Ein Herz für Deutschland

Der Zypern-Deal hat der Bundesregierung scharfe Kritik eingetragen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Euro-„Rettung“ geht sogar das verbündete Luxemburg auf die Barrikaden. Doch die Deutschen hören nicht einmal zu. Die Hegemonialmacht schaltet auf taub – und fordert sogar noch Tribut.

Verändert sich etwas in Europa? Wird Deutschland plötzlich wieder angefeindet? So langsam erreichen diese Fragen, die EU-Experten schon seit Monaten umtreiben, auch die deutsche Hauptstadt.

Eigentlich erstaunlich, dass es dazu des verunglückten Deals mit dem Zwergstaat Zypern bedurfte. Viel schlimmer waren doch die deutschen „Rettungsaktionen“ in Griechenland und vor allem Spanien, wo die nächste Eskalation droht.

Aber nun steht die Frage im Raum. Zypern stellt sie, Malta stellt sie, Griechenland und Portugal sowieso. Selbst Luxemburg wirft Deutschland jetzt „Hegemonialstreben“ vor. Und die deutschen Medien berichten – endlich.

Doch offenbar gibt es eine mentale Unfähigkeit, einfach nur zuzuhören und die Kritiker ernst zu nehmen. Von der Unfähigkeit zu trauern, die angesichts des deutsch dominierten „Rettungs“-Desasters gefragt wäre, ganz zu schweigen.

Selbst in scheinbar selbstkritischen Fragen schwingt noch deutsche Besserwisserei und Selbstgerechtigkeit mit. Den jüngsten Beweis lieferte die Talkshow „Anne Will“ am Mittwoch Abend.

Statt sich einmal die Kritik aus den zu Tode „geretteten“ Ländern anzuhören und auf die Forderungen aus dem Süden einzugehen, wiederholten die Studiogäste nur das regierungsoffizielle deutsche Mantra.

Da gibt es „Regeln“, die einzuhalten seien, eine „Wettbewerbsfähigkeit“, die wiederherzustellen sei, und natürlich die „kulturelle Differenz“, die es den Südländern angeblich unmöglich macht, so gut wie „wir“ zu sein.

Wo bleibt der Jubel?

Die anderen Länder seien einfach nur neidisch auf den Klassenbesten, hatte Finanzminister Schäuble gesagt. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger forderte sogar, die EU soll Deutschland vor Kritik in Schutz nehmen.

Wills Gäste verhielten sich, als müssten sie den „anderen“ nun endlich einmal Nachhilfe geben – und das deutsche Europa vor den undisziplinierten Südländern verteidigen.

Und dies ist kein Einzelfall. Gerade fiel mir die „Zeit“ in die Hand. Und was muss ich dort lesen? Unter der anmaßenden Zeile „Wo bitte, bleibt der Jubel?“ wird dort allen Ernstes der „Mangel an Liebe“ zu den Euro-„Rettern“ kritisiert!

Wie laut müssen die Verlierer des „deutschen Europa“ (U. Beck) eigentlich noch schreien, damit man in Hamburg und Berlin wenigstens den Hilferuf hört? Ach so, die Opfer sollen jubeln, nicht schreien…

Siehe zu diesem Thema auch „Deutsches Europa“ sowie „The winner takes it all“.