Eskalation ohne Ende, Orban bei Scholz – und ein neuer Europa-Trend

Die Watchlist EUropa vom 10. Oktober 2022 –

Heute beschäftigen wir uns mit der Eskalation in der Ukraine, den Protesten in Iran und der drohenden neuen Flüchtlingskrise in Europa. Außerdem geht es um den Besuch von V. Orban in Berlin – und um die Niedersachsen-Wahl, die einen traurigen EUropa-Trend bestätigt.

Die EU-Staaten wollen künftig rund 15 000 ukrainische Soldaten ausbilden. Es gebe eine entsprechende Einigung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK), erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus EU-Kreisen. Im PSK kommen die Botschafter der EU-Staaten unter dem Vorsitz des Auswärtigen Dienstes der EU zusammen. Die Entscheidung muss noch formell von den EU-Ländern bestätigt werden. Außerdem ist eine Ausweitung der EU-Hilfen für den Waffenkauf geplant.

Weil das ukrainische Militär sich in den vergangenen Jahren vor allem auf die defensive Abwehr russischer Angriffe vorbereitet hatte, messen Fachleute dem Erlernen von Offensivfähigkeiten eine besondere Bedeutung bei: Es sei, wird ein Experte zitiert, wie wenn man „einen Torhüter zum Stürmer“ mache.

German Foreign Policy

All dies zeigt, dass die EUropäer weiter auf eine Fortsetzung und Eskalation der Kämpfe setzen – ungeachtet der wachsenden Atomkriegs-Gefahr. Bisher hat sich die EU nicht einmal zum Risiko eines Atomschlags auf europäischem Boden geäußert; auch die Forderung nach einem „Präventivschlag der Nato“ blieb unkommentiert. – Mehr dazu hier. Zum Angriff auf die Krim-Brücke und seinen möglichen fatalen Folgen hört man in Brüssel übrigens auch nichts...

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Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts der anhaltenden Proteste im Iran Sanktionen angekündigt. “Wir werden dafür sorgen, dass die EU die Verantwortlichen dieser brutalen Repressionen mit Einreisesperren belegt und ihre Vermögen in der EU einfriert”, sagte die Grünen-Politikerin der “Bild am Sonntag“. Allerdings sind Sanktionen im Iran längst ausgereizt. Wir sollten lieber die Lockerung von Sanktionen anbieten, wenn es Reformen gibt. Das würde den Frauen viel mehr helfen und neue Hoffnung wecken…

Die EU-Kommission lobt die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge. Doch in Wahrheit sind die meisten EU-Länder mit der Unterbringung überfordert. Zudem kommen nun wieder mehr Migranten über die Balkanroute, die Türkei schickt sie offenbar gezielt auf die Reise nach Deutschland, Serbien winkt sie durch. Doch die EU-Kommission drückt beide Augen zu – die sich anbahnende neue Flüchtlingskrise erwähnt EU-Kommissarin Johansson mit keinem Wort. Für Brüssel sind nur Russland und Belarus am wachsenden Migrationdruck Schuld! – Mehr hier

Watchlist

Was haben sich Kanzler Scholz und Ungarns Regierungschef Orban noch zu sagen? Dies dürfte sich bei einem Besuch Orbans am Montag im Kanzleramt zeigen. Im Mittelpunkt sollen nach Angaben von deutscher Seite die Reaktionen auf den Krieg gegen die Ukraine stehen. Der rechtsnationale ungarische Regierungschef wettert seit Monaten gegen die Sanktionen, die die EU gegen Russland verhängt hat – stimmte am Ende jedoch immer zu. Doch was ist, wenn Orban doch noch ernst macht und “Nein” sagt? Will ihn Scholz dann aus der EU werfen? Vermutlich versucht er es mit (mehr oder weniger) sanftem Druck…

Was fehlt

Die Wahl in Niedersachsen. Abgesehen vom (relativen) Sieg der SPD unter Regierungschef Weil mit 33 Prozent der Stimmen bestätigt sie einen neuen Europa-Trend: Die mit Abstand stärkste Partei war mit 39 Prozent die Partei der Nicht-Wähler. In Frankreich und Italien war es genauso. Verlieren die EUropäer das Vertrauen in die Demokratie – oder nur” in die etablierten Parteien?