Hollande träumt von “Avantgarde”
Frankreichs Staatschef Hollande möchte nach dem Griechenland-Debakel eine “Wirtschaftsregierung” für den Euro gründen. Er sei bereit, gemeinsam mit Deutschland die “Avantgarde” zu bilden, so der Sozialist.
Nun fordert Frankreich das schon seit Jahren. Die Wirtschaftsregierung geht auf Ex-Kommissionschef Delors zurück, neu ist nur ein “Euro-Budget” und die “demokratische Kontrolle” durch ein Euro-Parlament.
Das Problem ist, dass Deutschland beides nicht will – Berlin setzt in Sachen Euro auf ewige, deutsche Regeln statt auf politische, demokratisch legitimierte Entscheidung. Ein neues Euro-Budget ist ohnehin tabu.
Zudem verkennt Hollande die Lage. In seinem Beitrag behauptet er allen Ernstes, dass die Eurozone in der Griechenland-Krise “ihren Zusammenhalt bestätigt” habe. Die deutsch-französischen Beziehungen hätten funktioniert.
In Wahrheit haben Schäuble und Merkel den Grexit ohne und gegen Hollande geplant. Frankreich konnte ihn nur verhindern, indem es die knallharten Bedingungen Deutschlands schluckte.
Als Nächstes dürfte Berlin versuchen, auch Paris in die Enge zu treiben. Schäuble sieht Frankreich nicht als Avantgarde, sondern als Bremsklotz, den man beiseite räumen muss… – Mehr zu Eurokrise und Frankreich hier, version francaise ici
photo credit: Maison de l’Amérique Latine – 24 août 2011-64 via photopin (license)
Peter Nemschak
21. Juli 2015 @ 19:44
@ebo Warum meinen Sie, dass die Probleme von Holland und Finnland etwas mit dem Euro zu tun haben? Diesen Zusammenhang höre ich zum ersten Mal.
Holly01
21. Juli 2015 @ 15:37
@ S.B. :
Ihr ” @ebo: Warum glorrifizieren Sie die Franzosen? Wenn Hollande & Co so tolle, funktionsfähige Ideen haben, warum läuft es dann jetzt bei denen so schlecht? Und bitte jetzt nicht wieder D zum Alleinschuldigen erklären.” erinnert mich stark an ein T-Shirt aufdruck:
“Ich bitte darum mich nicht mit Fakten zu belästigen”
nix für ungut ….
S.B.
21. Juli 2015 @ 16:48
@Holly01: Solange es Fakten sind, können Sie mich gerne damit belästigen. 😉
Holly01
21. Juli 2015 @ 19:02
Nehmen wir an Schland wird durch einen Atombombenabwurf morgen ausradiert.
Die Gläubiger aus Deutschland wären weg, die Schulden wären weg.
Der Exportüberschuss wäre weg.
Der Kostennachteil der europäischen Konkurrenten wäre weg.
Nun könnte ich ja behaupten, dies wäre der Beginn eines märchenhaften Aufstiegs der lange unter der deutschen Hegemonie darbenden Nationen……
Wäre es aber nicht. Diese Länder wären einen Wortbrecher und Parasiten los. GZ.
Das ist aber nicht das weltweite Problem. Europa wäre ohne Deutschland nur viel schwächer aufgestellt und würde in einer Depression und Kapitalkrise verschwinden die sich gewaschen hat.
Sie haben in so fern Recht, als die Probleme der EU im Allgemeinen und Frankreichs im besonderen sehr viel tiefer liegen, als das doofe Verhalten der Deutschen.
Die Weltrezession liegt nicht im Verhalten der Deutschen begründet und das Europa sich davon nicht abkoppeln kann liegt nicht im deutschen Verhalten begründet.
S.B.
22. Juli 2015 @ 08:57
@Holly01: Ein interessanter Vergleich, den Sie da anstellen: Wie sähe es aus, wenn D nicht mehr da wäre?” Wer wäre dann der böse Junge? Oder funktioniert dann das “Wir haben uns alle lieb”-Spiel? Nach den bisherigen Erfahrungen auf dieser Welt, gibt es ja immer einen oder mehrere Nutznießer und etliche Verlierer. Man mag dazu stehen, wie man will, aber das ist die (unschöne) Realität.
Zum deutschen Verhalten: Ob man dieses nun als doof ansieht oder nicht, ist eine Frage des subjektiven Standpunktes. Sie sehen das so, ich dagegen nicht.
Und zum Thema Wortbrecher noch eine Meldung, die man erwarten durfte:
http://www.focus.de/politik/videos/von-der-tagesordnung-gestrichen-versprochen-ist-gebrochen-tsipras-verschiebt-wichtige-reformen-klammheimlich_id_4829186.html
Holly01
22. Juli 2015 @ 10:19
Vielleicht werden wir uns ja doch noch einig 😉 .
Wie ist denn Ihre Antwort auf die Frage nach dem Sinn?
Das 3. “Rettungspaket” wollte auf keinen Fall:
die Eurogruppe
Schäuble
Tsipras
deutsche Wähler
griechische Wähler
die Presse
die Ökonomen (zumindest viele nicht)
Syriza
die CDU
die CSU
Merkel
Sie
Ich
usw
usf
Die Liste der Befürworter eines 3. Paketes dieser Art und Inhalts ist recht übersichtlich:
EU-Komission
…..
Warum haben wir dieses 3. Paket denn überhaupt ausgehandelt?
Warum betreibt die Komission ein Programm, das so offensichtlich zum Scheitern verurteilt ist?
Weil es das Programm ist, mit dem der ESM zum Einsatz gebracht wird…………
Man muss die griechische Pleite medial zelebrieren und zuspitzen, damit der ESM aktiviert werden kann.
S.B.
22. Juli 2015 @ 12:10
@Holly01: Wahrscheinlich sind wir uns im Grunde einig. Was ich nicht mag, sind einseitige Schuldzuweisungen. Zumal, wenn die anderen Beteiligten dem “Deal” zustimmen.
Ich meine, es rückt langsam aber sehr stetig ins Bewusstsein der Bürger, dass die EU nicht (mehr) den Menschen dient, sondern der international aufgestellten Finanz- und Exportindustrie, man möchte sagen: der Finanz- und Exportmafia. Die EU-Institutionen wurden komplett von Lobbyisten gekapert. Das sieht man bei jeder Gelegenheit, zuletzt in Sachen TTIP.
Für den Euro trifft dies von Anfang an zu. Er war ein Beschleuniger und die Vollendung der Umverteilungsmaschine EU. Allerdings nicht hin zu den Menschen, sondern hin zu Banken und Exportindustrie. Das betrifft übrigens nicht nur Deutschland! Die Banken und Exporteure aller Mitgliedsländer haben profitiert. Selbst jetzt noch profitieren die griechischen Banken, indem sie – obwohl pleite – weiterleben dürfen.
Zu Ihrer Frage: Die EU-Kommission wollte das dritte Rettungspaket, weil sie das Gremium ist, welches die Entscheidungskompetenz hat. Hätte sie nein gesagt, wären die GR-Verluste auf einen Schlag offenbar geworden. Die Umverteilungsmaschine hin zu den Banken, also die Bankenrettungsmaschine, wäre in sehr schweres Fahrwasser geraten. Und das kann ja nicht im Sinne dieses Lobbyvereins EU sein, womit sich der Kreis auch schon wieder schließt.
Um diese Umverteilung noch eine Weile am Leben zu erhalten, wird auch die schon längst eingetretene GR-Pleite offiziell nicht als solche dargestellt, was die reinste Konkursverschleppung ist.
Wie ich hier schon einmal geäußert habe: Die Frage “cui bono?” bringt immer sehr gute Ergebenisse bei der Betrachtung eines – zumal politischen – Sachverhalts. Man muss insoweit hauptsächlich den gesunden Menschenverstand benutzen und keine (komplexe) Wissenschaft aus der Wahrheitsfindung machen.
Holly01
22. Juli 2015 @ 13:30
Ich sehe das mit etwas mehr Tiefe und mehreren Handlungssträngen.
Was Sie beschreiben ist trivial und sicher nicht von der Hand zu weisen, aber die Entwicklungen der Welt und Europas und damit auch Deutschlands sind doch etwas umfangreicher.
Unter der Eurokrise und dem Währungskrieg spielt die leise Melodie vom Abgesang des Hegemons USA. Klar das Lied erklingt seit Betton Wood aber ich denke die Lautstärke nimmt nun doch erkennbar zu.
Syrien? kein Krieg
Libanon? kein Krieg
Ukraine? kein Krieg
Iran? kein Krieg
50% BIP der USA beruhen auf “Sicherheit” also der militärisch-politisch-wirtschaftliche Komplex und der lebt nicht davon, keinen Krieg zu führen. Die wollen ja garnicht gewinnen, aber die brauchen ihre Kriege.
Dazu der Aufstieg des Yuan und das der Euro nicht zerbrochen ist.
Ich denke Deutschland wird etwas mehr benötigen als nur das Kuscheln im US-Enddarm, um Zukunftssicher zu sein ……
Aber sei es drum, sie wollten Fakten und ich habe nur noch Vermutungen.
Ich denke wir können uns darauf einigen, das wir es (so wie viele Andere) letztendlich auch nicht wissen, aber trotz allem in der Situation mit den Protagonisten unzufrieden sind.
S.B.
22. Juli 2015 @ 14:54
@Holly01: Das EU und D meiner Ansicht nur USA-Vasallen sind und deren Interessen wohl der ausschlaggebende Punkt für Vieles, wenn nicht das Meiste, was in der EU passiert, sind, habe ich hier schon mehrmals angesprochen. Auch insoweit gehe ich mit Ihnen d’accord.
Auf Ihren Schlusssatz können wir uns ebenfalls einigen.
Stefan Brill
21. Juli 2015 @ 14:39
Griechenland ist für Merkel ein gefundenes Fressen: Sie kann ihre Machtposition stärken und betreibt gleichzeitig schon Wahlkampf für die nächsten Bundestagswahlen, denn diese stehen zwar erst in etwa zwei Jahren an, dann jedoch wird offensichtlich werden, dass auch das neue Maßnahmenpaket ohne Wirkung verpufft ist.
Der Bundeskanzlerin ist dies egal, denn je nach dem wie die Stimmungslage gegenüber Griechenland sein wird, wird sie sich wieder zum Regisseur und verfechter welcher auch immer gerade oportun erscheinenden Politik stilisieren. Eine europäische Wirtschaftsregierung steht da nur im Weg.
Ungehört hingegen bleiben die zahlreichen Warnungen vieler Fachleute und Meinungen anderer EU-Staaten und auch des IWF, die selbst die Unwirksamkeit eines neuen Rettungspacketes – zumindest ohne begleitenden Schuldenschnitt – und eine weitere Verschlechterung der Situation in Griechenland prognostizieren.
In der Bevölkerung erfährt Merkel mit ihrer Härte zeigenden Politik starken Rückhalt, weil unmittelbar keine ernstzunehmende oder zumindest wahrnehmbare Opposition besteht, auch nicht von Seiten der an der Regierung beteiligten Sozialdemokraten.
Damit verbindet sich zudem die sehr einseitig geführte Berichterstattung in der deutschen Medienlandschaft, in der ein öffentlicher und vor allem kritischer Diskurs viel zu kurz kommt.
So wird das Thema Griechenland auch in den nächsten zwei Jahren am Kochen gehalten. Eine Lösung ist weder wünschenswert, noch wird sie angestrebt. Was das über die Europapolitik der Bundeskanzlerin aussagt, liegt auf der Hand, unterscheidet sich jedoch auch nur marginal von denen anderer Staatschefs in Europa.
Eine europäische Idee findet politisch vieleicht noch in einigen Fluren des EU Parlaments oder der EU Kommission gehör, nicht jedoch auf Seiten der Regierungschefs, deren Popularität von nationalen, nicht europäischen Stimmungsbarometern abhängt.
Peter Nemschak
21. Juli 2015 @ 13:47
@Beate Lohnverhandlungen sind nicht Sache der Regierung sondern der Sozialpartner
Beate
21. Juli 2015 @ 12:53
Beate erklären sie ihren Lesern nicht erst einmal was Wirtschaftsregierung bedeutet?
Wie hat es Frankreich geschafft eine Inflationsrate von 2% hinzukriegen?
Wirtschaftsregierung bedeutet eben auch Lohnpolitik.
Wie will mann mit Merkel Lohnkoordination machen?
Mit Lohnkoordination braucht man auch keine Transferunion.
Die bisherigen Strukturbeihilfen sind ausreichend!
Holly01
21. Juli 2015 @ 13:37
Alleine mit dem Wort “Lohnpolitik”, könnten Sie bei der Deutschland AG, mit der integrierten Gewerkschaftslandschaft, die ein betreutes Arbeiten im prekären Umfeld ermöglicht, ziemlich nervös machen.
Ich glaube da kommt das verstaubte Wort “Tarifautonomie” wieder mal zum Vorschein …..
ebo
21. Juli 2015 @ 14:14
@Beate Eine Wirtschaftsregierung aus französischer Sicht hat nichts mit der aktuellen “economic governance” der Eurozone zu tun. Sie würde nicht nach starren Fiskalregeln funktionieren, sondern versuchen, Wachstum und Wohlstand in Euroland zu optimieren. Dazu gehört eine Zentralbank, die neben Geldwert-Stabilität auch auf Wachstum verpflichtet ist, wie in den USA. Und ein Budget, das man zum Ausgleich “externer Schocks” einsetzen kann. Berlin fordert dagegen einen Finanzminister, der stur und unbeirrbar die deutschen Fiskalregeln anwendet und durchsetzt.
S.B.
21. Juli 2015 @ 15:10
@ebo: Warum glorrifizieren Sie die Franzosen? Wenn Hollande & Co so tolle, funktionsfähige Ideen haben, warum läuft es dann jetzt bei denen so schlecht? Und bitte jetzt nicht wieder D zum Alleinschuldigen erklären.
ebo
21. Juli 2015 @ 15:24
Wer “glorrifiziert” hier was? Ich war gebeten worden, das Konzept der Wirtschaftsregierung zu erläutern. Haben Sie dazu vielleicht auch ein paar Argumente zu liefern?
S.B.
21. Juli 2015 @ 16:04
@ebo: Das habe ich oben schon getan. Noch einmal die Kurzform: Da Hollande FR und D wieder – nunmehr in einem Bundesstaat – zusammenbringen will, werden die schon jetzt bestehenden, sehr gravierenden Probleme der unterschiedlichen Wirtschaften und Wirtschaftspolitiken nur an die neue Institution weitergegeben. Die Frage ist, warum diese Probleme in der neuen Institution erfolgreicher verhandelt werden sollen, als in der alten.
Holly01
21. Juli 2015 @ 11:52
Also im deutschen GG steht ziemlich klar formuliert, was in Deutschland Gesetz ist:
gelesen im Bundestag (bei Länderbeteiligung auch im Bundesrat), beschlossen durch den Bundestag, geprüft durch das Bundespräsidialamt, unterschrieben vom Bundespräsidenten und veröffentlicht im Bundesgesetzblatt.
Es gibt da beim Aublauf ein paar Sonderregeln, aber das Bundesverfassungsgericht hat sehr klar geurteil:
Eine deutsche Bundesregierung darf keine Gesetze verabschieden oder Verträge abschliessen, die eine Folgeregierung in ihrer Entscheidungs- und Willensbildung/-findung einschränken oder binden.
Zudem sind Geheimverträge lt. Urteil des Bundesverfassungsgerichts per se ungültig.
Auch ohne das jetzt expliziet geprüft zu haben, vermute ich ähnliche Beschreibungen, Gesetze und Urteile in allen Ländern der EU.
Eine Bundesstaat EU wäre nur möglich mit einem Volksentscheid für eine Verfassungsgebenden Versammlung und einem weiteren Volskentscheid über die Annahme eben dieser Verfassung.
Das ist Alles in etwa so wahrscheinlich, wie die Entmilitarisierung der USA mit Auflösung der NATO und Übergabe aller US-Stützpunkte an die jeweiligen “Gastländer” bei gleichzeitigem Ausgleich des US-Staatshaushaltes und der Handelsbilanz, also eher nicht.
Ich schliess mich der Einschätzung an, daß es ein Versuchsbaloon ist, der primär ablenken soll.
Als nächstes steht Hollande vor den Kameras, hält sich die Augen zu und murmelt, “ich sehe die nicht, also sehen die mich auch nicht und alles wird gut”.
GS
21. Juli 2015 @ 10:15
Nein, ebo, das Problem ist, dass Hollande in seinem eigenen Land niemals eine Wirtschaftsregierung mit Euro-Parlament, das tatsächlich was zu sagen hat, durchsetzen kann. Das würde nämlich einen gewaltigen Souveränitätstransfer bedeuten. Und niemand achtet so sehr auf Souveränität wie die Franzosen. Das ist ein Ballon, um als “guter Europäer” (vs. die schlechten Europäer aus Deutschland) dazustehen, nichts weiter. Hollande weiß ganz genau, dass der Vorschlag billig ist und er zuhause nie ans Eingemachte gehen werden muss.
ebo
21. Juli 2015 @ 10:21
@GS Sehe ich anders. Frankreich steht jetzt schon unter Aufsicht der EU-Kommission, musste den Fiskalpakt schlucken und die ganze Hartz-Litanei. Wirtschaftsregierung à la Hollande wäre ein politisches Gremium, kein Technokraten-Club à la Troika. Dennoch geht sein Vorschlag fehl, denn Berlin will das deutsche Regelwerk stärken. Hollande sollte lieber bei dt. Leistungsbilanzüberschuss anfangen, denn D sprengt damit langsam aber sicher die Währungsunion…
Peter Nemschak
21. Juli 2015 @ 10:59
Im Grunde handelt es sich bei dem Konflikt, der sich im Kleinen in Griechenland abspielt, um die Durchsetzung einer wirtschaftsliberalen Ordnung für Europa. Ein Schuldennachlass für Griechenland wird die Einführung einer liberalen Ordnung zur Voraussetzung haben. Ob die bürgerliche Opposition in Frankreich so denkt wie Hollande?
S.B.
21. Juli 2015 @ 11:04
Man muss insoweit unbedingt berücksichtigen, dass auch in einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung die Frage anstünde, wer den Ton in Sachen Wirtschaftspolitik angibt. Diese entscheidende Frage löst sich ja nicht in Luft auf, nur weil es eine gemeinsame Wirtschaftsregierung gibt. Das hinlänglich bekannte Problem (Austerität und Reformen gegen Inflationierung) würde sich nur auf dieses neue Gremium verlagern. Welche Richtung es wird, würde sich nach der Zusammensetzung der Gründungsmitglieder richten.
Ohnehin wäre die Installation einer solchen Institution – defacto wäre es ein Bundesstaat – mit gemeinsamen Haushalt, ein überaus massiver Eingriff in die Souveränität der beteilgten Staaten. Spätestens dann müsste das Volk abstimmen, denn die nationalen Parlamente wären defacto entmachtet. Würde ein solches Konstrukt ohne Referndum installiert, wären seine Entscheidungen nicht mal ansatzweise demokratisch legitimiert.
Ob Hollande wegen dieses Vorschlags ein Avantgardist ist, darf im Übrigen mehr als bezweifelt werden. Dem Herrn und dem von ihm regierten Land, steht das wirtschaftliche und damit auch politische Wasser bis zum Halse. Deswegen muss er schauen, wo er zusätzliches Geld herbekommt. Da käme doch der Zugriff auf fremde Mittel über einen gemeinsamen Haushalt gerade recht. Das wäre dann endlich die bedindungslose Transferunion; Sozialismus eben. Aber was will man von einem Sozialisten anderes erwarten?
S.B.
21. Juli 2015 @ 13:13
Ein Nachtrag: Einen Sinn würde dieses Vorhaben überhaupt nur machen, wenn man die Länder mit einer gleichen oder stark ähnlichen Wirtschaft sowie Wirtschaftspolitik in einem derartigen Konstrukt vereint. Das wäre dann die schon bekannte hinlänglich bekannten Idee von Nord- und Südeuro. Wobei Frankreich allerdings dementsprechend nur mit den PIGS-Staaten zusammengehen könnte. Ansonsten hätte man, wie bereits oben geschrieben, die gleiche Problematik mit Blick auf die Wirtschaftspolitik wie derzeit. Ich gehe aber davon aus, dass der Vorschlag von Hollande nicht auf den PFIGS-Bundesstaat abzielt, sondern auf einen solchen, bei dem D mitspielen und somit für FR zahlen soll.
ebo
21. Juli 2015 @ 13:17
@S.B. Der Nordeuro funktioniert auch nicht mehr. Sehen Sie sich mal die Zahlen aus Finnland und Holland an…
S.B.
21. Juli 2015 @ 14:10
@ebo: Da haben Sie Recht. Ich wollte damit auch nicht sagen, dass ich einen Nordeuro befürworten würde, sondern nur die halbwegs noch realistischen Möglichkeiten solcher Verbünde aufzeigen.
Es zeigt sich allenthalben, dass die Verschuldung so weit fortgeschritten ist, dass es einen großen Reset braucht. Auch die Einäugigen unter den Blinden (also D und ein paar weitere) sind davon nicht ausgenommen.
Alexander
20. Juli 2015 @ 19:46
Dem guten Hollande (oder seinen Beratern) solle jemand mal folgenden Link schicken (Vortrag zur Eurokrise, Prof. H. Flassbeck), damit Hollande das Problem erst einmal erkennt: https://www.youtube.com/watch?v=guVuUZZFPpQ
Peter Nemschak
20. Juli 2015 @ 18:11
Hollande löst das Grundproblem nicht. Die Entscheidungen Deutschlands sind politisch demokratisch legitimiert, durch die deutschen Bürger bzw. ihre Vertreter, die deutschen Parteien, im Parlament. Solange es keine europäischen Parteien gibt, wird sich daran nichts ändern. Demokratie muss von unten kommen, um von den Bürgern akzeptiert zu werden. Man kann Supranationalität nicht erfolgreich von oben dekretieren. Warum muss der europäische Integrationsprozess ständig vorangetrieben werden? Der Grenznutzen aus Sicht der Bürger ist kleiner geworden, die Abneigung gegen weitere Integrationsschritte ist gewachsen. Ist das so schlimm?
Carlo
20. Juli 2015 @ 18:37
Die Demokratie hat nur ein wesentliches Problem: Es gibt keine demokratische Geldordnung. Da können Hollande, Merkel, Tsipras und Gabriel … sich ausdenken, was sie möchten. Sie werden immer wieder von den Finanzmärkten in “Sachzwänge” getrieben.
Demokratie sieht anders aus und kann niemals marktkonform sein, wenn der Mensch im Mittelpunkt stehen soll.
Peter Nemschak
20. Juli 2015 @ 18:53
Die Währungsunion ohne Fiskalunion war schlicht eine Fehlkonstruktion. Da braucht man zur Erklärung die Märkte nicht zu bemühen
ebo
20. Juli 2015 @ 19:07
Wir haben immer noch keine Fiskalunion. Nur einen Fiskalvertrag, der diesen Namen nicht verdient.
Carlo
20. Juli 2015 @ 19:16
Währungsunion mit/ohne Fiskalunion spielt im Zusammenhang mit meinem Text überhaupt keine Rolle. Das ist schlicht nicht das Problem, was ich beschrieb.