Die EU schützt uns nicht
Gestern war Datenschutztag. Justizkommissarin Reding nutzte die Gelegenheit, einen “Data protection compact” für Europa zu fordern und auf den britischen Geheimdienst zu schimpfen. Doch niemand hörte zu – denn das Vertrauen in die Schutzfunktion der EU schwindet.
Dies geht aus der Umfrage hervor, die ich Ende 2013 auf diesem Blog gestartet habe. Nur acht Prozent der Teilnehmer ist der Meinung, dass uns die EU vor NSA, Tempora & Co. schützt.
Demgegenüber sind 63 Prozent der Meinung, dass die EU und die USA bei den Angriffen auf den Datenschutz unter einer Decke stecken. Die jüngsten Ereignisse scheinen dies zu bestätigen.
So hat der Whistleblower E. Snowden in seinem ARD-Interview gesagt, die USA betrieben auch Wirtschaftsspionage – ein Vorwurf, der die EU-Kommission aufrütteln müsste.
“Wenn es etwa bei Siemens Informationen gibt, die dem nationalen Interesse der Vereinigten Staaten nutzen, aber nichts mit der nationalen Sicherheit zu tun haben, dann nehmen sie sich diese Informationen trotzdem”, sagte er.
Doch nicht einmal Reding hat darauf reagiert. Normalerweise sollte man erwarten, dass die EU protestiert und die TTIP-Freihandelsrunde aussetzt, bis der Vorwurf geklärt ist.
Snowden hat auch enthüllt, dass sich die EU nicht mit eigenen Servern vor der US-Spionage schützen können. Der NSA würde auch dort schnüffeln – was bedeutet, dass auch ein “Safe Harbor” Abkommen nicht ausreicht.
Doch bisher konnte sich die EU nicht einmal dazu durchringen, das bestehende Abkommen auszusetzen. Und die neue Datenschutzrichtlinie wurde auf 2015 verschoben – London und Berlin bremsen.
Klar, der Untersuchungsbericht des Europaparlaments zur NSA-Affäre steht noch aus. Vielleicht bewegt sich danach ja noch etwas. Doch bisher muss manu konstatieren, dass die EU unsere Daten nicht schützt.
Wir emanzipieren uns nicht von den USA, wir wagen nicht einmal eine Unabhängigkeitserklärung im Datenschutz, wie Reding sie fordert. Schade, es wäre so schön gewesen…
Siehe zu diesem Thema auch “Ein neues Narrativ?”
Tim
30. Januar 2014 @ 09:17
Kann mir mal jemand erklären, welche Schutzwirkung eine europäische Datenschutzvereinbarung in der Praxis hätte?
Auch das deutsche Bundesdatenschutzgesetz ist trotz seiner Strenge nur bedrucktes Papier, das sich nie und nirgendwo durchsetzen läßt. Was soll da auf europäischer Ebene besser laufen?
ebo
30. Januar 2014 @ 11:35
@Tim
Ganz einfach: Wenn es gelänge, Schlupflöcher wie in Irland zu stopfen, wo Amazon & Co. ihren Sitz haben, und einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen zu schaffe, vor mir aus auf deutschem Niveaa, wäre für alle viel gewonnen. Und wenn dann Deutschland und Frankreich gemeinsam Front gegen NSA&Co. machen würde, könnte sich etwas bewegen…
Tim
30. Januar 2014 @ 12:10
@ ebo
Ich glaube, da sitzt Du einem trügerischen Glauben an ein Heilsversprechen auf. Das deutsche BDSG ist zwar streng, bringt aber in der Praxis: NICHTS. Wenn wir das auf europäischer Ebene machen, bringt es ebenfalls nichts.
Die Hauptwirkung von Datenschutzgesetzen ist mehr Umsatz für Kanzleien und Datenschutzbeauftragen. Immerhin, könnte man sagen …
Johannes
30. Januar 2014 @ 00:42
Ja die EU eben, na ja, so kann man wenigstens in Brüssel nicht mehr behaupten, die Bürger zu schützen. Die EU ist gegen die eigenen Bürger, besserern Wahlkampf kann man doch nicht machen 😉
Andres Müller
29. Januar 2014 @ 12:20
Wer bei Snowden hinhörte und dann nachforscht…
Siemens, Ist es Zufall?
Der zweitgrösste Aktionär von Siemens ist der US-Gigant Black Rock.unter Larry Fink.
Der grösste Heuschreckenkonzern und Händler fauler Papiere der Welt -Black Rock, hat über Tochterfirmen Aufträge vom NSA erhalten und kann wohl auf die Datenbestände zugreifen. Black Rock führt übrigens auch ein eigenes gigantisches Datenverarbeitungszentrum, das mit der NSA zusammen arbeitet.
Vor Kurzem forderte Fink Investoren auf Siemens Aktien zu kaufen.
Die Aussage von Snowden war: Auch von der NSA selektierte Privatkonzerne können Nutzen aus den 5-Augen USA.Kanada, England, Australien, Neuseeland (plus Andere wie BND und vor allem der polnische Geheimdienst) Datenspionage ziehen.
Für mich besteht kein Zweifel, wir haben es mit einem transatlantischen Spionageverbund zu tun an den selektierte US Privatwirtschaft und auch solche in den 5eyes angeschlossen sind, das verbindende Netzwerk läuft z.B. unter dem Namen Council on Foreign Relations ( http://www.cfr.org/ ).
Es wird schnell klar, wir haben es mit der Entwicklung einer transnationalen Konzern -Plutokratie zu tun welche die nationalen Regierungen in Wirtschaftspolitik abzulösen drohen und natülich auch Demokratie praktisch ausschalten.
GS
29. Januar 2014 @ 11:54
Der Witz ist ja, dass wir sogar riesige Abhöreinrichtungen mitten in unserem Gebiet dulden oder dulden müssen. Natürlich wird da niemals gegen uns spioniert. Ach was. Die Siegermächte haben in diesem Land immer noch gewisse Sonderrechte. Und wenn Deutschland ein zentraler Anker der EU sein soll, hat das auch für diese Konsequenzen.
m.sastre
29. Januar 2014 @ 10:50
@Baer,
genau so ist es. Ich habe auch länger geglaubt, man müsse sich nur engagieren und dann würde ein, vielleicht langwieriger, Veränderungsprozeß stattfinden. Hier habe ich mich getäuscht und zuviel auf die Funktionsfähigkeit von Demokratie und Rechtstaat vertraut! Die Chancen, daß dieses Spiel sich seinem Ende neigt, stehen dennoch ziemlich gut, denn Ressourcenverbrauch, Zerstörung der Lebensräume und Überbevölkerung mit den daraus resultierenden Migrationsbewegungen auch nach Europa hinein werden ihr gründliches Werk tun. Eingeleitet wird dieses Szenario durch das Fortschreiten der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die offenkundige Unfähigkeit der menschliche Psyche, komplexe Sachverhalte zu verarbeiten und auf sie zu reagieren, solange sie noch im alltäglichen Leben keine Wirkungen zeigen, tritt hier deutlich zu Tage. Wenn aber die Folgen der Totalüberwachung auch für den Normalbürger spürbar werden, wird es wahrscheinlich zu spät sein.
Baer
29. Januar 2014 @ 09:58
Ich kann nur sagen , solange im Parlament immer die selben Gesichter sitzen( egal ob Opposition o. Regierung) wird sich in diesem Land nicht s zum Besseren wenden.
Wann werden die Bürgen das endlich begreifen?
Ich für meinen Teil kann nur hoffen, dass möglichst schnell alles in sich zusammenfällt ,damit es auch der letzte Michel merkt. Vielleicht gibt es ja einen Neustart ,wenn auch mit großen Schmerzen für die meisten Deutschen( natürlich nicht für die oberen 10% ? oder doch???).
Peter Nemschak
29. Januar 2014 @ 08:32
Ich würde gerne wissen, wie sich Siemens schützt und bin überzeugt, dass sie es aus vitalem Eigeninteresse auch tun. Die technischen und finanziellen Ressourcen dafür haben sie jedenfalls.