Abfuhr für Berlin und Paris: EU-Reform rückt in weite Ferne

Eigentlich sollte 2022 das Jahr der EU-Reform werden. Doch die Bürgerpanels und die Konferenz zur Zukunft Europas sind wirkungslos erpufft. Nun hakt es auch noch bei der Vorbereitung für die Europawahl 2024.

Nicht weniger als zehn EU-Staaten sträuben sich gegen eine Wahlrechts-Reform, wie sie das Europaparlament angestoßen hat.

Sie halten nichts von transnationalen Listen, auf denen die Spitzenkandidaten der Parteien in ganz Europa antreten sollen.

Auf noch größeren Widerstand stößt die Idee, die Europawahl künftig einheitlich am Europatag abzuhalten, dem 9. Mai. Alle 27 waren dagegen.

Damit sinken die Chancen, die Reformen pünktlich zur nächsten Europawahl im Mai 2024 anzuwenden. Für einen Beschluß ist Einstimmigkeit nötig.

Es ist nicht der erste Rückschlag für die Reformer. Im Sommer war schon die geplante Vertragsänderung gescheitert – 13 Staaten sprachen sich dagegen aus.

Deutschland und Frankreich, die den EU-Vertrag „aufmachen“ wollen, waren isoliert. Zu den Neinsagern zählen nicht nur die „üblichen Verdächtigen“.

Auch Dänemark, Finnland und Schweden wollen vorerst nichts ändern – genau wie Tschechien, das derzeit den EU-Ratsvorsitz hat.

Deutschland hofft trotz allem, wenigstens das Stimmrecht im Rat ändern zu können. Statt einstimmig sollen Entscheidungen künftig mit qualifizierter Mehrheit fallen.

Möglich wäre dies mit der sog. Passerelle-Klausel. Doch auch die benötigt Einstimmigkeit, um wirksam zu werden. Ein Teufelskreis.

Selbst wenn es gelingen sollte, die qualifizierte Mehrheit etwa in der Außenpolitik einzuführen, gibt es eine neue Hürde: Schweden und Italien werden rechts regiert.

Sie könnten damit das Lager der Neinsager und Quertreiber vergrößern – und dazu beitragen, dass eine qualifizierte Mehrheit gar nicht erst erreicht wird…

Wenn man in Berlin hoffen sollte, Beschlüsse zur Ukraine und zu den Russland-Sanktionen künftig schneller durchdrücken zu können, hat man sich wohl getäuscht…

Siehe auch „Die geopolitische Wende“