Die Schuldenkolonie startet durch
Sie präsentieren es als gute Nachricht: Athen zahlt 6,6 Mrd. Euro an seine Gläubiger bei IWF und EZB. In der Tat wurde so die drohende Kappung des Geldzuflusses durch die EZB verhindert.
Gleichzeitig wurde Griechenland aber auch endgültig zur Schuldenkolonie degradiert. Die “Brückenfinanzierung”, die die Eurogruppe am Freitag freigab, dient nur dazu, die Forderungen der Gläubiger zu bedienen.
Auch das neue “Hilfsprogramm”, über das nun verhandelt wird, hilft vor allem den Gläubigern. Wie schon bei den beiden letzten Programmen bleibt kaum etwas in Griechenland hängen.
In Wahrheit wird der griechische Schuldenberg durch neue Schulden erhöht, um alte Schulden abzulösen. Der überfällige Schuldenschnitt hingegen, den auch der IWF fordert, wird von Deutschland weiter blockiert.
Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, muss Athen heute auch noch die Mehrwertsteuer erhöhen, was vor allem den einzig florierenden Sektor – den Tourismus – belasten dürfte…
Mehr zur neuen Eurokrise um Griechenland hier
Andres Müller
20. Juli 2015 @ 20:16
Die Griechenlandkrise verhüllt das auch die Schuldendienstfähigkeit von Italien im Euroraum bezweifelt werden muss. Die Verschuldung im Verhältnis zum nominalen BIP stieg dort auf über 136% im Mai 2015, es sind seit letztem Monat 23 Milliarden zur bestehenden Staatsschuld von inzwischen 2,2 Billionen Euro hinzugekommen. Das ist weit weg vom Maastrich Kriterium von 60% und nähert sich dem Griechenlands von ca. 172%. Nur das in Italien nicht “nur” 312 Milliarden auf dem Spiel stehen, sondern über 2 Billionen. Die “Rettung” der Griechen ist für andere Staaten nicht kostenlos zu haben, aber die Pleitegeier werden bei einer fehlgeschlagenen Griechen-Rettung vermutlich auch über anderen Regionen Europas schweben müssen, falls dann die Zinsen für Staatsanleihen ansteigen werden (während die EZB -Käufe wie bei GR seit Februar 2015 zurückgefahren werden(müssen)).
Peter Nemschak
21. Juli 2015 @ 10:53
Solange die Italiener ihr Geld lieber ihrem Staat borgen als Steuern zu zahlen – Steuerhinterziehung auf breiter Basis ist Volkssport in Italien – wird es einigermaßen funktionieren.
Peter Nemschak
20. Juli 2015 @ 15:39
Was hat die de facto Kreditverlängerung durch die EZB mit Schuldenkolonie zu tun; eine Umbuchung von einem Kreditkonto auf das andere?
Alexander
20. Juli 2015 @ 15:56
@Nemschak: eine ausführliche Erklärung des Phänomens finden sie hier: http://www.neues-deutschland.de/artikel/978365.ein-karthagischer-frieden.html
Peter Nemschak
20. Juli 2015 @ 17:09
Sie stellen die Dinge auf den Kopf. Zu guter Letzt kommt heraus, dass Griechenland ein musterhaft geführtes Gemeinwesen war, das von den bösen Kapitalisten zerstört wurde. Das klingt ein wenig so, als wäre die Firma Glock schuld an einem Mord, der mit der von ihr erzeugten Waffe begangen wurde. Mit dieser Argumentation ist noch kein Mörder freigesprochen worden.
Alexander
20. Juli 2015 @ 19:34
@Nemschak: in dem Artikel hinter dem Link wird u.a. beschrieben, wie eine Schuldenkolinie entsteht. Aus ihrer Antwort kann man leider nur entnehmen, dass sie entweder den Artikel nicht gelesen haben, oder bzw. und mir (wieder einmal) Sichtweisen unterschieben, die sie sich schlicht selber ausgedacht haben.
ebo
20. Juli 2015 @ 17:06
Man oktroyiert Athen neue Schulden auf, um alte Schulden zu bedienen, von denen man weiß, dass sie längst untragbar sind (IWF). Im Land selbst kommt kein Cent davon an; Athen hat auch keinerlei Einfluss auf die “Umbuchung” zu seinen Lasten. Gleichzeitig stellt man Griechenland unter Fremdverwaltung der Troika. Die meisten Kolonien der Vergangenheit hatten günstigere Konditionen…
Peter Nemschak
20. Juli 2015 @ 22:12
Das Hilfspaket ist noch nicht verhandelt. Irgendwann wird es auch innerhalb der Eurozone zu einem Schuldenschnitt kommen. Voraussetzung dafür wird eine grundlegende Staatsreform Griechenlands sein. Die Alternative Grexit ist allerdings nicht vom Tisch.
Andres Müller
20. Juli 2015 @ 12:53
Der-weilen meldet die Statistik dass die Deutschen Privatvermögen gegenüber dem Vorquartal um 150 Milliarden Euro zugelegt hätten. Wohin dieses Geld geflossen ist macht eine andere Statistik klar, die Zahl der Millionärshaushalte ist zur selben Zeit um 15% angestiegen. Das Ungleichgewicht der Vermögen breitet sich in Europa weiter aus, während die Geldmenge ausserdem nicht wieder in den Wirtschaftskreislauf der Binnenmärkte zurück gelangt. In Europa wird diese Umverteilung der Vermögen durch die EZB Interventionen weiter angeheizt, ebenso durch die Entscheidung der Politiker, die Griechen über eine Art Zeitlupen-Haircut mit lange laufenden Krediten zu versorgen um weitere jetzt fällige Kredite begleichen zu können. Während reiche Investoren bald auf eigenen Inseln in Griechenland ihre Jachten ankern, fahren auf dem Festland die Leichenwagen auf (sofern man noch welche findet, denn die müssen seit 2012 als Luxusautos versteuert werden.)