Der Impfpass kommt, die Nahost-Politik scheitert – und eine neue Flüchtlingskrise
Was bleibt von der Europapolitik der vergangenen Woche? Der Impfpass kommt – wenn auch wohl zu spät. Die gemeinsame Außenpolitik scheitert im Nahen Osten – auch an Deutschland. Und dann war da noch die neue Flüchtlingskrise – in Spanien, aber auch in Italien und Frankreich.
Nun kommt er also doch: der EU-Impfpass, der jetzt nicht mehr grün ist, sondern nur noch „EU Digital COVID Certificate“ heißt. Das Europaparlament gab sich geschlagen, nachdem die EU-Staaten damit gedroht hatten, die Abgeordneten zu übergehen. Doch wann der begehrte Nachweis an die Bürger ausgegeben wird, bleibt unklar. Offiziell tritt die Regulierung am 1. Juli in Kraft. Einige EU-Länder, darunter Deutschland, haben sich eine Übergangsfrist von bis zu sechs Wochen gesichert. Somit könnte es theoretisch noch bis August dauern, bis der Impfpass kommt. Es wäre viel zu spät für die Urlaubssaison, Deutschland droht zum Spielverderber zu werden. Zu den Hintergründen gibt es einen lesenswerten Thread von A. Alemanno auf Twitter, und zwar hier.
Die vergangene Woche hat zudem das Scheitern der EU in der Nahost-Politik gezeigt. Eine eilig einberufene Krisensitzung der Außenminister am Dienstag verpuffte völlig ohne Wirkung, zumal Ungarn sich auch noch von den (informellen) Schlußfolgerungen distanzierte. Die USA ließen Frankreich im Weltsicherheitsrat abblitzen, und Deutschland schlug sich einseitig auf die Seite Israels. Damit konterkarierten Kanzlerin Merkel und Außenminister Maas auch den EU-Außenbeauftragten Borrell, der sich für eine “verhältnismäßige” Antwort auf den Hamas-Terror ausgesprochen hatte. In Berlin wurde dies aber nicht thematisiert. Dort war man vollauf damit beschäftigt, den zunehmenden Antisemitismus zu verurteilen – nach den Ursachen fragte man nicht…
Last but not least hatte die EU mit einer neuen Flüchtlingskrise zu tun. Fast 10.000 Marokkaner kamen übers Meer in die spanische Exklave Ceuta, wurden aber schnell wieder abgeschoben. Weniger Beachtung fanden die Boat People, die wieder zunehmend auf der italienischen Insel Lapedusa ankommen – und die Migranten, die von Nordfrankreich nach England übersetzen wollen. Es werden immer mehr, die französischen Behörden wirken überfordert. Die EU-Kommission kümmert sich darum bisher nicht – sie konzentriert sich darauf, Marokko für die offenbar organisierte Massenflucht zu rügen, zugleich aber die “vorbildliche” Zusammenarbeit zu loben. Deutet sich hier ein Abhängigkeitsverhältnis wie mit der Türkei an?
Und hier noch die drei besten Blogposts der vergangenen Woche:

Außenminister stellen unerreichbare Bedingungen für Frieden in Ukraine
Bei einem Treffen in Warschau haben die EU-Außenminister ihre Bedingungen für Frieden in der Ukraine formuliert. Sie sind de facto nicht zu erreichen und könnten den Krieg erneut eskalieren.

Ausgerechnet am 8. Mai: Selenskyj setzt Russland mit dem 3. Reich gleich
Zum 80. Jahrestag des Endes des 2. Weltkriegs zieht der ukrainische Präsident eine brisante Parallele. Die Welt müsse Russland genauso bekämpfen wie einst Nazi-Deutschland.

Noch ein Eigentor: Von der Leyen will Gas aus Russland verbieten
Die EU-Kommission will bis Ende 2027 alle Gasimporte aus Russland stoppen. Auch beim Öl und bei Atombrennstoffen will sie die Einfuhren auf Null bringen. Ziel sei es, die „völlige Energie-Unabhängigkeit der EU von Russland“ zu erreichen.