Nun werden Grenzen abgeriegelt
Die EU hat eine koordinierte, “europäische” Antwort auf die Coronavirus-Krise versprochen. Doch davon ist weit und breit nichts zu sehen. Nun werden die ersten Grenzen abgeriegelt.
So hat Österreich einen “Einreisestopp” für Italien verhängt. Seit Dienstagfrüh gilt für Italien volle Reisewarnung, meldet der “Standard”.
Kurz darauf folgte Slowenien. Der Nachrichtenagentur STA zufolge wird die Grenze für nichtgewerblichen Verkehr geschlossen, für Frachtverkehr dagegen offen bleiben.
Auch Polen greift hart durch – und hat “Gesundheitskontrollen” an seinen Außengrenzen eingeführt. “Wir sind die Ersten”, heißt es stolz in Warschau.
Weitere Länder dürften folgen. Doch das Schengen-System der Reisefreiheit soll nicht eingeschränkt werden, heißt es unverdrossen in Brüssel.
Derweil hat das Europaparlament, das in Brüssel tagt, seine Plenartagung auf einen Tag verkürzt. Abstimmungen finden nicht mehr statt.
Neben der Reisefreiheit wird also auch die Demokratie eingeschränkt. Doch die Abgeordneten diskutieren munter weiter über “außergewöhnliche Maßnahmen”…
Am Nachmittag ist auch eine Art Video-Gipfel der Staats- und Regierungschefs angesetzt. Dann wird man sehen, ob es eine “europäische Antwort” gibt…
Siehe auch “Rezessionsangst wg. Coronavirus: Brüssel prüft und prüft und prüft…”
P.S. Nun werden auch Flüge aus Belgien und Großbritannien nach Italien gestrichen. Über den Wolken ist die Freiheit nicht mehr grenzenlos…
More than twelve hours ago the prime minister of Italy, an EU Member State, announced unprecedented measures for the Country and for the population.
— Marco Bresolin (@marcobreso) March 10, 2020
After 12 hours, not a single word from @vonderleyen and from @eucopresident.
The European Union is not a community
Kleopatra
11. März 2020 @ 08:32
Einschränkungen des Reiseverkehrs sind nun einmal Maßnahmen, die eine Ausbreitung einer Epidemie verlangsamen können. Und durchsetzen lassen sie sich am einfachsten an existierenden Grenzen zwischen Rechtsgebieten oder territorialen Zuständigkeiten. Da die EU weder die Zuständigkeit für derartige Notmaßnahmen hat noch die Möglichkeit, sie durchzusetzen, bleiben zunächst die Nationalstaaten und die Grenzen zwischen diesen. Aber auch Provinzgrenzen sind plausible Grenzen der Bewegungsfreiheit; jedenfalls werden es in der Regel aus praktischen Gründen keine Grenzen sein, die nicht bereits gegenwärtig existieren. (Italien hat ja auch die Bewegungsmöglichkeiten innerhalb seines Staatsgebietes eingeschränkt. Warum soll dann das Recht auf ungehinderten Grenzübertritt mit Verweis auf einen ominösen “Schengen-Besitzstand” tabu sein?)
“Schengen” war nie als Verbot gerechtfertigter Notmaßnahmen intendiert. Wer es heute dagegen ins Feld führt, wird es nur langfristig diskreditieren; ich möchte doch hofffen, dass der Kommission etwas besseres als eine freischwebende Grundsatzdiskussion einfällt. Mich persönlich haben übrigens die Grenzkontrollen zwischen den EU-Ländern, an die ich mich noch gut erinnern kann, nie gestört; aber ich bin natürlich als EU-Bürger privilegiert – irreguläre Migranten profitieren von fehlenden Grenzkontrollen wirklich.
Hat übrigens das Europäische Parlament wenigstens über die Frage, ob es seine Abstimmungen verschiebt, abgestimmt? Andernfalls ist es ein Muster ohne Wert. (Schlimmstenfalls könnte man diese Frage schriftlich klären).
Radikale Maßnahmen haben zwar vielleicht mehr eine psychologische als eine tatsächliche Wirkung; aber die erstere ist nicht zu unterschätzen, schon weil sie den Menschen zeigt, dass die Regierung die Lage ernst nimmt. (Wenn eine Regierung eine Entscheidung trifft wie z.B. Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern in geschlossenen Räumen zu verbieten, nimmt sie dadurch gleichzeitig von den einzelnen Veranstaltern den psychischen Druck, dies im Einzelfall ohne vernünftige Informationen auf eigenes Risiko zu entscheiden). Die deutsche Bundesregierung wirkt gegenwärtig im Vergleich zu anderen europäischen Regierungen wie ein Haufen feiger Trottel. Und das ist die unmittelbare Auswirkung des Charakters ihrer Chefin, die für beides ein Schulbeispiel abgibt.
ebo
11. März 2020 @ 08:53
Alles richtig. Doch man sollte wenigstens so ehrlich sein und sagen, dass Schengen an einigen Grenzen ausgesetzt ist. Unser Gesundheitsminister Spahn tut immer noch so, als sei dies nicht der Fall und auch gar kein Thems…
Kleopatra
11. März 2020 @ 09:28
An der deutschen Grenze zu Österreich ist Schengen ohnehin bereits seit dem Flüchtlingsherbst ausgesetzt. Da ändert sich wenig, wenn ein neuer Grund dazukommt.
Holly01
10. März 2020 @ 13:30
Bei einem Virus, das bei dem weit aus größten Teil der infizierten keine Symptome verursacht, kann man die Ausbreitung nur verlangsamen nicht stoppen.
Der Krankheitsverlauf ist um so schlimmer, je mehr Viren die Infizierung auslösen. Also wenn eine Quelle da ist, dann ist das (bis auf die Risikogruppen) relativ ungefährlich.
Wenn es aber dutzende Quellen sind, weil die Ausbreitung sehr schnell geht und viele Infizierte auf die Gesunden” treffen, dann sterben auch Menschen die bei langsamer Ausbreitung gar kein erhöhtes Risiko hätten.
Darum machen flächendeckende Atemschutzmasken auch Sinn. Die schützen nicht den Träger, aber die Umgebung.
Die einzige Frage lautet: Können wir die Ausbreitung in die Länge ziehen und damit den Druck unten halten. Wenn ja, dann kann man akute Verläufe auch vernünftig behandeln.
Also machen die Hamsterkäufer es durchaus richtig (wenn die Mengen zur Eigenversorgung angemessen sind). Denn es wird der Punkt kommen, wo so viele Leute wie möglich einfach zu Hause bleiben sollten. Es wäre auch übel, wenn die Leute, die nicht finanziell dazu in der Lage sind Vorräte aufzubauen, dann im akuten Fall, vor leeren Regalen stehen würden.
So werden lokal Vorräte angelegt. Vom Staat kommt ja nichts und die Nachfragewelle wird flacher und (hoffentlich) handhabbar.
Wie wäre es denn mit H4 Sonderzahlungen? … oder haben diese Menschen kein Recht ab Vorsorge?
Genau so etwas unterstützt die rechte Propaganda. Die breite Masse würde immer im Stich gelassen. Jetzt könnte man dagegen etwas tun.
Wo ist denn gerade die Sozialpolitik? Komisch, Steuersenkungen für Reiche gehen immer?
Schade das deutsche Politik so bereitwillig alle Klischees bedient und nie müde wird sich als so asozial zu präsentieren, wie man sie oft einschätzt.
…
vlg
Holly01
10. März 2020 @ 15:42
Wer morbide Gelüste verspürt, der kann diesen hervorragenden Artikel lesen.
Da sind massig Infos drin:
” https://www.heise.de/newsticker/meldung/Zahlen-bitte-3-4-Coronavirus-Fallsterblichkeit-False-Number-4679338.html ”
vlg