 Regierungen stimmten dem sogenannten Eigenmittelbeschluß zu. Er erlaubt es der EU-Kommisison, einen Teil der nationalen EU-Beiträge (“Eigenmittel”) als Sicherheit für die Schuldenaufnahme zu nutzen.

Bereits in dieser Woche will die Brüsseler Behörde die letzten Weichen stellen. Wann die ersten Anleihen für das “Next Generation EU” genannte Corona-Programm auflegt werden, ließ sie offen, um den günstigsten Moment auf den Märkten abzupassen.

Das meiste Geld aus dem 750 Mrd. Euro schweren Programm – nämlich 672,5 Mrd Euro – wird über den Aufbaufonds RRF ausgeschüttet, teils als Zuschüsse, teils als Kredit.

Um Finanzhilfen aus dem RRF zu bekommen, mussten die EU-Staaten detaillierte Aufbaupläne vorlegen. Eine Bedingung ist, dass mindestens 37 Prozent der Mittel in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen und 20 Prozent in die Digitalisierung.

Brüssel entscheidet erst Ende Juni

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Deutschland reichte einen alten Plan ein, der ohnehin schon in der Schublade lag. Nach Kritik aus Brüssel wurde er ein wenig nachgebessert. Die meisten anderen Staaten folgten dem deutschen “Beispiel”.

Erst Ende Juni will die Kommission mittteilen, ob sie die Reformpläne billigt – oder Einwände hat und Finanzmittel zurückhält. Anschließend muss der Ministerrat der EU-Staaten die Dokumente absegnen.

Erst dann kann die Kommission mit Abschlagszahlungen beginnen, voraussichtlich ab Juli. Das komplizierte und bürokratische Prozedere geht auf Kanzlerin Merkel zurück, die die EU-Hilfe an Reformen gebunden hat.

Die Finanzhilfen kommen zu spät

Schon jetzt ist klar, dass sich Anleger um die EU-Anleihen reißen – und dass die Auszahlung der aus den Schulden generierten EU-Hilfen zu spät kommt.

Die USA und China sind längst im Nach-Corona-Aufschwung. Die EU-Staaten hingegen sind immer noch gezwungen, ihre Unternehmen mit massiven Staatsbeihilfen gegen die Folgen der Lockdowns zu stützen.

Frankreich fordert sogar schon, das Hilfsprogramm aufzustocken und noch mehr Schulden zu machen…

Siehe auch “Die überforderte Kommission”

Watchlist

Was hecken Merkel und Frankreichs Staatschef Macron als Nächstes aus? Dies dürfte der deutsch-französische Ministerrat am Montag zeigen. Bei dem virtuellen Treffen wollen Merkel und Macron unter anderem über das europäische Sanktionspaket gegen Belarus sprechen. Weitere Themen des sind die industrielle Zusammenarbeit bei der Rüstung, das Vorgehen in der Covid-19-Krise und die “Next Generation EU” – Macron will den Schuldenplan aufstocken (siehe oben).

Was fehlt

Der Marsch der Corona-Leugner auf das Brüsseler Europaviertel. Am Samstag zogen einige hundert Querdenker und Rechtsradikale aus Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und Deutschland durch die EU-Kapitale. Im Europaviertel hatte die Polizei alles abgeriegelt. Es gab kleinere Handgemenge und Böllerwürfe, aber das befürchtete Chaos blieb aus. Die EU-Politiker wurden nicht behelligt… – Mehr hier