Front gegen Lukaschenko, Stillstand in der Klimapolitik – und mehr Wachstum?


Die Watchlist EUropa vom 25. Mai 2021 –

Die EU hat Belarus nach dem Ryanair-Vorfall mit neuen Sanktionen gedroht. Laut einem Beschluß des EU-Gipfels von Montagabend sollen belarussische Airlines nicht länger den Luftraum der 27 Mitgliedsländer nutzen dürfen. Auch individuelle Strafmaßnahmen sind geplant – ebenso wie Wirtschaftssanktionen. Details sollen die zuständigen Minister in den nächsten Tagen festlegen.

Die Staats- und Regierungschefs waren um Geschlossenheit bemüht – nachdem sie zunächst wild durcheinander geredet hatten. Schon bei der Einschätzung herrschte keine Einigkeit. War der Vorfall in Minsk eine erzwungene Landung – oder eine Flugzeug-Entführung, wie EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schrieb?

Präzendenzfall Snowden / Morales

Muß man gar von „Staatsterrorismus“ sprechen, wie die Regierung in Polen? Mir scheint das übertrieben. Ähnliche Aktionen hat es schon früher gegeben – so 2013, als die USA ein Flugzeug mit Boliviens Präsident Morales zur Landung in Wien zwangen, um den Whistleblower Snowden zu schnappen (was mißlang, er war nicht an Bord.)

Von Staatsterrorismus sprach damals niemand in der EU. Kritik an den USA gab es auch keine, Sanktionen erst recht nicht. Die empörten Kommentare im Fall Ryanair zeugen denn auch vor allem von der Konfusion und dem Frust, der in Brüssel herrscht.

Die EU-Politiker wurden auch von dieser Krise in ihrer Nachbarschaft kalt erwischt. Schon beim blutigen Konflikt zwischen Israel und der Hamas in der vergangenen Wochen hatten sie aneinander vorbei geredet und am Ende nichts ausgerichtet.

Sanktionen werden nichts ändern

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Nun müssen sie beweisen, dass sie sich nicht auch noch vom „letzten Diktator Europas“, Alexander Lukaschenko, vorführen lassen. Die EU hatte wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus bereits 2020 mehrere Sanktionspakete verabschiedet.

Verändert haben sie nichts, die Repression geht unvermindert weiter. Nun zielt Lukaschenko auch noch auf (bisher weitgehend unbekannte) Blogger wie Roman Protassewitsch, der im EU-Land Litauen Schutz vor Verfolgung gesucht hatte.

Und das zu einem Zeitpunkt, da die EU versprochen hat, mehr für den Schutz der Pressefreiheit einzutreten. Das ist in harter Schlag, dem die Europäer wenig entgegensetzen können. Die Sanktionen werden an dem Willkürakt jedenfalls nichts mehr ändern.

Bisher ist niemand ausgeschert

Immerhin, diesmal ist kein EU-Land ausgeschert – wie im vergangenen Herbst, als Griechenland und Zypern wochenlang die ersten Sanktionen gegen Belarus blockierten, um ein härteres Vorgehen auch gegen die Türkei zu erzwingen.

In der neuen Belarus-Krise soll sich nicht wiederholen, was die EU zuletzt im Streit um China und Hongkong erlebt hatte: Dass einzelne Länder wie Ungarn einen Beschluss verhindern und so die gemeinsame Außenpolitik lächerlich machen.

Diesmal, so scheint es, steht die europäische Front der Lukaschenko-Gegner. Was sie bewirken kann, steht auf einem anderen Blatt…

Siehe auch Belarus-Krise hat Brüssel kalt erwischt

Watchlist

Was sagt der EU-Gipfel zur Coronakrise und zur Klimapolitik? Um diese Fragen soll es Dienstag gehen. Doch wer auf Ergebnisse hofft, dürfte enttäuscht werden. Denn die Staats- und Regierungschefs tun nur so, als würden sie handeln, wie ein Blick in den Entwurf der Schlußfolgerungen zeigt. – Mehr hier

Was fehlt

Das Eigenlob der Finanzminister. “Es gibt gute Aussichten für die Erholung der Wirtschaft in diesem und im nächsten Jahr”, sagte Portugals Finanzminister João Leão nach einem Treffen in Lissabon. Viele Minister hätten gesagt, dass sie von einem noch größerem Wachstum als in der jüngsten Prognose ausgingen. Die EU-Kommission hatte ein Wachstum in der EU von 4,2 Prozent für 2021 und von 4,4 für 2022 vorhergesagt.