Die gute Nachricht aus Brüssel: Grünes Licht für “grünen” Stahl
Doch, es gibt sie noch – die guten Nachrichten aus Brüssel. Heute: Die EU-Kommission genehmigt deutsche Unterstützung von ThyssenKrupp für Dekarbonisierung der Stahlproduktion und raschere Umstellung auf Wasserstoff
(Pressemitteilung der EU-Kommission)
Die Europäische Kommission hat nach den EU-Beihilfevorschriften zwei deutsche Maßnahmen genehmigt, mit denen ThyssenKrupp Steel Europe („tkSE“) dabei unterstützt werden soll, seine Stahlproduktionsprozesse zu dekarbonisieren und rascher auf erneuerbaren Wasserstoff umzustellen. Margrethe Vestager, Exekutiv-Vizepräsidentin, zuständig für Wettbewerbspolitik, erklärte zu den Maßnahmen: „Es handelt sich um einen Beitrag zur Ökologisierung eines Wirtschaftszweigs, der zu den größten Emissionsverursachern zählt. Die Abhängigkeit Deutschlands von importierten fossilen Brennstoffen wird verringert und die Wertschöpfungskette für erneuerbaren Wasserstoff in der EU ausgebaut.“ Übermäßige Wettbewerbsverzerrungen würden verhindert – unter anderem durch die von den deutschen Behörden genau überwachten Vorkehrungen.
Die Maßnahmen werden die Verwirklichung der Ziele der EU-Wasserstoffstrategie, des europäischen Grünen DealsDE••• und des Industrieplans für den Grünen DealEN••• unterstützen und im Einklang mit dem REPowerEU-PlanDE••• dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden und den ökologischen Wandel rasch voranzubringen.
(Ende der Pressemitteilung)
EINORDNUNG: Es handelt sich um das bislang größte Dekarbonisierungsprojekt in Deutschland. “Es ist ein richtig guter Tag, der zeigt, dass das Industrieland Deutschland eine grüne Zukunft hat”, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Allerdings geht es um viel Geld – geplant sind Beihilfen von bis zu 2 Mrd. Euro. Das können sich nicht alle EU-Staaten leisten; Deutschland verzerrt mithilfe eines eigens angepassten EU-Beihilferahmens den Wettbewerb. Zudem profitiert nur einer von insgesamt vier Hochöfen in Duisburg. Kritiker sagen, es sei sinnvoller, “grünen” Stahl in Ländern mit weniger hohen Energiekosten zu produzieren…
Mehr hier (Pressemitteilung der EU-Kommission). Mehr gute Nachrichten aus Brüssel hier. Mehr zur Klimakrise hier
Armin Christ
28. Juli 2023 @ 12:00
Der meiste Stahl wird aus Roheisen und Schrott im Elektrostahlverfahren erschmolzen; dabei lässt sich der Umweg der Energie über H2 sparen.
Anscheinend haben da manche Leute mal wieder eine antiquierte Vorstellng von den heutigen industriellen Prozessen.
Arthur Dent
24. Juli 2023 @ 00:18
„Das Grüne“ wird dem Planeten den Rest geben! SCNR – Voerst nur Deutschland und möglicherweise noch EUropa – Der Rest der Welt scheint nicht so leicht zu indoktrinieren zu sein.
Folgt man Adam Tooze, dürften zumindest die Kosten gewaltig sein ohne Erfolgsgarantien. Überhaupt sind in Sachen Energieversorgung eines Industrielandes jede Menge grüner Zauberlehrlinge unterwegs. Energieversorgungssicherheit scheint dabei überbewertet zu sein. Das Idealbild ist eher der umweltbewusste, technologieaffine und durchrationalisierte Stromkunde, der mit seinem Niedrigenergiehaus mit PV-Anlage, Wärmepumpe, E-Auto immer auf der Höhe der Zeit agiert (immer bereit, die Gerätschaften auf dem neuesten und höchsten technischen Stand zu halten). Dann braucht es noch ein smartes Netz und natürlich „DEN MARKT“. Und das alles auf der Grundlage, dass man sich gegenseitig versichert, in der größten Klimakrise aller Zeiten zu sein. Die gleich nach dem Waldsterben kam. Folgte man den Aussagen der „Experten“ in den 1980er Jahren, so dürfte seit dem Jahr 2000 in Deutschland nicht mehr ein einziger Baum stehen. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass der Klimawandel noch zu einem Problem wird, aber in Deutschland begeht man Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Alle Lösungsansätze führen zu massiven sozialen Verwerfungen, auf die die Politik (als Kunst des Ausgleichs verschiedener Interessen) keine Lösung hat.
Helmut Höft
22. Juli 2023 @ 19:19
@ebo
Grds. korrekt, die Quelle ist sehr gut (Tooze überhaupt immer).
Soweit ich Tooze verstanden habe (z.B. zuletzt bei Lanz), wird H2 in der Industrie gebraucht und eingesetzt werden, dann bleibt nix mehr über. Ich bin überzeugt, dass es nicht genug Energie(transformmation) geben wird, um allein den industriellen Bedarf zu befriedigen – von Logistik und Transport (vorhandene Pipelines taugen nicht für H2) ganz abgesehen.
„Das Grüne“ wird dem Planeten den Rest geben! SCNR
KK
22. Juli 2023 @ 13:43
@ Helmut Höft:
„mit drastischer Minderung der Energietransformation allgemein“
Vielleicht deshalb die aktuelle Kriegstreiberei bis hin zur nuklearen Eskalation: Ein paar Milliarden Menschen weniger brauchen halt auch sehr viel weniger Energie.
Helmut Höft
22. Juli 2023 @ 10:58
Dekarbonisierung … und raschere Umstellung auf Wasserstoff Da bin ich aber mal gespannt, wie man die Energietransformation A (aus fossilen Energieträgern) in Energietransformation B (aus zuvor zu Wasserstoff transformierter Energie) transformieren will (imho eine naturgesetzlich Unmöglichkeit). Siehe bspw. hier https://redfirefrog.wordpress.com/2023/06/29/heizen-mit-wasserstoff/ (ab Wasserstoff-Erzeugung) oder hier https://www.hhoeft.de/mythos/index.php/2021/05/18/gruen-blau-rot-grau-tuerkis-weiss-ein-kessel-buntes-9/
Mein Fazit (Brüssel herhören!): Die für „Die Grüne Zukunft“ aka „New Green Deal“ zu tätigenden Aufwendungen und einzusetzenden Resourcen (u. a. Kupfer, Lithium, Kobalt, seltene Erden …) werden dem Planeten und uns den Rest geben. Es geht nur mit „Grünem Schrumpfen“, mit drastischer Minderung der Energietransformation allgemein – schlag nach bei Ulrike Herrmann: Das Ende des Kapitalismus: Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden unbedingte Leseempfehlung.
ebo
22. Juli 2023 @ 11:06
Zum Thema Wasserstoff empfehle ich A. Tooze. Er setzt sich mit der Frage auseinander, ob es die Energie der Zukunft ist, oder eine Scheinlösung. https://foreignpolicy.com/2023/07/14/hydrogen-is-the-future-or-a-complete-mirage/
Michael Conrad
22. Juli 2023 @ 07:03
Im Endeffekt werden die Kunden dann doch lieber den sehr viel billigeren Stahl aus Indien oder China
kaufen.
Katla
21. Juli 2023 @ 18:33
Das könnte mal wirklich eine gute Nachricht sein, bei mir löst jedoch inzwischen eine Panikattacke aus, wenn der Wirtschaftsminister sich über irgendwas zufrieden zeigt… was hat er nicht schon alles hohgejubelt, was sich dann im besten Fall als Rohrkrepierer, im schlimmsten als wirtschaftliche Katastrophe erwiesen hat. Deshalb frage ich ernsthaft: Wo ist hier der richtig schlimme, grosse Pferdefuss?
Arthur Dent
21. Juli 2023 @ 16:50
Hier geht nicht mehr der Unternehmer, sondern der Steuerzahler ins Risiko. Übrigens erwartet man für weitere Hochöfen auch weitere Förderungen. Zwei Milliarden erst mal als Anfang. Für den Übergang (Zeitdauer?) nimmt man doch lieber Gas. Bei dem voraussichtlichen Bedarf an (grünem) Wasserstoff, frag ich mich, woher das ganze Wasser herkommen soll. (Man jammert schon über die Dürre, wenn es drei Tage warm ist in Deutschland ohne zu regnen). Für ein Kilo Wasserstoff braucht man etwa zwanzig Liter Wasser und rund 53 kw/h Strom. Und der soll auch grün sein. Ich halte das bis zum Beweis des Gegenteils für eine Schimäre wie Desertec. Mit viel Steuergeld wird der Niedergang der deutschen Stahlindustrie noch eine Zeitlang verschleiert. Wenn die Wasserstoff-Wirtschaft so toll ist, warum haben wir sie nicht schon seit Jahrzehnten?
KK
21. Juli 2023 @ 16:37
„„Es ist ein richtig guter Tag, der zeigt, dass das Industrieland Deutschland eine grüne Zukunft hat“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).“
Erst einmal wäre abzuwarten, ob das Industrieland Deutschland überhaupt eine Zukunft hat, Herr Abwirtschaftsminister!
Ich sehe da ehrlich gesagt nicht grün, sondern pechschwarz…