G-7 oder G-8? Tusk wählt nach Zahlen!
US-Präsident Trump will wieder G-8-Gipfel mit Russland abhalten – doch die EU ist dagegen. Die 7 sei eine gute Zahl, sagte Ratspräsident Donald Tusk kurz vor dem G-7-Gipfel im kanadischen La Malbaie.
Was für ein bescheuertes Argument! Die 6 (G-7 ohne Trump) ist auch eine gute Zahl, und die 3 erst! Denn in Wahrheit sind es nur drei EU-Staaten, für die Tusk spricht. Italien hat sich genau wie Trump für Russlands Rückkehr ausgesprochen.
Und dafür gibt es gute Argumente. Erstmal gab es die G-8 schon einmal, da hat Tusk auch nicht an der Zahl ‚rumgemeckert. Außerdem wird Russland in vielen Fragen gebraucht – Syrien, Iran, Klima, um nur drei zu nennen.
Beim Iran und beim Klima steht Russlands Putin den Europäern viel näher als Trump. Nur bei der Krim und der Ukraine-Frage gibt es weiter Zoff. Doch das gehört ins Normandie-Format, es kann keine ewige Ausrede sein.
Natürlich gibt es auch gute Gründe, Trumps Russland-Trick zu mißtrauen. Offenbar will er die EU spalten – was im Fall Italiens ja schon gelungen ist. Vielleicht will er mit Putin auch eine Achse der Autoritären bilden.
Deshalb wär die beste Lösung weiterhin, die G-7 und die G-8 ganz aufzugeben und stattdessen die G-20 auszubauen, wo sowohl Russland als auch China mit dabei sind. Doch auch das hat Tusk nicht vorgeschlagen.
Lieber nimmt er wohl Rücksicht auf die kalten Krieger in seiner Heimat Polen. Aber warum machen Kanzlerin Merkel und Präsident Macron diesen Unsinn mit? Warum sind sie überhaupt nach La Malbaie gereist?
Siehe auch „Die Krim wird zum Vorwand für jeden Unsinn“ (auch für das Festhalten an der G-7) und „Ziemlich beste Feinde“ (darin habe ich bereits vorgeschlagen, die EU könne Russland einladen…)
Peter Nemschak
9. Juni 2018 @ 21:42
Trump ist am effektivsten innenpolitisch zu fassen. Eine Allianz der EU hinter den Kulissen mit den amerikanischen Wirtschaftsinteressen ist die effektivste Möglichkeit ihn einzubremsen. Abgesehen davon gilt es, nach wie vor aus der Vergangenheit bestehende Wirtschaftshemmnisse zwischen der EU und den USA zu beseitigen. Die EU muss. das amerikanische Regierungssystem ausnützend, in zwei Angriffskolonnen vorgehen: aggressiv gegen den Präsidenten und konziliant in Richtung US-Kongress mit dem Ziel sich mit diesem zu arrangieren und den Präsidenten im Rücken angreifen. Es geht wie so oft um materielle Interessen. Für die Öffentlichkeit darf es nur Gewinner geben, um hard feelings zu vermeiden.
Peter Nemschak
9. Juni 2018 @ 10:17
Ich hoffe, dass dem einen oder anderen Europäer aufgefallen ist, dass Trump sie wie Tanzbären am Nasenring führt. Trump ist es völlig egal, ob Russland dabei ist oder nicht. Er wollte bloß herausfinden, wohin die europäischen Sympathien tendieren und wo er in Zukunft Schwachpunkte ausnützen kann (ein typisches Verhalten unter Geschäftsleuten). Den USA geht es ausschließlich um ihre eigene machtpolitische Positionierung gegenüber China und Russland. Sie haben erkannt, dass sich die wirtschaftlichen und politischen, im Ansatz auch militärischen Gewichte (rasche Aufrüstung Chinas !) in den letzten Jahren zu ihren Lasten verschoben haben und müssen handeln, wenn sie gegenüber China und Russland nicht ins Hintertreffen geraten wollen. Für sie ist und bleibt die EU ein Juniorpartner, der in seinen Werten den USA näher als Russland und dem kulturfremden China steht und, sich politisch, gemessen an seinen institutionellen und militärischen Möglichkeiten, weit überschätzend in einer geopolitischen Traumwelt lebt. Es sind die USA, welche den Europäern, die keine durchsetzbaren Alternativen besitzen, die Bedingungen vorschreiben können. So unterschiedlich sind die langfristigen Interessen der USA und Europas im Grunde nicht: Einhegung russischer Macht im Osten Europas und im Mittleren Osten. Welche Macht hat die EU, das Minsker Abkommen durchzusetzen und die territoriale Integrität des ukrainischen Staates zu garantieren ? Wo ist das Interesse der EU an einer Fortschreibung des löchrigen Iran-Abkommens, nur weil die EU bei seiner Entstehung eine führende Rolle gespielt hat? Wie bei Individuen gibt es auch bei Staaten gekränkte Egos. Die EU hat ein solches. Die emotionale Reaktion Macrons, zuletzt auf Trumps Zollpolitik, spricht Bände. Japan kann kein Interesse am Rückzug der USA aus Korea haben und damit chinesischer Machtentfaltung im Fernen Osten voll ausgesetzt zu sein. Die USA zeigen ihren Verbündeten, wer das Sagen hat und dass sie sich hinter dem Flaggschiff USA gefälligst einzuordnen haben, und, dass sie einen Preis dafür zahlen müssen, im amerikanischen Geleitzug mitgenommen zu werden. Wirtschaftlich stark genug sind sie allemal, um ihn bezahlen zu können. Trumps größtes Risiko, das in seiner narzisstischen Persönlichkeit begründet ist, ist die Überdehnung amerikanischer Macht. Es wird am amerikanischen Kongress liegen Grenzen zu setzen. Sonst verkehrt sich America First ins Gegenteil.
ebo
9. Juni 2018 @ 10:42
@Nemschak Die EU kann man nur deshalb „am Nasenring“ vorführen, weil sie keine starke Position hat. Was Russland betrifft, so gibt es seit Jahren nur den Minimalkonsens, dass die Sanktionen nicht aufgehoben werden dürfen, solange „Minsk“ nicht umgesetzt wurde. Dass die Ukraine „Minsk“ ebenfalls nicht umsetzt, spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie die florierenden Geschäftsbeziehungen Deutschlands oder Österreichs mit Putin. Es ist eine schizophrene Position, die den ureigenen Interessen Europas schadet, wie man mittlerweile auch in der FDP und in der SPD erkennt. Die USA hingegen haben alle ihre ziele erreicht. Sie haben Russland über die Anbindung der Ukraine geostrategisch geschwächt, und sie haben die Europäer in einen Dauerkonflikt verwickelt, der ihre Kräfte womöglich noch 50 Jahre binden wird. Deshalb können sie es sich nun auch wieder leisten, mit Putin zu spielen – wobei der militärisch-industrielle Komplex in den USA unverändert auf Aufrüstung und Aggression setzt, während Trump die Tanzbären-Nummer spielt…
OttoH.
9. Juni 2018 @ 07:34
Trump, Merkel, Macron, May, Tusk und Juncker… oh mein Gott, solche Menschen bestimmen ueber unser Schicksal !
(Ueber die Rollen von Conte, Abe, Trudeau weiss ich zu wenig)
supergirl
9. Juni 2018 @ 00:42
Das Format G7 ist aufzuführen; die starken Hengste, welche Putin ausschlossen.
Das Format G7 ist aufzuführen in Problemstaaten wie Italien, Frankreich, GB und mit diesen auch D, Zusätzlich Kanada, Japan und USA.
Macron tönt laut: die USA sind ggf. auszuschließen
Trump will ggf. die Russen einbeziehen
Putin will sich auf dieses Format nicht mehr einlassen.
Die eu hat sich mit dem Wert, den diese hinter G7 per twitter offensichtlich noch vermutet, lautstark bis proletarisch auf das Treffen mit Trump vorbereitet.
Die ganze Welt schaut auf diese Truppe; schaut auf Macron und sieht das make-up des frz. Präsidenten; keiner war seit langem so gut geschminkt, wie dieser