Für legale Fluchtwege
Jetzt hat es die EU plötzlich “eilig”: In zwei Wochen, am 14. September, gibt es eine Sondersitzung zur Flüchtlingskrise. Im Mittelpunkt sollen “Hotspots” zur Registrierung und “sichere” Herkunftsländer stehen. Das Wichtigste fehlt: legale Fluchtwege.
Seit mehr als zwei Jahren, seit der Bootskatastrophe vor Lampedusa, spitzt sich die europäische Flüchtlingskrise zu. Seit mehr als zwei Monaten trifft sie auch Zentraleuropa – Ungarn, Österreich, Deutschland.
Doch erst jetzt bequemen sich die EU-Innenminister zu einem Krisentreffen. Die Staats- und Regierungschefs tun immer noch nichts – ihnen sitzt wohl noch der Streit beim Juni-Gipfel im Nacken.
„We are here because you destroyed our countries“
Doch statt nun endlich über die Fluchtursachen und über sichere Fluchtwege zu sprechen, soll es wieder um den Ausbau der längst überrannten Festung Europa gehen. Also um rückwärts gewandte Maßnahmen.
An der gescheiterten Außenpolitik auf dem Balkan, im Nahen Osten und in Afghanistan ändert sich nichts. „We are here because you destroyed our countries“, rufen die Flüchtlinge in Berlin, doch niemand hört hin.
Und legale, sichere Fluchtwege stehen schon gar nicht auf dem Programm. Dabei wären sie der beste Weg, die lebensgefährliche Flucht übers Mittelmeer einzudämmen und den Schleppern das Geschäft zu vermiesen.
Merkel hält weiter zum Spalter Cameron
Wenn es legale Fluchtwege gäbe, könnte man alle, die auf eigene Faust, also illegal kämen, zurecht- oder zurückweisen. Man könnte auch den Zustrom steuern – und die drohende Überforderung abwenden.
Doch das geht Deutschland, Frankreich und Großbritannien (sic), die das Treffen beantragt haben, wohl zu weit. Kanzlerin Merkel macht lieber gemeinsame Sache mit dem Spalter Cameron, als nach vorne zu denken…
Siehe auch “Gegen die Quote” und “So scheitert EUropa”
winston
2. September 2015 @ 07:43
Bahnhof Budapest. Die Lage ist komplett ausser Kontrolle geraten.
https://twitter.com/jpfbadcock/status/638835045621350400
Gute Nacht Europa.
armin sackner
1. September 2015 @ 00:14
Reden wir doch nicht ueber wen und abers. Tatsache ist, doch, dass europa sich gerne an der us-politik dranhaengt. Schon weil es keine eigene perspektive mit sozialstaat und.alter bevoelkerung gibt.
Jetzt kommt eine biblische voelkerwanderung und diese quasidemokratischen politiker verstecken sich, weil sie keine loesung mehr haben.
Sie haben sich mit poestchen, netzwerken und transatlantik tief eingegraben.
Geht das so weiter und zu vermuten, waren diese vorallem jungen maenner, die aktuell kommen, die vorhut, wird es extreme verteilungskaempfe um das alte europa und seine sozialgelder geben. Das wird nicht friedlich abgehen.
Aber vielleicht ist das ja auch so gewollt.
helmutn
31. August 2015 @ 19:30
Gute nachvollziehbare Ansichten hier auf dem Blog.
Der von Fritz Huber bringts aber am besten auf den Punkt.
Der Verursacher soll den Preis zahlen.
Logisch oder?
Peter Nemschak
31. August 2015 @ 20:34
Nur ist dieser nicht wirklich feststellbar, außer Sie meinen, England und Frankreich hätten nach dem Ersten Weltkrieg ihr Protektorat über die Region beibehalten sollen. Sich selbst überlassen, wird diese Weltgegend immer labil bleiben. Es fehlt an demokratischem Grundverständnis im westlichen Sinn. Pluralität in Frieden ist dort fremd. Relative Ruhe wird in Syrien und im Irak erst einkehren, wenn die Türkei, der Iran und Saudiarabien in dieser Region als Ordnungsmächte zu einer Machtbalance gefunden haben, hinter der sich der Rest gruppiert.
Fritz Huber
31. August 2015 @ 15:07
Die Flüchtlingsquote muss nach dem Verursacherprinzip erfolgen. Wir solten den Flüchtlingen durch Bereitstellung von Schiffen helfen und ab nach USA, Frankreich und England.
Wenn diese Länder sich mit dem Flüchtlingsproblem im eigenen Land auseinander setzen müssen, dann wird die Zerstörung von fremden Staatsgebieten ziemlich schnell beendet werden.
Derzeit sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht – wenn Deutschland “nur” 10% aufnehmen soll, wären dies 6 Millionen, also etwa 10% der “noch deutschen Bevölkerung”
Und zu den dt. Linken:
es wird Zeit, dass diesen Deutschlandzerstörern, der “Bomber Harries do it again Fraktion” der Stecker gezogen wird!
GS
31. August 2015 @ 13:49
” „We are here because you destroyed our countries“, rufen die Flüchtlinge in Berlin, doch niemand hört hin.”
Kein Wunder, denn es ist nicht Deutschland, was dafür verantwortlich ist.
Die Seite, auf die Du, ebo, verlinkst, ist ja auch der Hammer. Am besten einfach die ganze Welt nach Deutschland holen. Wir sind ja so reich.
ebo
31. August 2015 @ 13:57
@GS Ach so, für das außenpolitische Debakel in Irak, Syrien und Afghanistan ist D nicht verantwortlich? Für die Waffenlieferungen an den Golf auch nicht?
Peter Nemschak
31. August 2015 @ 15:19
Ist die Kanone schuld oder der Kanonier? Es gibt immer alternative Lieferanten. Was beim privaten Waffenverbot Sinn macht, gilt nicht für souveräne Staaten. Wer Krieg führen will, wird sich von deutschen Exportbeschränkungen nicht abhalten lassen, ob Potentaten im Mittleren Osten, Taliban, Al-Quaida, IS oder andere gewaltbereite Gruppen.
Alexander
31. August 2015 @ 17:49
@ebo: Deutschalnd ist ja “Gott sei Dank” in Afrika militärisch nicht so stark involviert, wie manch andere Staaten es sind. Aber beim Wirtschaftskrieg gegen Afrika machen wir Deutsche leider ganz vorne mit. Z.B. werden Grundnahrungsmittel dorthin exportiert (z.B. Fleisch), die billiger sind, als es die afrikanischen Bauern selbst herstellen können. Die abgeschlossenen Freihandelsverträge verbunden mit dem ultimativ geforderten freiem Kapitalverkehr sind durchweg ekonomisch negativ für die afrikanischen Staaten. Für jeden investierten US Dollar in Afrika fliessen mehr als 2 Dollar aus Afrika wieder in den Westen zurück. So blutet der Kontinent wirtschaftlich aus … Hier einen Link zu einer umfassenden WIrtschaftsanalyse darüber: Kurzfassung: http://eurodad.org/files/pdf/551a6a907e5b9.pdf; Langfassung: http://www.eurodad.org/files/pdf/54f98666925bf.pdf
GS
31. August 2015 @ 22:00
@ebo
In Afghanistan hat Deutschland nur Drecksarbeit gemacht und Milliarden dabei verpulvert. Das ist die genauso eine naive Illusion gewesen wie heute die von der bunten Republik. Aber erklär mir doch mal bitte, was genau die Deutschen in Afghanistan kaputt gemacht haben, was nicht schon kaputt war. Wir haben weder die Taliban großgezogen, noch hinterher alles zerbombt.
Im Irak hat uns Schröder damals aus dem Krieg so weit es ging rausgehalten. Was man Schröder vorwerfen kann, ist, dass er Überflugrechte etc. gewährt hat. Vielleicht muss man dann aber auch berücksichtigen, wer am längeren Hebel sitzt, die Amis oder wir. Dass der Irak jetzt ein failed state ist, ist nun wirklich nicht auf unserem Mist gewachsen.
Und der Konflikt in Syrien besteht doch nicht, weil deutsche Unternehmen irgendwann mal Waffen dahin geliefert hätten. Die Ursachen sind ganz andere, und das weißt Du genauso gut wie ich. Mal abgesehen davon, liefern halt die Chinesen, Russen oder Amis die Waffen, wenn es die Deutschen nicht tun.
Der ganze Nahe Osten steht in Flammen wegen dieses neokonservativen Unfugs vom Arabischen Frühling und dieser Pseudodemokratisierung. Anstelle mehr oder weniger säkularer und berechenbarer Diktaturen haben wir jetzt failed states oder islamistische Regime. Das ist aber nicht das Ergebnis deutscher Außenpolitik. Eingebrockt haben uns das andere, die viel weiter weg vom Geschehen sitzen.
Die Mehrheit der sog. Flüchtlinge kommt aber noch nicht mal aus diesen Kriegsländern. Und Deutschland leistet dem auch noch Vorschub. Mittlerweile werden einfach die Migrantenmassen durch Ungarn und Österreich durchgewunken. Fahrt einfach weiter nach Deutschland, die Trottel da nehmen Euch ganz begierig auf und schenken Euch alles.
Peter Nemschak
31. August 2015 @ 13:00
@ebo Sowohl Merkel wie Juncker müssen in Sachen Großbritannien, Polen und Balten eine lange “Hidden Agenda” haben. Die Vermeidung von Ärger wird nicht der alleinige Grund sein.
S.B.
31. August 2015 @ 10:37
@ebo: “Legale Flucht- bzw. Einreisewege sind keine Erfindung von mir…” Das habe ich auch nicht behauptet.
Die Idee mit den EU-Außenstellen in Nordafrika und Nahost (eigentlich in allen Regionen mit entsprechendem Bedarf) finde ich grundsätzlich funktional. Jetzt kommt aber der Haken: Wenn Sie schon bei “Erfolgsaussichten” den legalen Weg in die EU eröffnen und nicht erst bei Anerkennung, wird sich an den Zuwandererzahlen nicht viel ändern. Jedenfalls im deutschen Asylrecht gibt es zudem einstweiligen Rechtsschutz, der im Zweifel pro Asylsuchenden greift. Die Asylantenflut, die in Wirklichkeit zu großen Teilen eine Wirtschaftsflüchtlingsflut ist, wäre mit einem solchen System nicht zu stoppen. Abhilfe würde nur schaffen, wenn die Asylanträge vor Ort sehr zeitnah geprüft werden und dann klar ist, wer aufgrund eines bestehenden Asylgrundes in die EU einreisen darf und wer abgelehnt wird. Ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in der EU, dürfte es bis zur Klärung des Asylgrundes in einem solchen System nicht geben.
ebo
31. August 2015 @ 10:54
S.B. Von “Flut” sollten wir nicht sprechen, es geht immer noch um Menschen! – Was die “Wirtschaftsflüchtlinge” betrifft: Das passt doch wunderbar zum neoliberalen Laisser-Faire EUropas mit offenen Grenzen! Deutschland präsentiert sich als Konjunkturlokomotive und muss sich daher nicht wundern, wenn es Migranten aus aller Welt anzieht. Die EU-Kommission und die deutschen Wirtschaftsverbände haben bestimmt nichts dagegen 😉
S.B.
31. August 2015 @ 13:18
@ebo: Flut ist Flut, auch, wenn es selbstverständlich Menschen sind. Tabubegriffe zu definieren, hilft insoweit niemanden weiter. Der Begriff Völkerwanderung hört sich auch nicht wirklich beruhigender an, wird aber allenthalben auch in den Mainstreammedien schon mit dem Sachverhalt in Verbindung gebracht.
Im Übrigen: Ja, da sind wir wieder an dem entscheidenden Punkt, dass man nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen kann. In dem Fall Schengen, bevor die EU ein Staat mit entsprechenden Befugnissen ist, der sich dann auch dementsprechend um seine (offenen) Grenzen kümmert. Nun haben wir genau den entgegengesetzten Fall, dass die Nationalstaaten sich nicht um ihre offenen Grenzen kümmern. Wie absurd!
Nebenbei: Nicht das ich die EU als Staat will, aber ich will auch kein Schengen.
Und ja, die Wirtschaftsverbände haben nichts gegen die offenen Grenzen und deshalb auch die EU-Kommission nicht. Da erkennt man klar die undemokratische Klüngelei / das undemokratische EU-Konstrukt.
S.B.
31. August 2015 @ 09:10
“Wenn es legale Fluchtwege gäbe, könnte man alle, die auf eigene Faust, also illegal kämen, zurecht- oder zurückweisen. Man könnte auch den Zustrom steuern – und die drohende Überforderung abwenden.”
@ebo: Erstens: Könnten Sie diese Aussagen bitte einmal näher ausführen? Wie soll das funktionieren? Zweitens: Meinen Sie, wenn es legale Fluchtwege gäbe, würde niemand mehr illegal “flüchten”? Wie sollen die illgealen Fluchtwege stillgelegt werden? Fragen über Fragen…
ebo
31. August 2015 @ 09:39
S.B. Erstens: Legale Flucht- bzw. Einreisewege sind keine Erfindung von mir, das fordert auch die Uno bzw. das UNHCR. Zweitens: Sie würden das ohnehin gescheiterte Dublin-Prinzip ablösen, demzufolge nur die Einreiseländer für Asylverfahren zuständig sind. Drittens: Es müsste EU-Außenstellen in Nordafrika und Nahost geben, wo man offiziell Asyl beantragen kann und bei Erfolgsaussichten ganz legal in die EU transportiert wird (per Flugzeug oder Fähre statt auf einem Seelenverkäufer). Sobald dieses System etabliert ist, kann die EU gemeinsame Verfahren zum Umgang mit “Illegalen” entwickeln.
Peter Nemschak
31. August 2015 @ 08:35
Cameron ist nicht der einzige Verhinderer. Osteuropa und die baltischen Länder gehören auch dazu. Dass England ein besonders begehrtes Ziel für Flüchtlinge ist, macht Camerons Haltung verständlich. Ohne zahlenmäßige Beschränkung, klare Aufnahmekriterien und faire Aufteilungsquoten wird es politisch nicht funktionieren. Es ist eine Illusion, legale Fluchtwege unabhängig davon zu diskutieren. Das eine hängt mit dem anderen zusammen.
ebo
31. August 2015 @ 09:34
@Nemschak Cameron spaltet die EU mit seiner “Brexit”-Drohung. Er hat eine ganz offizielle Abschreckungs-Kampagne gestartet und macht sich damit zum “Helden” der Osteuropäer. Vor allem die Polen arbeiten eng mit UK zusammen, auch in der Außenpolitik
Peter Nemschak
31. August 2015 @ 11:38
Polen und die Balten, die durch die NATO in letzter Zeit verstärkten militärischen Schutz gegenüber Russland genießen, müssen in der Flüchtlingsfrage von der EU an ihre Reziprozitätsverpflichtungen erinnert werden.
ebo
31. August 2015 @ 11:58
Ja, und zwar von Merkel und Juncker. Doch beide scheuen den Ärger…