Die geopolitische Wende, der vergessene Bürgerwille – und Drama um Liz Truss
Die Watchlist EUropa vom 19. Oktober 2022 –
Heute beschäftigen wir uns mit der EU-Reform und der (un-)heimlichen Transformation EUropas seit Beginn des Ukraine-Kriegs, dem vergessenen Bürgerwillen sowie dem Drama um die britische Premierministerin Liz Truss.
Krieg, Klimakrise und Rezession – die EU steht vor historischen Herausforderungen. Braucht sie auch historische Antworten, steht eine tiefgreifende Transformation ins Haus?
Über diese Frage habe ich im Heinrich-Heine-Haus der Cité Universitaire in Paris diskutiert – mit der Chefin der Robert-Schuman-Stifung P. Joannin und dem Gründer von „Europa Nova“, G. Klossa.
Meine These: Wir haben es mit einem Paradox zu tun. Die EU ist unfähig, Reformen umzusetzen. Selbst an so kleinen Dingen wie der Abschaffung der Sommerzeit ist sie gescheitert.
Doch wenn es darum geht, sich auf große Krisen einzustellen, ist plötzlich alles möglich – auch ohne Reformen. Über Nacht werden Regeln neu interpretiert oder ganz mißachtet.
Der Krieg in der Ukraine ist das eklatanteste Beispiel. Er markiert eine „geopolitische Wende“, bei der alles möglich scheint. Dies zeigt ein Vergleich „vorher“ / „nachher.“
- Vor dem Krieg präsentierte sich die EU als „Friedensunion“, die international auf Diplomatie und „Soft Power“ setzte. Ihre Spezialität war die wirtschaftliche Kooperation durch Marktöffnung.
- Seit dem Krieg ist alles anders. In Brüssel spricht niemand mehr über Frieden oder Diplomatie. Alles dreht sich um die Ukraine, Sanktionen und Waffen. Statt um Kooperation geht es um Konfrontation.
Diese Transformation geht so weit, dass die europäische „Friedensfazilität“ plötzlich zur Kriegskasse umgewidmet wird – ohne Regel- oder Vertragsänderung.
Die EU will sogar die ukrainische Armee ausbilden – dabei ist ihr das laut EU-Vertrag verboten. Der Vertrag sieht militärische Einsätze nämlich nur außerhalb des Unionsgebiets vor, wie die „FAZ“ anmerkt.
Davon wird nun eine Ausnahme gemacht, wegen der „außergewöhnlichen Umstände, die aus Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine herrühren“, wie es im neuen EU-Mandat heißt.
Das zeigt, dass wir es nicht mit einer regelgerechten Anpassung zu tun haben – sondern mit einem (un-)heimlichen Wandel, der aus der Not geboren ist und von außen getrieben wird.
Die EU sieht sich gern als „Rechtsgemeinschaft“, die die „regelbasierte Ordnung“ hochhält. Doch seit dem Ukraine-Krieg setzt sie sich selbst über Recht und Gesetz hinweg.
Der Bürgerwille wird ignoriert
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Demgegenüber werden die Reformen, die die EU-Bürger wünschen, auf die lange Bank geschoben. Selbst bei der Beihilfe zum Krieg nimmt man keine Rücksicht auf den Bürgerwillen.
So wünscht sich eine knappe Mehrheit von 52 Prozent der Bundesbürger einer aktuellen Umfrage zufolge eher Zurückhaltung bei internationalen Krisen.
41 Prozent wünschen sich ein stärkeres Engagement Deutschlands – allerdings bevorzugt diplomatisch (65 Prozent) statt militärisch (14 Prozent) oder finanziell (13 Prozent).
Die Bundesregierung ignoriert diesen Bürgerwillen, auf EU-Ebene findet sich davon auch nichts wieder. Nicht einmal das Europaparlament greift die Ängste der Bürger auf…
Watchlist
Stürzt Liz Truss? Die britische Premierministerin muss sich am Mittwoch einer hochnotpeinlichen Fragestunde im Parlament in London stellen. Nach der demütigenden Kehrtwende in ihrer Steuerpolitik kämpft Truss nur sechs Wochen nach Amtsantritt um ihren Posten. Ihre Umfragewerte und auch die der Konservativen Partei sind dramatisch abgestürzt…
Was fehlt?
Der Schutz der kritischen Infrastruktur. „Vorrang haben Schlüsselsektoren wie Energie, digitale Infrastruktur, Verkehr und Raumfahrt“, erklärte die EU-Kommission bei der Vorlage eines neuen Vorschlags. Innenkommissarin Ylva Johansson verwies auf die jüngsten Sabotageakte gegen die Bahn und gegen die Nord-Stream-Pipelines. Zu den schleppenden Ermittlungen sagte sie nichts… – Mehr dazu hier
hls
23. Oktober 2022 @ 09:29
Alle Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa, auch in Russland und in der Ukraine, sind eingeladen, ihr Europa zu wählen, ihre Meinung zu Demokratie, Rechtsstaat, Friedensunion und Krieg in der Ukraine zu äussern, eine Petition zu unterschreiben und ihre Freunde und Bekannten für ein neues, demokratisches, vielfältig kooperierendes Europa zu mobilisieren – auf http://www.our-new-europe.eu! – Eine virale e-demokratische, gewaltige gewaltlose Bürgerrevolte von Millionen Europäerinnen und Europäern überall in Europa muss die Regierenden in unseren Hauptstädten, auch in Moskau, Kiew und „Brüssel“ zwingen, den Willen ihrer Bürger nicht mehr länger zu missachten und zusammen mit ihnen bottom-up das europäische Friedensprojekt zu verwirklichen!
KK
19. Oktober 2022 @ 13:08
@ Holly01:
Ja, wer hätte das in seinen kühnsten Albträumen jemals für möglich gehalten, dass der Deutsche Bundestag mal einem Mann mit “standing ovations” huldigt, der offen einen Nazi und Kriegsverbrecher verehrt?
KK
19. Oktober 2022 @ 08:57
Die Überschrift täuscht, im Text erst wird es deutlich: Der Bürgerwille wird nicht „vergessen“, er wird – wie Baerbock in Prag ja unverhohlen zugegeben hatte – ganz bewusst ignoriert.
Ich gehe sogar noch weiter: Durch Aktionen der Bundesregierung zur Meinungsmanipulation (wie zB hier https://www.nachdenkseiten.de/?p=88936 und hier https://www.nachdenkseiten.de/?p=89213 beschrieben) wird die Verachtung der Wähler und deren freier Meinungsbildung deutlich. Da sind offenbar einige bei einem Klumpfuss aus Rheydt in die Lehre gegangen.
Genauso ist es mit den EU-Verträgen: Die sind das Papier nicht mehr wert, auf denen sie abgedruckt sind – und auch das liegt keineswegs an den gestiegenen Papierpreisen!
Von der Leyen wird als die Totengräberin der EU in die Geschichte eingehen, mit den aktuellen Regierungschefs und Chef“diplomaten“ wie Borell als Sargträger. Wenn nicht in Folge einer weiteren Eskalation sogar ganz Europa zurück in die Steinzeit transformiert werden wird.
Und aus der EU sollte auch niemand höhnisch auf den Zustand des UK nach dem Brexit blicken: Jeder kehr vor seinem eigenen Tor, da hat er Dreck genug davor!
Holly01
19. Oktober 2022 @ 08:17
@ KK:
Da kann man ja nun viel dazu sagen.
„Wir“ in der EU haben es uns ja in einer gemütlichen, gedanklichen Konstruktion gemütlich gemacht.
Die EU sorgt für den Ausgleich der Lebensverhältnisse in den Einzelstaaten.
Die EU ist eine Friedensinitiative.
Die EU ist auf fairen Handel ausgelegt.
Die EU Integration dient allen Mitgliedern.
Die EU ist so demokratisch wie es eben geht und so technokratisch wie notwendig.
Die EU strebt eine offene Gesellschaft im Inneren an, die offen nach Außen ist.
Alles so Kram eben.
Leider kann keines dieser Idealer auch nur einer oberflächlichen Prüfung stand halten.
Wenn Visegrad, Brexit und die Ukraine etwas bewirkt haben, dann das die inhaltliche Diskussion nötig geworden wäre.
Sie hat nur nie statt gefunden.
Visegrad bedient die Ängste der Staaten mit einer slavischen Ethnie. Es gibt eine Menge Klimmzüge in Bezug auf die Germanen und die Romanen, aber zu den Slawen?
Wollte man speziell in Deutschland nicht hören und war für z.B. Frankreich kaum relevant. Jetzt ist in Ungarn der Orban und in Polen der Kaczyński und trotz dieser Radikalisierung hört keiner zu.
Ja. „Wir“ bedauern was da bei den Balten und den Polen so läuft. Ganz toll.
Aber uns damit auseinandersetzen?
Selbst nach der Sprengung von NS1 und NS2 nicht.
Brexit?
Farage und im Endergebnis Johnson sind intellektuell Halbprimaten, ist so, aber die kommen ja in verantwortliche Positionen, weil man genau solche Leute zu dem Zeitpunkt da haben will.
Was war der Grund dafür das die Leute pro Brexit abgestimmt haben?
Warum wurde Johnson und jetzt Truss möglich?
Was passiert da im UK?
Inhaltlich völlig egal.
Truss und Johnson sind ja auch so „lustig“, da muss man nicht darauf eingehen.
Die Ukraine wurde möglich weil die USA da seit 1991 herumgemacht haben.
Aber.
1989 hatten die USA Russland komplett am Boden.
Die US Leute waren da überall.
Der Ostblock ist komplett zerfallen.
Warum? Warum ist es möglich das die USA eine Situation eingestellt haben, in der nur 3 Jahre später bereits am nächsten Konflikt gearbeitet wurde?
Warum haben die USA nie eine Verbindung der US dominierten Russischen Föderation und der EU betrieben?
Die hatten doch alles komplett unter Kontrolle und haben da überall ihre Leute eingesetzt.
Was ist nach 1989 mit Deutschland passiert, die Abwicklung der DDR und der Beitritt der DDR?
Das Truppenstatut?
Kein Friedensvertrag sondern nur der schmale 2+4 Vertrag, dem alle zustimmen mussten.
Diskussion? Reflektion?
Was passiert jetzt gerade? Nicht der Ukraine Krieg und nicht Corona, nehmen Sie das Theater mal aus dem Blickfeld.
WAS passiert gerade wirklich?
Diskussion? Reflektion?
Wir werden thematisch beschränkt und radikalisiert. Wer schreit hört nicht zu.
Jeder Gedanke abseits der Vorgaben ist wahlweise rechts, dumm oder direkt krank.
Sie dürfen ja nicht einmal mehr „bürgerlich“ sein.
Sie dürfen nicht einmal artikulieren, das Sie gar keine tiefen Veränderungen wünschen.
Wir wissen wir fahren vor eine Wand.
Wir wissen das es massivste Schäden geben wird.
Aber wir dürfen nicht darüber diskutieren.
Statt dessen verklagen 9 Kinder die EU.
Kinder.
Ja klar.
Die haben im Sandkasten gesessen und gesagt „“.
Ja was eigentlich?
Wie kommen Kinder auf einen Rechtsweg?
Mit einem Rechtssystem? Das diese Kinder wie erfassen? Intellektuell oder empathisch, aber doch bestimmt umfassend oder?
Das gelingt vielen Erwachsenen mit einer Menge mehr investierter Zeit ohne Ausbildung nicht im Ansatz.
Also wozu dieser mediale Mistkram?
Damit wir uns schuldig fühlen und nicht anfangen zu fragen und zu diskutieren.
Es macht jedenfalls keinen Sinn Meinungen auszugrenzen oder sich an Personen fest zu machen.
Diese Hampelmänner*innen sind genau da wo man sie hingebracht hat, weil man die da wollte.
Auch Melnyk war genau da wo man ihn haben wollte und der Bundestag hat standing ovations geliefert, als der auf der Gästetribüne saß.
Das sah für mich schon so aus, als wären da im Bundestag einige dankbar gewesen das der den Job gemacht hat, damit man „getrieben“ das tun konnte was man sowieso vor hatte.
„Jeder kehr vor seinem eigenen Tor, da hat er Dreck genug davor!“
Ja. Sollten wir wirklich.
Aber da sind so viele die die Besen verstecken.