Große Angst vor Mini-Bots
Was passiert, wenn Italien seine Schulden nicht mehr zahlen kann? Eine mögliche Lösung wären neuartige staatliche Schuldscheine, so genannte Mini-Bots. Doch diese Idee stößt auf Widerstand. Nun hat sich sogar EZB-Chef Mario Draghi eingeschaltet.
Die Mini-Bots seien abzulehnen, erklärte Draghi. Denn sie seien entweder gleichbedeutend mit Geld – und damit illegal. Oder sie seien Schulden, dann wachse der Schuldenberg Italiens. Damit es jeder versteht, verschickte Draghi seine Position sogar auf Twitter:
Draghi: 'Minibots' are either money and then they are illegal or they are debt and then the stock of debt goes up. I don’t think there is a third possibility.
— European Central Bank (@ecb) June 6, 2019
Ist die Debatte damit beendet? Wohl kaum. Denn der italienische Staat sucht händeringend eine Möglichkeit, die ausstehenden Schulden gegenüber privaten Gläubigern im Lande zu begleichen. Die Mini-Bots, als Schuldscheine verstanden, wären dazu durchaus geeignet.
Zudem wittern viele die Möglichkeit, die Schuldscheine in Geld zu verwandeln und so eine Parallelwährung zum Euro zu installieren. Einmal ausgegeben, könnte der Staat sie auch wieder zurücknehmen – als geldwerte Papiere zur Begleichung der Steuerschuld.
Ob das illegal wäre, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls wäre es, historisch betrachtet, nicht das erste Mal, dass auf diese Weise eine neue Währung entsteht. Die Debatte ist auch in der Eurozone nicht neu. Die griechische Linksregierung hat schon einmal ähnliche Pläne gehegt.
Letztlich geht es um die Frage, wie die Schuldenkrise zu lösen ist. Und da weiß auch Draghi keine Antwort. Niemand verlange einen raschen Rückgang, da dies nicht möglich sei, sagte der Italiener. Aber es müsse einen glaubwürdigen Plan zur mittelfristigen Senkung der Schulden geben.
Den hat allerdings nicht einmal die EU-Kommission…
Siehe auch (Alp)Traum Parallelwährung
Peter Nemschak
7. Juni 2019 @ 13:04
Die Einführung von Schuldscheinen in nationaler Währung wird das Problem nicht lösen. Vielmehr sollten sich die Italiener endlich dazu durchringen ihre Steuern ordnungsgemäß zu bezahlen statt das hinterzogene Geld in italienische Staatsanleihen zu investieren. Die Spätschäden jahrzehntelangen Fehlverhaltens werden immer deutlicher sichtbar. Warum sollen Steuerzahler in anderen Mitgliedsländern direkt oder indirekt dafür aufkommen? Falsch verstandene Solidarität bewirkt Verantwortungslosigkeit.
Holly01
7. Juni 2019 @ 19:24
Jodeldidö,
Sie meinen so wie die “räusper” deutschen 2% oder die Konzerne?
Ich lach mich tot ….
vlg
Ein Europäer
7. Juni 2019 @ 02:55
Hallo, zehn Jahre nach der Lehmans Kollaps die Eurozone steckt immer noch in der Krise. Die EU und die EZB setzen weiterhin auf Austerität, trotz all die Misserfolge. Die neue zahlen aus der Eurozone sind meines Erachtens alarmierend. Wachstum und Investitionen bleiben anämisch, die Schulden bleiben hoch, die Inflation ist auf 1,2% gefallen die Kerninflation bleibt bei 0,8%, Arbeitslosigkeit ist immer noch zu hoch und neuerlich die Investoren aus der Eurozone investieren tendenziell außerhalb der Eurozone.
Der nächste EZB Präsident muss Neuland betreten und die Eurozone aus der Krise holen. Aber wie? Er muss Mut zeigen und innovativ agieren, MMT sowie direkte Kapitalflüsse an kleine und mittlere Unternehmen überwiegend in Südeuropa können großartige Erfolge verbringen. Die Salvinis und die Minibots wären somit binnen kurzer Zeit obsolet und in Vergessenheit geraten.
Peter Nemschak
7. Juni 2019 @ 07:53
Nicht allen Ländern in der Eurozone geht es schlecht. Wie sollen direkte Kapitalflüsse in den Süden erfolgen, wenn die Unternehmer nicht bereit sind dort zu investieren? Sind Sie etwa ein Vertreter der Kommandowirtschaft? Diese hat sich historisch nicht bewährt.
Andreas Müller
6. Juni 2019 @ 17:31
Der Eindruck verdichtet sich, dass Mini-Bots das Endspiel um den Euro einleiten. Daher wohl die Aufregung.
Wenn Italien dazu entschlossen ist, kann es wohl nur durch eine militärische Besetzung an der Umsetzung gehindert werden.
An Rechtfertigungen für die Besetzung wird es dann nicht mangeln.
Fun Fact: sie werden von denjenigen vorgetragen werden, die jetzt noch behaupten, dass die EU, und sie allein, den Frieden auf dem Kontinent sichert.