Reisen in der EU? Eher nicht. Ein Beispiel

Die EU-Kommission verspricht “einen schönen Urlaub”. Dank ihrer unermüdlichen Arbeit für das “digitale Zertifikat” werde das Reisen in Europa erleichtert. Bisher ist davon aber nichts zu spüren – ein abschreckendes Beispiel.

Nehmen wir an, Sie wollten von Brüssel nach Köln fahren. Die belgische Grenze ist – nach monatelangem Ausreiseverbot – wieder offen. Die deutsche war nie zu, jedenfalls offiziell. Sie freuen sich also darauf, Ihre Liebsten wiederzusehen.

Doch jetzt kommt’s: Sie können nicht einfach so losfahren. Denn Belgien gilt in Deutschland immer noch als Risikogebiet. Das hat das RKI festgelegt – abweichend vom europäischen ECDC, wo beide Länder dieselbe Farbe (=Risiko) haben.

Die EU hat an dieser Stelle bereits versagt – denn sie hat keine einheitlichen Kriterien und Regeln durchgesetzt. Dabei war im Herbst 2020 – unter deutschem EU-Vorsitz – eine Vereinheitlichung vereinbart worden.

Sie brauchen also eine “Digitale Einreiseanmeldung” und einen negativen Corona-Test oder Impfnachweis. Doch das EU-Zertifikat gibt es noch nicht. Zudem sind die meisten Menschen – wenn überhaupt – nur einmal geimpft.

200 Euro für den Eintritt

Bleibt also der Test. In Köln ist er im Prinzip kostenlos – aber nur für Menschen mit fester Adresse in Deutschland, nicht für Besucher aus dem Ausland. In Brüssel kostet der Test 46,81 Euro. Für eine vierköpfige Familie macht das fast 200 Euro – nur für den Eintritt.

Doch wird ein belgischer Test auch in Deutschland anerkannt? Es hat wiederholt Probleme gegeben, wenn das dazugehörige Dokument nicht auf Deutsch oder Englisch abgefasst war. In Berlin versteht man offenbar kein Französisch – vielleicht in Köln?

Unklar. Auch hier hat die EU versagt. Sie hat es nicht einmal fertiggebracht, die wechselseitige Anerkennung von Impf-Dokumenten zu regeln. Dass das “digitale Zertifikat” Ende Juni kommen soll, ist da nur ein schwacher Trost.

Doch es gibt noch eine weitere Hürde. In NRW brauchen Sie auch einen Nachweis, um in ein Hotel zu gehen oder auf einer Restaurant-Terrasse zu speisen. Doch wer weiß, ob das Restaurant X einen belgischen Test akzeptiert?

Die offiziellen Websites vom Auswärtigen Amt, dem belgischen Außenministerium oder dem RKI geben darüber keine Auskunft. Auch die EU-Seite “Reopen EU” hilft da nicht weiter. Sie gibt nur vage Hinweise, vor allem für Flugreisende.

Die große Mehrheit der innereuropäischen Reisen – per Auto oder Zug – wird damit nicht erfaßt. Zudem ist diese Seite nicht auf dem letzten Stand. Schon das dritte EU-Versäumnis. Der titel hält nicht, was er verspricht.

Würden Sie unter diesen Umständen reisen? 200 Euro für Tests zahlen, wenn Sie nicht einmal wissen, ob sie im Hotel übernachten oder im Restaurant essen können? Ich habe mich dagegen entschieden…

Siehe auch “Nein, der Impfpass garantiert immer noch kein sorgloses Reisen”

P.S. Die beschriebenen Probleme gibt es nicht nur in Belgien und Deutschland. In diesem Artikel (auf französisch) wird beschrieben, dass die Corona-Tests teurer sind als ein Flug von Rom nach Barcelona. Zudem müssen jede Menge Formulare ausgefüllt werden – die dann niemand überprüft. Dass zeigt, dass es sowohl um die Reisefreiheit als auch um die Hygiene-Maßnahmen schlecht bestellt ist. Doch Brüssel scheint das nicht zu kümmern!