Drei Anmerkungen zur Belarus-Krise
Die EU hat die erzwungene Umleitung eines Passagierflugs nach Minsk durch die belarussischen Behörden scharf verurteilt und die Freilassung aller Passagiere gefordert. Und nun?
Müssten die EUropäer jetzt nicht härter durchgreifen und endlich “die Sprache der Macht” sprechen? Unter Experten ist die Diskussion bereits voll entbrannt.
Agreed: Case of application of the language of power. Easy to say. Somewhat harder to do – what exactly should now happen? Let’s hope that in this instance, the EU will demonstrate strategic courage. @JosepBorrellF @eucopresident @vonderleyen @germanyintheeu https://t.co/pC4Gc8wpoc
— Wolfgang Ischinger (@ischinger) May 23, 2021
Ich maße mir nicht an, es besser zu wissen als C. Bildt oder W. Ischinger. Dennoch seien drei Anmerkungen erlaubt:
- Die EU wird in der Außenpolitik kaum noch ernst genommen. Weder Russland noch die USA oder Israel lassen sich von den EUropäer irgend etwas sagen, wie der jüngste Konflikt im Nahen Osten gezeigt hat. Mittlerweile fordern sogar kleinere Länder wie die Türkei oder Marokko die EU heraus – meist ungestraft, oft werden sie dafür sogar noch belohnt.
- Auch Belarus lässt sich von Brüssel nichts vorschreiben. Die EU-Sanktionen, die gegen Diktator Lukaenschko und seine Schergen verhängt worden sind, haben keinerlei positive Wirkung gezeigt. Andere Druckmittel hat Brüssel jedoch nicht. Am ehesten könnte man noch versuchen, über moskau auf Minsk einzuwirken – doch da läuft derzeit gar nichts.
- Die Belarus-Krise dürfte beim Sondergipfel am Pfingstmontag eine prominente Rolle spielen. Dort wird sich zeigen, ob die Staats- und Regierungschefs noch einen Trumpf in der Hinterhand haben. Allerdings stand Belarus bisher nicht auf der Tagesordnung. Man wollte sich um Russland kümmern – und die “illegalen and provokative Schritte” aus Moskau verurteilen.
All dies zeigt, wie schlecht die EU auf Kraftproben wie nun in Belarus vorbereitet ist. Sie arbeitet ihre eigene Agenda ab und spricht viel von “Autonomie” und “Geopolitik” – doch wenn es drauf ankommt, muß man improvisieren…
Siehe auch Der Impfpass kommt, die Nahost-Politik scheitert – und eine neue Flüchtlingskrise und “Russland: Der Gipfel der (Ent)Spannung”
Alexander
25. Mai 2021 @ 18:57
@ebo: Zur Vertrauenswürdigkeit der Seite kann ich leider nichts sagen:
https://www.foiaresearch.net/person/roman-protasevich
Wahrheit oder Desinformation?
ebo
25. Mai 2021 @ 21:33
Hier ein “politisch korrekter” Hintergrund: https://www.dekoder.org/de/article/protassewitsch-flugzeug-minsk
european
25. Mai 2021 @ 10:55
Hach, was sind wir wieder entrüstet 😉
Nur mal zur Erinnerung an 2013, als auf Obama’s Druck hin die Maschine von Morales zur Landung gezwungen wurde, weil man Edward Snowden darin vermutete. Da war Europa ganz still. Keine Entrüstung, kein Auflehnen. Dabei ging es um UNSERE Sicherheit, um Whistleblowerschutz und nicht zuletzt auch die Freiheit der Presse.
Bolivia’s Morales Lands In Latin America Fuming Over Flight Diversion https://www.npr.org/sections/thetwo-way/2013/07/03/198426348/morales-returns-to-a-latin-america-fuming-over-plane-snub?utm_campaign=storyshare&utm_source=twitter.com&utm_medium=social
“The delay of more than 13 hours reportedly stemmed from suspicions that Edward Snowden, the former U.S. intelligence worker who leaked secret data, might have been aboard the plane.”
Derweil sitzt Julian Assange immer noch im Gefängnis und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zunehmend. Sein Verbrechen: Kriegsverbrechen aufdecken. Auch hier europäisches Schweigen im Wald. Moralkontingent aufgebraucht. Aber auch seitens der Journalisten/Medien hört man wenig bis gar nichts, was leider den Rechtsaußen-Parteien in die Hände spielt alla “das darf man ja alles nicht mehr sagen”. Das macht das ganze noch furchtbarer.
Es gibt keine Worte mehr dafür, um das korrekt zu kommentieren.
ebo
25. Mai 2021 @ 11:23
Doppelstandards ?
european
25. Mai 2021 @ 11:27
Es sind auf jeden Fall Doppelstandards, aber das klingt so harmlos. Und es klingt, als hätten wir uns damit abgefunden.
Einfach nur traurig.