Kein Vertrauen, nirgends

Die Coronakrise hat nicht nur das Vertrauen in die EU erschüttert – sondern auch in die nationalen Regierungen. Dies geht aus einer neuen Umfrage hervor. Trotz allem wollen die Bürger aber mehr EU-weite Kooperation, heißt es.

Erinnert sich noch jemand an J.C Juncker und sein „Europa, das schützt“? Die neue EU-Kommission hat diesen Spruch ad acta gelegt. Nach der Coronakrise würde ohnehin niemand mehr daran glauben, wie eine neue Umfrage zeigt.

Die Erhebung war vom European Council on Foreign Relations in Auftrag gegeben worden – und zeigt, dass eine Mehrheit der EU-Bürger von der Performance der EU in der Krise enttäuscht ist. In Frankreich, Portugal und Bulgarien wurde Brüssel sogar als „irrelevant“ empfunden.

Doch wer glaubt, dass nun die Stunde der Exekutive geschlagen habe und die nationalen Regierungen gestärkt werden, täuscht sich. Auch hier fällt das Urteil überwiegend negativ aus. Nur in Dänemark, Schweden (!) und Portugal stieg das Vertrauen in die Regierung.

In Frankreich dagegen fiel es ins Bodenlose, auch in Italien und Spanien haben die Bürger das Vertrauen verloren. In Deutschland sieht es zwar deutlich besser aus – doch auch dort sind fast zwei Drittel der Ansicht, dass in Berlin nicht besser regiert werde als vor der Krise.

Was folgt aus alldem für die Europapolitik? Der ECFR meint, dass sich die Hoffnung auf einen „Hamilton Moment“, also einen qualitativen Sprung zu „mehr Europa“, nicht bewahrheitet habe. Gleichzeitig sieht er aber den Wunsch nach mehr EU-weiter Kooperation.

Das kann man so deuten. Für mich bleibt aber vor allem der Eindruck einer riesigen Vertrauenskrise, die die nationalen und die europäischen Eliten betrifft. Sie bietet einen idealen Nähboden für Unruhe und Gewalt – und davon haben wir ja zuletzt einiges gesehen…

Siehe auch „Corona-Maßnahmen: Das Vertrauen ist futsch“ und „Corona: Es wird Zeit, die Krise aufzuarbeiten“