Vom Brexit zum HU-Exit, Georgien wird bestraft – und Greta wird verboten
Die Watchlist EUropa vom 10. Oktober 2024 – Heute mit News und Analysen zum Streit um den ungarischen Regierungschef Orban, zur Demokratie in Georgien und zur Versammlungsfreiheit in Deutschland.
Das Europaparlament hat selten eine so erregte und destruktive Debatte erlebt wie mit Ungarns Regierungschef Orban. Nach der Vorstellung seiner EU-Politik kam es zu einem regelrechten Showdown. Orban sei korrupt und schade der EU, hieß es bei der Plenarsitzung in Straßburg.
Die Kommentare vieler (vor allem deutscher) Abgeordneter waren so vehement und hasserfüllt, dass an eine konstruktive Zusammenarbeit mit Orban kaum noch zu denken ist. Und genau hier liegt das Problem. Denn Orban führt nicht nur Ungarn, er hat auch den sechsmonatigen EU-Ratsvorsitz.
Als Ratsvorsitzender ist er Teil der EU-Institutionen. Als Regierungschef kann er einen Kommissar in die neue EU-Kommission schicken. Und natürlich kann er an Gipfeln teilnehmen und im Namen seines Landes versuchen, den Kurs mitzubestimmen. Bei der Ukraine gelingt ihm das nicht, bei der Migration durchaus.
Kein Widerspruch erlaubt
Das ist vielen EU-Politikern ein Dorn im Auge. Sie versuchen mit allen Mitteln, den Einfluß Ungarns zu begrenzen. Wenn sie konsequent wären, müssten sie den Ausschluss aus der EU fordern. Denn angeblich ist Orban-Ungarn ja ein Sicherheitsrisiko, das die „Souveränität“ gefährdet.
Doch das EU-Recht sieht keinen Rauswurf vor. Und einen HUNexit kann sich die Union so kurz nach dem Brexit nicht leisten. Das würde sie weiter schwächen und den autoritären Charakter der EU offenbaren: In Fragen von Krieg und Frieden lässt sie keinen Widerspruch mehr zu.
Was tun? Man behauptet, Orban spreche nicht für das ungarische Volk. Man versucht, Orban bei wichtigen Entscheidungen zur Ukraine zu übergehen. Mal gab es eine Kaffeepause, mal wurde Ungarn mit der wirtschaftlichen Vernichtung gedroht. Zuletzt wurden sogar Treffen in Budapest boykottiert.
Das EU-Recht wird ignoriert
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Doch das Problem ist immer noch da. Deshalb versucht es die EU nun mit einem neuen Trick: Man tut einfach so, als sei Ungarns Stimme nichts wert. Jüngstes Beispiel: Trotz eines Vetos aus Ungarn haben die EU-Staaten grünes Licht für einen bis zu 35 Mrd. Euro schweren Kredit an die Ukraine gegeben.
Rechtliche Bedenken wurden beiseite gewischt, meldet „telepolis“. Wenn das Schule macht, dann ist der EU-Vertrag das Papier nicht mehr wert, auf dem er gedruckt wurde. Und Ungarn wird de facto kein gleichberechtigtes Mitglied mehr sein. Es wäre ein HUExit durch die Hintertür…
Siehe auch Trump, Migration, Brexit: Wie Orban die Welt sieht
P.S. Orban will die EU übrigens nicht verlassen, sondern von innen heraus verändern. Genau das macht ihn aus Sicht der EU-Granden so gefährlich….
News & Updates
- Georgien wird abgestraft. Die EU will dem Beitrittskandidaten Georgien 121 Mill. Euro an Finanzhilfen streichen, weil das Land angebliche demokratische Rückschritte mache. Dies teilte die EU-Vertretung in Tiflis mit. Brüssel wirft der eigentlich proeuropäischen Regierung vor, mit einem Transparenz-Gesetz zur Offenlegung ausländischer NGOs und einem weiteren Gesetz zu LGBTQ gegen europäische Grundwerte zu verstoßen. Auch das Europaparlament sieht die Demokratie in Gefahr. Dabei wird in Georgien am 26. Oktober eine neue Regierung gewählt – wenn dem Volk der bisherige Kurs nicht passt, kann es sich ja eine andere suchen… Mehr zu Georgien hier
- „Historischer“ Ramstein-Gipfel platzt. Wegen des Hurrikans über Florida hat US-Präsident Biden seine Teilnahme am geplanten Ukraine-Gipfel in Ramstein abgesagt. Staatschef Selenskyj hatte zuvor „historische“ Entscheidungen versprochen – doch daraus wird nun nichts. Statt mit Biden muß er nun mit Kanzler Scholz vorlieb nehmen. Der will Selenskyjs „Siegesplan“ mit Angriffen auf russische Ziele aber nicht mittragen…
- Brüssel gegen Impfstoff-Transparenz. Die EU-Kommission ficht das Urteil eines EU-Gerichts an, wonach es Verträge mit Corona-Impfstoff-Herstellern zumindest teilweise offenlegen muß. Dies meldet „Politico“. Die von der Leyen-Behörde hatte sich schon gegen die Offenlegung von SMS gewehrt, die an Pfizer-Chef Bourla geschickt worden waren. Wenn es um Impfstoffe und die Milliardengeschäfte geht, will man keine Transparenz…
Das Letzte
Ist Greta T. gewaltbereit? Wegen eines geplanten Auftritts der schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg auf einer pro-palästinensischen Kundgebung ist ein Protestcamp an der Technischen Universität Dortmund abgebaut worden. Die Polizei hatte zuvor eine Verbotsverfügung erlassen. Der Besuch von Thunberg sei erst kurz vorher angekündigt worden und hätte eine erhebliche Veränderung des bislang friedlich verlaufenden Camps bedeutet, erklärte die Polizei Dortmund, die Thunberg als „gewaltbereite Teilnehmerin“ bezeichnete. Später wurde diese bizarre Einschätzung zwar zurückgenommen, doch das Verbot blieb bestehen. Das zeigt, wie man in Deutschland mit Demonstranten umgeht: Wenn sie für eine Sache eintreten, die die Regierung unterstützt – wie „Klima-Greta“ – ist alles in Ordnung. Wenn sie hingegen regierungskritisch sind und noch dazu auf Kriegsverbrechen Israels hinweisen, dann werden sie verbannt. Ähnlich war es zuvor schon dem früheren griechischen Finanzminister Varoufakis ergangen…- Mehr dazu hier
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european
10. Oktober 2024 @ 21:39
Orban lässt sich aber auch nichts gefallen und antwortet auf die schrillen Zurechtweisungen des Frollein Rottenmeier der EU mit Fakten, Zahlen und erinnert daran, dass die Kommission die Hüterin der Verträge sein sollte und nicht mehr ist. Und sie sitzt nur da mit ihrem versteinertem Gesicht.
https://youtu.be/5-k737ZhP3Q?feature=shared
Man darf gespannt sein, wie es weitergeht.
european
10. Oktober 2024 @ 10:08
Eine nicht demokratisch gewaehlte Praesidentin mit laufenden Strafanzeigen richtet ueber zutiefst demokratische Prozesse in einem Land, das nicht mal der EU angehoert.
Diese nicht demokratisch gewaehlte Praesidentin mit laufenden Strafanzeigen richtet ebenso ueber einen demokratisch gewaehlten Praesidenten eines EU – Mitgliedes, das sich traut, eine andere Meinung zu vertreten.
Ist das Satire?
„Gentlemen, There is something rotten in the Heritage Club!“
https://getyarn.io/yarn-clip/66d50919-e55d-47b0-8f98-e7a9070f341d
Arthur Dent
10. Oktober 2024 @ 09:34
Wirklich stichhaltige Gegenargumente hat das EU-Parlament nicht gegen Orban, nur billige Polemik. Lieder haben sie gesungen – vielleicht wären die Parlamentarier in einem Chor besser aufgehoben. Mir schwant, die Gefahr für die Demokratie geht nicht von Orban aus.
Und was Greta betrifft: Gibt es in Skandinavien keine Demos, weil sie immer nach Deutschland kommt? Augenscheinlich muss sie auch keiner geregelten Arbeit nachgehen, um ihre Brötchen zu verdienen. Den Mächtigen die Leviten zu lesen, waren schöne Inszenierungen, Show-Time fürs Volk. Für „Prima-Klima“ wird viel Geld von „unten nach oben“ umverteilt, mittlerweile wird jeder Liter Luft besteuert, den das Volk noch atmen darf. Hüte dich vor allen selbsternannten Weltverbesserern!
Shitkicker
10. Oktober 2024 @ 22:47
Muss einem nicht gefallen dass Ausländer für Ausländer in D demonstrieren. Dennoch ist das Recht es zu tun halt ein Jedermannsrecht und nicht, wie die Tage bei X jemand meinte, ein nur Deutschengrundrecht.
Selbst wenn dem so wäre, hätte die Thunberg als EU Bürgerin jedes Recht dazu hier zu demonstrieren und wenn man nunmal wohlhabend ist wie sie, auch die Möglichkeit sich den effektivsten Ort auszusuchen.
https://www.celebritynetworth.com/richest-celebrities/authors/greta-thunberg-net-worth/
Wie der Wert allerdings entstanden sein soll, wenn sie Bucheinkünfte spendete und für Auftritte nix berechnete, bleibt die Seite, entgegen vieler Anderer Beispiele, schuldig.
Mit dem Verbot hat die Polizei auch noch für sie ja letztlich a la Streisand mehr Aufmerksamkeit erreicht als das sonst wahrscheinlich passiert wäre.
Wird interessant zu sehen ob sie dagegen Rechtsschutz begehrt, eine konkrete Wiederholungsgefahr dürfte ja entgegen der Entscheidung zum Hooliganfall aus Dortmund wohl bestehen und auch die Frage wie es denn zur Einschätzung der Gewaltbereitschaft kam, im Lichte des aktuellen BVerfG Urteils zur Speicherung polizeilicher Merkmale würde mich interessieren.
Zudem, eine Demonstration sollte nach dem mir bekannten Maßstab des Gerichts erst dann auflösbar sein, wenn sie im Kern unfriedlich geworden ist. Wie das durch eine Person und dann auch noch durch ein Vorabverbot verwirklicht worden sei, man begreift es nicht.
Ansonsten d’accord mit der Meinung dass Klimaschutz nur zulasten der Armen ginge. Wird Zeit die abgeschalteten Kernkraftwerke wieder zu ertüchtigen, die ja jetzt dem Bund gehören, und diese zum Gemeinwohl zu betreiben.
Angefangen bei den ärmsten Haushalten, die ja weil am meisten zuhause den meisten Strom brauchen, entsprechend günstige Tarife anzubieten.
KK
11. Oktober 2024 @ 04:06
Wer wie die Dortmunder Polizei elf Polizisten und Maschinengewehrfeuer braucht, um einen völlig verwirrten traumatisierten 16jährigen Flüchtling mit einem Messer „unschädlich“ zu machen und so ins frühe Grab zu befördern, der hat wohl auch eine Höllenangst vor dem Mundwerk einer leicht autistischen selbstbewussten jungen Frau…
Shitkicker
11. Oktober 2024 @ 18:12
Ich muss mich leider korrigieren, natürlich ist Art. 8 GG ein Deutschengrundrecht.
Im Versammlungsgesetz wird es auf Jedermann erweitert, weswegen die Aussage dass nur Deutsche hierzulande demonstrieren dürften, so nicht korrekt war, die ich noch im Hinterkopf hatte.
Aber auch NRW hat ja nun seit 21, entgegen für die Covid Zeit wohl durchaus großer Demonstrationen, ein eigenes VersG beschlossen.
Interessant hierbei, entgegen dem §1 II VersG Bund fehlen im §1 II VersG NRW die Einschränkungen für Förderung Ersatzorganisationen verfassungswidriger Parteien, diese selbst sowie nach Art. 9 verbotene Vereine.
Aber ab §2 wird es augenscheinlich ekeliger, die grundsätzliche Ausdehnung des NRW Gesetzes auf nichtöffentliche Veranstaltungen in geschlossenen Räumen….immer wieder wow. Hoffentlich haben das alle bedacht die seitdem ihren runden Geburstag in NRW gefeiert haben.
@KK:
You’re on Point, nicht ganz Dortmund aber war da nicht letztens auch wieder der Fall wo unweit von dort die NRW Polizei meinte einen weiteren psychisch kranken, der mit Messer in beiden Händen, sich auf sie zubewegte erschießen zu müssen?
Das obwohl dort nicht nur jeder Polizist trainiert sein sollte gegen Messerangriffe non lethal vorzugehen, gerade zu zweit und mit Schlagstöcken, es mittlerweile bekannt sein musste, dass die meisten dieser „Täter“ unter verminderten Einsichtsfähigkeit leiden und in ihrer eigenen Welt die Polizei dann nur als Bedrohung wahrnehmen, nicht anders reagieren können, weshalb der Psychologische Dienst zu solchen Einsätzen immer mit ausrücken, die Polizei nur aus Distanz absichern sollte.
Nein, die Unterziehstichschutzweste gehört auch noch zur Standardausrüstung der Polizei in NRW für jeden von Reuls „Jungs“, wie er sich mal im Interview ausdrückte.
https://polizei.nrw/artikel/schutzwesten-bei-der-polizei-nrw
Und sie hätten, insoweit schon erhalten, auch auf der Einsatzfahrt dorthin die noch höherwertigen Panzerplattenwesten, anlegen können, wo auch Hals, Intimbereich noch mit schützbar scheinen.
Erschloss sich mir also schon nicht, wie es in dem Fall auch eine, den (tödlichen) Einsatz der Dienstwaffe rechtfertigender Umstand war.