Green Deal: Die Quadratur des Kreises
Das Europaparlament hat fünf Gesetze zum Klimaschutz verabschiedet. Sie sollen wenig kosten und EUropa zugleich im internationalen Wettbewerb stärken. Das geht nur mit schmerzlichen Kompromissen – wenn überhaupt.
Das Europaparlament lobt sich gern selbst. Vor allem auf den „European Green Deal“ sind die Abgeordneten stolz. Doch so viele Superlative wie nun, nach der finalen Abstimmung über fünf wichtige EU-Gesetze zum Klimaschutz, hat man in der Straßburger Kammer wohl noch nie gehört.
Vom „größten Klimaschutz-Gesetz aller Zeiten“ schwärmt der CDU-Parlamentarier Peter Liese. „Die größte CO2-Reduktion, die wir in Europa erreichen können“, verspricht der Grüne Michael Bloss. „Wir stärken das Verschmutzer-zahlt-Prinzip“, frohlockt die SPD-Politikerin Delara Burkhardt.
Ob rot, grün oder schwarz: Alle sind zufrieden. Dabei war das „Fit for 55“-Paket lange umstritten. Einigkeit bestand zwar über das Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Doch der Weg sorgte für Streit.
Drei Maßnahmen
Im Kern geht es um drei Maßnahmen: Die EU will den Emissionshandel ausweiten und künftig auch Gebäude und Fahrzeuge einbeziehen; sie will einen CO2-Grenzausgleich für importierte Produkte einführen – und sie will einen Klimasozialfonds schaffen, der gegen soziale Härten schützen soll.
Gegen den Emissionshandel bei Gebäuden und Fahrzeugen hatten sich Sozialdemokraten, Grüne und Linke lange gesträubt. Der CO2-Grenzausgleich, den EU-Insider liebevoll „CBAM“ nennen, stieß auf Bedenken bei Liberalen und Christdemokraten. Und gegen den Klimasozialfonds hatten sich die Kassenwarte aller EU-Länder verschworen.
„Viel Klimaschutz für möglichst wenig Geld“ – so fasst der CDU-Politiker Liese die Philosophie des nun fertig geschnürten Pakets zusammen. Marktwirtschaftlich soll es zugehen, möglichst ohne Verbote. Die EU will die „Führung“ im Klimaschutz übernehmen, dabei aber keine Nachteile im internationalen Wettbewerb erleiden.
Das klingt wie die Quadratur des Kreises – und hat zu einigen schmerzlichen Kompromissen geführt.
Weiterlesen auf taz.de. Siehe auch “Neue, unrealistische Klimaziele”
Ute Plass
20. April 2023 @ 00:01
“Das Reizwort „klimaneutral“ ist auf dem besten Weg, nach ‚Green Economy‘, ‚nachhaltigem Wachstum‘ oder ‚Resilienz‘ zum nächsten überstrapazierten Modebegriff zu werden. Zumindest muss sich das Konzept den Vorwurf des ‚Climatewashing‘ gefallen lassen.”
https://geschichtedergegenwart.ch/reizwort-klimaneutral/
Arthur Dent
18. April 2023 @ 22:38
@KK
Der Klimawandel ist ein Gottesgeschenk, wenn es ihn nicht gäbe, müsste man ihn glatt erfinden. Klimaschutz, Klimaneutralität, Green Deal sind Buzzwords für moderne Wegelagerei und Abzocke. Wird mehr oder weniger durch den ÖRR bestätigt: „Die EU kommt beim Klimaschutz voran, es wird aber teuer“.
Kürzlich ging das Märchen noch so: die Industrieländer entwickeln die entsprechende Technik zu erschwinglichen Preisen, damit auch die Menschen in den Schwellenländern ihre Wohnungen CO2-frei beheizen oder kühlen können. Hahaha…
KK
18. April 2023 @ 17:34
@ Arthur Dent:
“Durch Emissionshandel (Green Deal) verschwindet das CO2 nur vom Papier, nicht aus der Atmosphäre.”
Das CO2 wird eher zu Papier – Geld nämlich, das mit dem Emissionshandel nur einen weiteren Weg gefunden hat, von unten nach oben verteilt zu werden…
Am Klima ändert der Emissionshandel nix, da gabs doch mW kürzlich erst eine Studie zu.
KK
18. April 2023 @ 16:39
@ european:
“…dass alle Parlamentarier im ersten Jahr nach der Wahl auf Mindestlohn gesetzt werden.”
Ich weiss ja nicht, wie es im UK ist, aber in Deutschland würden sich die Parlamentarier dann für den Rest der Legislatur schadlos halten und sich wohl die Differenz doppelt und dreifach zurückholen, da die hiesigen die Höhe ihrer Bezüge selber bestimmen können.
Und kreditwürdig, um das erste Jahr nicht darbend überbrücken zu müssen, sind sie unter diesen Voraussetzungen natürlich allemal.
european
18. April 2023 @ 17:42
Damit haben Sie bestimmt Recht, allerdings glaube ich, dass sie das sowieso tun.
Ich fand die Idee charmant, sie ist allerdings hier nicht weiter verfolgt worden.
Arthur Dent
18. April 2023 @ 16:34
Ich bin großzügig, ich würde den Parlamentariern sogar das deutsche Medianbruttoeinkommen von 3550 Euro zukommen lassen. Da würden die schön blöd “aus der Wäsche gucken”.
Durch Emissionshandel (Green Deal) verschwindet das CO2 nur vom Papier, nicht aus der Atmosphäre.
KK
18. April 2023 @ 15:46
„Sie sollen möglichst wenig kosten…“
…und werden doch so teuer werden, dass sich ein Grossteil der Bürger (warmes, nicht krankmachendes) Wohnen, Mobilität und Lebensmittel nicht mehr wird leisten können.
Denn die Mehrkosten für die Wirtschaft werden ja zu den Verbrauchern einfach durchgereicht! Wenn der Transport durch Emmissionshandel teurer wird, werden einfach die Produkte teurer; wenn die Kühlung im Supermarkt teurer wird, dito! etc.pp. Niedrige Einkommen werden gar nicht mehr, mittlere nur noch für einen Teil des Allernotwendigsten reichen.
Aber die Parlamentarier auf allen Ebenen juckt das nicht, die verdienen immer genug.
WGAF?
european
18. April 2023 @ 16:05
Hier in UK hat mal jemand den Vorschlag gemacht, dass alle Parlamentarier im ersten Jahr nach der Wahl auf Mindestlohn gesetzt werden.
Ich finde die Idee super.