Es begann mit Wut auf Deutschland
Es geschah Anfang März: Deutschland ignorierte die HIlferufe aus Italien und Spanien, die Coronakrise begann mit Verzweiflung und Wut auf Kanzlerin Merkel. Mittlerweile wird Merkel in Rom und Paris gefeiert… – Teil 3 unserer Sommerserie mit den besten Blogposts aus 2020.
Repost vom 10.03.2020
Warum handelt die EU nicht entschiedener und solidarischer gegen die Coronavirus-Krise? Viele Beobachter geben Deutschland die Schuld – Kanzlerin Merkel sei führungsschwach und stehe auf der Bremse.
Irgendwie erinnert das Ganze an die Eurokrise. Schon damals gaben viele Merkel die Schuld, weil sie eine entschiedene Antwort der EU verhindere.
Ganz ähnlich läuft es nun in der Corona-Krise. Zuerst kam der Vorwurf, dass Deutschland den Export von medizinischer Schutzkleidung verbiete.

Nun warnen Beobachter davor, dass das größte EU-Land eine fikalpolitische Antwort (also ein Konjunkturprogramm) verzögere und so eine Wirtschaftskrise riskiere. So z.B. Bloomberg:
Anyone expecting Germany to ride to the rescue of Europe’s economy will have to be patient. Increasing global pressure and 1,000 coronavirus cases there — including the first two deaths — still weren’t enough to convince politicians to unleash a major stimulus to protect growth, and that reticence may endure.
Die Warnung kommt nicht unerwartet. Schon vor einer Woche hatte Frankreichs Finanzminister Le Maire bei einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Scholz mehr Action gefordert.
« Les mesures de politiques budgétaires sont nécessaires dans un monde où les marges de manoeuvre de la politique monétaire sont réduites », selon lui. « Ce n’est pas le moment de trop compter les moyens mis à disposition
Nachdem Scholz “Nein” sagte, richten sich nun alle Augen auf Kanzlerin Merkel. Das größte EU-Land soll mit gutem Beispiel voran gehen und endlich Geld in die Hand nehmen, so die Forderung.
Doch Berlin kleckert, statt zu klotzen. Gerade ‘mal eine Milliarde will die Bundesregierung locker machen – aber nur für die deutsche Wirtschaft. Für Italien oder die EU gibt es kein frisches Geld.
#Corona sei eine Herausforderung, so @rbrinkhaus. Aber: sei hier besser als andere Länder aufgestellt. „Wir sind in der Lage, auch wirtschaftliche Hilfen auf den Weg zu bringen. Hier hat sich solide Haushaltspolitik ausgezahlt.“ #CoronaVirusDE #COVID19 pic.twitter.com/X2tTkGt8Hl
— CDU/CSU (@cducsubt) March 10, 2020
In Brüssel kommt das nicht gut an. Merkel sei führungsschwach und stehe auf der Bremse, kritisieren Diplomaten. Wenn Deutschland nicht vorangehe, drohe der Eurozone eine Rezession.
Das ist zwar etwas einseitig, denn auch EZB-Chefin Lagarde hat noch nichts unternommen – sie hält wohl ihr Pulver trocken. Und die EU will nun immerhin 25 Mrd. Euro locker machen.
Doch wenn Deutschland weiter geizen und Sofortmaßnahmen der EU behindern sollte, wird die Wut auf Merkel wachsen. In Italien und Frankreich ist sie schon jetzt mit Händen zu greifen…
Siehe auch “Corona-Krise: Die EU versagt” und “Nun werden Grenzen abgeriegelt”
P.S. Auch in der Schweiz ist man wütend auf Deutschland. Warum, das beschreibt sehr schön Fefe in seinem Blog, unbedingt lesen (Tue Mar 10 2020)!
Rudolf Schwinghammer
3. August 2020 @ 08:37
hallo Herr Bonse
Ohne Deutschland-bashing gehts bei Ihnen nicht. Italien und Frankreich sind für ihre Probleme weitgehend selbst verantwortlich. Die Italiener sollten einmal aufrichtig und
ehrlich die Steuerflucht bekämpfen, was noch nie trotz ständiger Versprechen ( combattere
l`evasione fiscale ist in jedem ihrer Budgetentwürfe enthalten) noch nie ernsthaft angegangen worden, stattdessen ständige Forderungen an die EU ( flessibilità)
und Drohungen ( Euro-Ausstieg, Parallelwährung à la minibot).
Nur zur Klarstellung: habe 20 Jahre in Italien gelebt., kenne die Mentalität.
Zu Frankreich: ein gescheitertes Land, das mit Notstandsgesetzen lebt und im Bürgerkrieg versinkt und so wie Italien eigentlich bankrott ist, aber die 35 Stunden- Woche und Pensionsantritt mit 60 Jahren „genießt“.
Ich lese schon seit einiger Zeit Ihre „Analysen“, die stets deutschlandkritisch und unfair
sind, aber als EU-Lobbyist werden Sie hoffentlich gut dafür entlohnt.
Solche Töne wie Ihre werden sie bei italienischen Journalisten, „Ökonomen“ und Politikern kaum finden. Da herrscht ein oberflächlicher Nationalismus ( „sacro egoismo“
noch aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg wohlbekannt, existiert aber noch heute) vor.
Zuletzt hatt noch der italienische Staatspräsident Mattarella die Frechheit, öffentlich Geld von Deutschland zu fordern. Aber er ist ja Sizilianer, dort ist man „assistenzialismo“, zu
deutsch auf Kosten anderer zu leben, gewohnt.
Deutschland finanziert den Club med schon genug und jetzt noch die Schuldenvergemeinschaftung dazu. Wetten, daß diese eine Dauereinrichtung werden wird? Aus Frankreich und Italien kommen schon diesbezüglich die ersten Andeutungen.
Deutschland tut genug.
ebo
3. August 2020 @ 11:10
Haben Sie bemerkt, dass es sich um ein Repost aus dem Frühjahr handelt? Heute wird Merkel umjubelt. Schade nur, dass es so lange dauerte, bis sie den “Aufbruch für Europa” wagte – der stand nämlich schon im Koalitionsprogramm 2017
European
3. August 2020 @ 15:35
Das ist tatsächlich eines der Talente von Angela Merkel. Abwarten, bis sich ein Trend entwickelt, den man positiv für sich nutzen kann, sich dann davor setzen und alle Welt glauben lassen, dass es ihre Idee war und die Lobeshymnen für sich kassieren.
Derweil konnte Macron sich die Socken heiß laufen mit seinen Ideen für “la souveraineté d’Europe”
https://www.france24.com/fr/20170926-direct-emmanuel-macron-grand-discours-europe-union-europeenne-merkel
Ich denke, dies hier war dabei sein K.O. Konvergenz statt Wettbewerb. Da hätte la Merkel ja den Rückwärtsgang einlegen müssen. Der Wettbewerb der Länder (der ja nicht geht bzw. den es nicht geben kann) ist ihr Kernanliegen. Die französische Putzfrau tritt gegen die Deutsche und gegen die Italienerin an.
Oder so.
“Wir brauchen ein einfacheres, effizienteres, transparenteres und weniger bürokratisches Europa”, befürwortete der französische Präsident. Der Binnenmarkt muss wieder zu einem Raum der Konvergenz und nicht des Wettbewerbs werden. ” Dies erfordere einen Binnenmarkt, “der einfacher und schützender ist und mit einer überarbeiteten Handelspolitik verbunden ist, um Transparenz bei Verhandlungen, Achtung der sozialen und ökologischen Anforderungen und Gegenseitigkeit zu gewährleisten”.
European
3. August 2020 @ 14:31
Herr Schwinghammer, warum haben Sie dann so lange in Italien gelebt, wenn es doch so furchtbar war. Sie kennen DIE Mentalität – Welche denn? Die des Nordens oder des Südens, Sizilien oder Ligurien, Campania oder Venezia? Die FAZ hat auch einen Redakteur, der nicht müde wird, die fürchterlichen Italiener in seinen Artikeln zu denunzieren. Gleichzeitig lebt der gute Mann in Rom. Warum dieser Masochismus?
Die Südländer sind alle faul und mafiös und die Deutschen sind alle Nazis.
Ich finde, dass uns solche Plattitüden einfach nicht weiterhelfen. Deutschland hat mindestens seit der Finanzkrise, eigentlich sogar schon vorher, sehr gut von den anderen gelebt und da wird es Zeit, dass durch diese Coronahilfe wenigstens ein kleiner Teil zurückgegeben wird. Nicht jede Wahrheit über Deutschland ist gleich ein Bashing.
Lohndumping, Exportüberschüsse, Schwarze Null, Austerität, Sparen – ohne zu klären, wer dafür die Schulden macht, Ausbeutung der Osteueropäer im Baugewerbe, Fleischverarbeitung, Pflege uvm. Ein „Erfolgskonzept“, dass ohne Ausland nicht einen einzigen Tag bestehen kann. Wer dieses Rezept predigt, muss sich die Überprüfung auf Machbarkeit gefallen lassen.
Nicht mal Deutschland bekommt die Steuerflucht in den Griff. Die Schwarzarbeit ist so hoch wie nie, insbesondere seit der Einführung der Niedriglöhne. Die Eurozone allein hat 3 Steuerparadiese, Luxemburg, Niederlande, Irland. Die sparsamen 4 wurden angeführt von wem? Die Niederlande, die den anderen, insbesondere den Südländern jährlich Milliarden rauben.
Selbst Deutschland kann nicht alle Mittel abrufen. Zu Tode gespart. In den Ämtern befinden sich keine Ingenieure mehr, die solche Anträge bearbeiten können, geschweigedenn andere Tätigkeiten vornehmen können. Vor Corona betrug der Investitionsstau ca. 500 Mrd. Euro, weil Frau Merkel, die Regel I vor S, also erst Investition und dann Sparen mal eben herumgedreht hat und nun S vor I machen möchte.
Also mal schön den Ball flach halten.
Holly01
2. August 2020 @ 14:08
Das ist nicht ganz im thread, aber es geht ja auch um Maßnahmen und Vergleichbarkeit selbiger.
” https://braveneweurope.com/heiner-flassbeck-how-to-create-unemployment-and-deflation ”
Wieso kommt eigentlich niemand auf die Idee den Firmen und den Arbeitnehmern, die Sozialabgaben zu erlasse.
Die übernimmt dann temporär der Staat.
Der Konsum wäre gestärkt.
Die Beschäftigung würde gestützt.
Die Maßnahme bringt nur Forteile für Arbeitgeber und ist nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze wirksam, was Hochverdiener automatisch eingrenzt.
Manchmal frage ich mich schon was die im Wirtschaftsministerium eigentlich hauptberuflich machen …..
vlg
Holly01
2. August 2020 @ 12:49
Um Fr. Merkel zu verstehen, kann man ein Interview von Gaus-Merkel googeln. Damals war sie noch jung in den Ämtern, da gibt es noch Körpersprache und die Augen drehen noch weg, wenn sie unaufrichtig wird. Auch die Mimik ist damals noch lesbar.
2-3 Mal unter verschiedenen Aspekten schauen und man kann vieles besser einordnen.
vlg