EU-weite Sammelklagen kommen – aber wohl zu spät für VW-Opfer

Das Europaparlament feiert einen “New Deal für Verbraucher”, die EU-Kommission feiert zwei Jahre Datenschutzgrundverordnung – und die deutsche Opposition grollt immer noch wegen der Berateraffäre von Frau von der Leyen: Die Watchlist EUropa vom 24. Juni 2020.

Fast fünf Jahre nach dem „Dieselgate“ bei Volkswagen will nun auch die EU die lange versprochenen Sammelklagen einführen. Darauf einigten sich Europaparlament, EU-Kommission und Ministerrat in Brüssel. Allerdings reichlich spät: Die Kommission hatte bereits 2018 angekündigt, die Verbraucherrechte zu stärken und Sammelklagen zu ermöglichen.

Damit reagierte sie auch auf die Waffenungleichheit in Europa und in den USA. Während Verbraucher in den USA nach dem Abgasskandal mit Milliardensummen entschädigt wurden, gingen die meisten VW-Kunden in der EU leer aus.

Mit der nun gefundenen Einigung erhalten Verbraucherschutz-Organisationen erstmals die Möglichkeit, überall in der EU Klagen mehrerer Verbraucher aus demselben Grund und gegen dasselbe Unternehmen zu bündeln.

Zudem wurden “angemessene Garantien vor missbräuchlichen Klagen” vereinbart. Damit soll verhindert werden, dass sich wie in den USA eine lukrative und unberechenbare „Klageindustrie“ entwickelt.

„Wir haben versucht, einen Ausgleich zwischen legitimen Verbraucher-Interessen und der Rechtssicherheit für Unternehmen zu finden“, sagte Parlaments-Berichterstatter Geoffroy Didier.

Ob dies wirklich gelungen ist, muß sich noch zeigen. Denn der Teufel steckt im Detail – etwa wenn es um die Frage geht, wer überhaupt zur Klage berechtigt ist.

Die EU unterscheidet zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Streitfällen. Wenn mehrere EU-Länder betroffen sind, müssen die Organisationen strengere Kriterien erfüllen.

Immerhin geht die neue EU-Regelung über das deutsche Recht hinaus. Deutschland hatte bereits 2018 die so genannte „Musterfeststellungsklage“ eingeführt. Danach hatte die Verbraucherzentrale ein Verfahren gegen VW angestrengt.

Um an eine Entschädigung zu kommen, mußten die geschädigten Kunden aber auch noch individuell gegen den Wolfsburger Konzern klagen.

Die neuen EU-Regeln gehen weiter: Sie erlauben, dass die Verbraucherschützer den Schadenersatz direkt mit einklagen können.

Für den VW-Skandal könnte diese Novelle allerdings zu spät kommen. Denn die Ansprüche sind – zumindest nach Ansicht des Konzerns – bereits verjährt.

Das Europaparlament nimmt denn auch keinen direkten Bezug mehr auf das deutsche „Dieselgate“. Es spricht von einem „New Deal für die Verbraucher“.

Schade, dass er so spät kommt…

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Watchlist

Wie geht es mit dem Datenschutz in der EU weiter? Das ist die große Frage, wenn die EU-Kommisison am Mittwoch eine Bilanz von zwei Jahren Datenschutzgrundverordnung zieht. Sie fällt natürlich positiv aus – dabei haben die meisten Verbraucher herzlich wenig von der DSGVO. Sie sehen nur ständig die Cookie-Warnbanner, doch ihre Daten werden immer noch von Facebook & Co. ausgebeutet. Und die zustänsige Datenschutzbehörde in Irland tut nichts, um den Mißbrauch endlich abzustellen…

Was fehlt

Der Termin für den nächsten EU-Finanzgipfel. Ratspräsident Michel hat Kanzlerin Merkel & Co. für den 17. und 18. Juli nach Brüssel zitiert – also am Freitag und Samstag. Das ungewöhnliche Timing – sonst gehen Gipfel immer von Donnerstag bis Freitag – ist wohl ein taktisches Manöver. Michel setzt offenbar darauf, dass die Chefs am Samstagabend die Lust auf Streit verlieren und Sonntag wieder zuhause sein wollen. Ob dies eine Einigung beschleunigt, ist allerdings fraglich. – Mehr hier

Das Letzte

Trägt Kommissionschefin von der Leyen doch eine Mitschuld an der Berateraffäre im Bundesverteidigungsministerium? Das “faktische Komplettversagen” im Umgang mit Beratung und Unterstützung sei “nicht nur ein Problem der Arbeitsebene, sondern auch Dr. von der Leyen zuzurechnen”, heißt es in einem gemeinsamen Sondervotum der drei Oppositions-Fraktionen im Bundestag. CDU/CSU und SPD stellten sich dagegen hinter die CDU-Politikerin. – Mehr hier (SZ)


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