Die Gegenoffensive beginnt – mit Nachrichtensperre und Mißtönen

Die Watchlist EUropa vom 05. Juni 2023 – Heute mit der lang angekündigten ukrainischen Gegen-Offensive, dem Streit um die EU-Asylregeln – und der verspäteten neuen Ethikbehörde.

Nun aber wirklich: Nachdem die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine neue Ethikbehörde in der letzten Woche kurzfristig zurückgezogen hatte, soll er doch noch kommen. Am Mittwoch ist es so weit, heißt es in Brüssel.

Die Entwürfe lassen – wie bereits letzte Woche gesagt – eine Behörde ohne Biss erwarten. Sanktionen gegen Vetternwirtschaft, das Löschen von Dokumenten oder anderem unethischen Verhalten sind weiterhin nicht geplant…

Was erwartet uns noch diese Woche? Am Donnerstag tagen die EU-Innenminister in Luxemburg. Das wichtigste Thema sind mögliche Asylverfahren für Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen. Deutschland war lange dagegen, nun macht es Druck.

Mit Blick auf die Europawahlen im kommenden Jahr hat das größte EU-Land großes Interesse daran, bald eine Einigung zu erzielen. Schon jetzt treibt die ungelöste Flüchtlingskrise viele Menschen in die Arme der AfD, die stärker dasteht als die SPD!

Die Chancen auf eine Einigung sind jedoch nicht sehr hoch. Selbst wenn sich die 27 EU-Staaten auf eine gemeinsame Position verständigen, stehen noch Verhandlungen mit dem Europaparlament an. Die dürften sich über Monate hinziehen…

DAS Ereignis der neuen Woche dürfte jedoch der Start der lang angekündigten ukrainischen Gegenoffensive sein. Dafür, dass es nun losgeht, sprechen zwei Indizien. Zum einen hat Kiew am Sonntag eine Art Nachrichtensperre über die (a)sozialen Medien verhängt.

„Silence in the information space“ heißt das – keine Informationen weitergeben! So was macht man in der Regel, wenn große (Militär-)Aktionen geplant sind. Zum anderen meldet Russland einen gescheiterten ukrainischen Großangriff im Süden von Donezk.

EU und Nato halten sich noch bedeckt. Vermutlich warten sie auf erste Erfolgsmeldungen. Überschattet wird die Offensive aber schon jetzt von Berichten, dass polnische Söldner und belgische Waffen bei ukrainischen Vorstößen auf russisches Gebiet eingesetzt werden.

Selenskyj bricht Versprechen

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Dabei hatte Präsident Selenskyj bei seinem Besuch in Berlin Mitte Mai noch beteuert, dass er Zurückhaltung üben werde. „Wir greifen das russische Territorium nicht an. Wir befreien unser gesetzmäßiges Gebiet. Wir haben dafür keine Zeit, keine Kräfte und keine überzähligen Waffen dafür.“

Zudem war vereinbart worden, keine westlichen Waffen für Angriffe auf Russland zu nutzen. Doch auch dieses Versprechen gilt offenbar nicht mehr. Während die Ukraine mit allen Mitteln angreift, geraten EU und Nato in die (argumentative) Defensive.

Jetzt rächt es sich, dass man sich auf Waffenlieferungen eingelassen hat, ohne diese an klare, überprüfbare Bedingungen zu knüpfen und eine eigene Strategie zu entwickeln. Nur die USA können Seleneskyj noch zurückpfeifen…

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P.S. Auch der „Economist“ berichtet nun über den Start der ukrainischen Gegenoffensive. Angeblich soll da noch wesentlich mehr kommen – die besten Truppen seien noch nicht im Einsatz…