“Erdogan ist wie Putin, nur mächtiger”
Doch, es gibt auch noch andere Türken in Brüssel. Bei einer Veranstaltung der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung kamen Vertreter der Zivilgesellschaft zu Wort – sie warnen vor Präsident Erdogan.
“Bitte zitieren Sie mich nicht, ich bin in Gefahr”, eröffnete eine türkische Forscherin den Dialog. Seit den Protesten im Gezi-Park werde sie von den Behörden verfolgt.
Dabei war das, was die EU-Expertin dann sagte, noch harmlos. Die Flüchtlingskrise sei eine Chance für die Türkei, wieder mit der EU ins Gespräch zu kommen – und wieder europäischer zu werden.
Diese Hoffnung hat ein Journalist der kürzlich von Erdogan geschlossenen Zeitung “Zaman” längst verloren. “Erdogan ist wie Putin, aber mächtiger, denn er kann der EU schaden”, sagt er.
Wenn Kanzlerin Merkel ihren umstrittenen Deal mit Erdogan schließt, müsse sich Europa auf Flüchtlinge aus der Türkei und den Kurden-Gebieten einstellen, warnt der Journalist.
Durch die Terroranschläge werde die Lage noch schlimmer werden, so der Tenor. Denn im Namen der Sicherheit werden die Freiheitsrechte weiter beschnitten…. Mehr zur Türkei hier
Der Aufschrei von türkischen Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und manchen EU-Parlamentariern war zu erwarten. Faktum ist: die EU hat, von Ausnahmen abgesehen, eine nur sehr beschränkte politische Aufnahmewilligkeit für Kriegsflüchtlinge. Eine Sicherung der Außengrenzen kann sich daher nicht auf die legale Einreise von Flüchtlingen beschränken sondern muss auch die legale Einreise kontingentieren. Das mag im Widerspruch mit der geltenden Flüchtlingskonvention stehen, ist aber unter den gegebenen politischen Umständen unvermeidbar. Daher bedarf es der Zusammenarbeit mit der Türkei, deren Aufgabe darin bestehen muss, den Flüchtlingsstrom soweit wie möglich bereits an der Quelle (Einreise aus Syrien in die Türkei) zu reduzieren oder im Land zu halten. Die Zusammenarbeit mit der Türkei muss staatspolitisch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit beurteilt werden, nicht, ob sie europäischen Werten, was immer die in der Praxis gelebten sein mögen, entsprechen. Eine Wertediskussion müsste bei der fairen Verteilung der Flüchtlinge in Europa ansetzen, nicht bei der Beurteilung, ob die Türkei dem Wertestandard der EU entspricht, was sie, und das ist nicht neu, nicht tut. Es ist verlogen, von europäischen Werten zu sprechen, wenn manche Mitgliedsländer sich nach wie vor vehement einer fairen Verteilungsnotwendigkeit entziehen und damit europäischen Werten Hohn sprechen.