Die EU fürchtet Trump – doch ihr eigentliches Problem heißt Biden
Donald Trump ist überall. Mit einem einzigen Wahlkampf-Auftritt hat es der Ex-Präsident der USA geschafft, die Debatten in der EU und in der Nato zu prägen. Plötzlich reden alle vom 2-Prozent-Ziel und europäischen Atomwaffen.
English version here (Substack)
Dabei gibt es keinen Grund, über Trumps Stöckchen zu springen. Der Mann ist ein notorischer Provokateur und Rechtsbrecher – bisher ist nicht einmal klar, ob er zur Wahl im November antreten darf.
Das eigentliche Problem sitzt im Weißen Haus und heißt Joe Biden. Der angeblich so konstruktive Noch-Präsident hat Europa und die Welt in eine tiefe Krise geführt. Der „Leader of the free world“ hinterlässt ein bitteres Erbe.
Biden hat nichts getan, um den russischen Einmarsch in der Ukraine zu verhindern. Er hat nichts getan, um den Krieg zu beenden. Er hat das Ende von Nord Stream herbeigeredet und der EU teures LNG aufgeschwatzt.
Seine Sanktionen haben die EU nicht nur von Russland abgekoppelt, nun stören sie auch den Handel mit China. Sein „Inflation Reduction Act“ lockt deutsche Unternehmen in die USA und verzerrt den Markt für „grüne“ Technologien.
Als wenn das alles nicht schon schlimm genug wäre, hat Biden die USA in einen Mehr-Fronten-Krieg in den Nahen Osten verwickelt, der Kapazitäten aus der Ukraine abzieht und den Rest der Welt gegen den Westen aufbringt.
Rund sechs Monate vor dem Ende seiner Amtszeit stehen wir am Rande eines 3. Weltkriegs, jederzeit kann ein Funke den großen Brand entfachen. Polen, das Baltikum, der Libanon, Taiwan und sogar das Rote Meer – überall droht Gefahr.
Doch die EU-Politiker sehen in Biden immer noch den großen Freund und Helfer – dabei ist er nicht einmal mehr in der Lage, die versprochene Hilfe für die Ukraine zu liefern. Biden ist zur „lame duck“ geworden.
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Arthur Dent
17. Februar 2024 @ 12:45
“…und der EU teures LNG aufgeschwatzt.” – Wenn ich mich recht erinnere, hat schon Juncker den europäischen Gasmarkt reformiert und einen Deal mit Trump eingefädelt. Statt langer Lieferverträge mit Gazprom sollte Gas in der EU zunehmend an der Börse gehandelt werden. Für Börsenhändler ist es natürlich super, wenn Gas knapp ist.
Würden die USA zur Zeit “zuviel” Gas nach Europa exportieren, könnten in den USA die Preise steigen – für die “Demokraten” wäre das natürlich pures Gift im Wahlkampf. Den Braten hat Sleepy Joe gerochen und ein Moratorium verhängt – aus Umweltschutzgründen, versteht sich.
ebo
17. Februar 2024 @ 13:14
Stimmt, es ging unter Juncker und Trump los. Damals war Erpressung im Spiel, diesmal sind von der Leyen, Scholz und Habeck “freiwillig” auf die “großzügigen” Angebote ihres Freundes Biden eingegangen…
Art Vanderley
16. Februar 2024 @ 20:56
“Sein „Inflation Reduction Act“ lockt deutsche Unternehmen in die USA und verzerrt den Markt für „grüne“ Technologien”
Daran ist Europa selber schuld, man kann den Amerikanern nicht verwehren, kräftig hinzulangen gegen drohende Abwärtsspiralen.
Wäre Europa, und ganz besonders Deutschland, nicht gefangen in der ewiggestrigen Austerität und ihres übelrichenden Furunkels, der Schuldenbremse, sähe die Situation anders aus.
Die USA könnten hier sogar einen heilsamen Druck ausüben.
ebo
16. Februar 2024 @ 21:03
Die EU hätte vor der WTO klagen können, wegen Wettbewerbsverzerrung. Das Europaparlament hat dies sogar vorgeschlagen. Auch Frankreich fordert harte Gegenmaßnahmen. Doch von der Leyen und Habeck waren dagegen – sie setzten auf “transatlantische Kooperation”. Nun wandern die Betriebe und die Jobs ab…
KK
17. Februar 2024 @ 03:13
“Nun wandern die Betriebe und die Jobs ab…”
Und nach seinem Ministeramt wandert sicher Habeck ab zu einer Gastprofessor an einer US-Eliteuni wie einst Joschka Fischer… 😉
Art Vanderley
17. Februar 2024 @ 20:23
@ebo
In dieser Form gehts natürlich nicht, aber was spricht dagegen wenn sich USA und Europa gegenseitig hochziehen mit antizyklischer Wirtschaftspolitik, anstatt sich gegenseitig zu belauern.
KK
18. Februar 2024 @ 01:06
@ Art Vanderley:
So funktioniert das nicht: Wenn eine Waage auf einer Seite hoch geht, geht sie auf der anderen zwangsläufig runter…
Art Vanderley
18. Februar 2024 @ 21:14
@KK
Amerika wächst doch nicht nur auf Kosten Europas und umgekehrt. Wachstum muss generell nicht auf Kosten anderer gehen, gerade grüne Technologien sind auch eine Form qualitativen Wachstums, die dringend benötigt wird für alle. Wenn es abwerbende Effekte gibt beim InflationReductionAct, kann man ja darüber reden, aber Europa muss schon seinen Teil zum Wachstum beitragen, war doch früher auch möglich.
european
16. Februar 2024 @ 10:41
Das Problem der EU ist sie selbst und ihr devotes Verhalten gegenueber der US-Administration. Statt eine europaeische, neutrale Haltung einzunehmen und sich auf die Rolle des Vermittlers zu beschraenken, hat man sich zum willigen Diener gemacht, mit den Auswirkungen die wir haben.
Ich verweise nochmal auf den, zugegeben sehr langen, Artikel des European Council on Foreign Relations “The Art of Vassalisation” – Die Kunst der Unterwerfung. Die Auswirkungen dieser Politik wurden dort im April 2023 sehr eindruecklich beschrieben. Niemand sollte also ueberrascht sein.
https://ecfr.eu/publication/the-art-of-vassalisation-how-russias-war-on-ukraine-has-transformed-transatlantic-relations/
ebo
16. Februar 2024 @ 11:09
Nein, neutral kann die EU nicht sein. Weder gegenüber Russland, noch gegenüber Israel. Ihre Aufgabe wäre es, in beiden Kriegen auf ein schnelles Ende zu drängen und eine neue Friedensordnung auszuhandeln – zur Not auch ohne die USA. Ein “forever war” oder sogar ein Völkermord am Rande Europas schadet europäischen Interessen und macht alles kaputt, was seit dem 2. WK erreicht wurde. Leider ist es genau das, was wir derzeit erleben, in blinder Gefolgschaft zu Biden. Und die Angst vor Trump könnte alles noch schlimmer machen…
Karl
16. Februar 2024 @ 12:55
Das sehe ich wie ‚european‘: Neutralität ist die große Alternative zur Blockkonfrontation, eine neutrale Mittlerrolle zwischen den USA und den BRICS-Staaten, besonders mit China. Zum Besten für den Frieden und Wohlstand in Europa.
— In einem neutralen Europa hätte es keine NATO-Osterweiterung gegeben.
— Was wir stattdessen haben, steht in dem von ‚european‘ genannten Aufsatz über die Vassallisation:
2% vom BIP = 18% vom Bundeshaushalt für den MIK der USA. Tendenz steigend. Die Verarmung steigt auch.
skyjumper
16. Februar 2024 @ 16:24
Eine EU, wie auch immer man sie gerne haben würde, oder wie man sie aktuell auch einstuft, kann und darf nicht neutral sein. Dann kann man sie auch gleich komplett abschaffen.
Sehr wohl kann, und müßte, sich die EU aber als eine Mittlerin für Konflikte ausserhalb ihres direkten Territoriums sein,
@KK: Ich warne davor dem ständigen Gerede von den 2 % aufzusitzen. Das ist genau das verfolgte Ziel. Davon sind wir, hinsichtlich der gesellschaftlichen Auswirkungen, weit entfernt. Für 2023 betrug der Bundeshaushalt rund 475 Mrd. €, das BIP 4.000 Mrd. €, und der reguläre Verteidigungshaushalt 50 Mrd. €. 2 % WÄREN demnach 80 Mrd. € für das Militär gewesen. Real wie gesagt 50 Mrd., oder ~ 10 % vom Haushalt.
Die Hinzurechnungen aus den sogenannten Sondervermögen wirken sich nicht auf Sozialprogramme, Infrastrukturinvestitionen etc. aus. Noch nicht. Das kommt erst noch, wenn der reguläre Haushalt die 2%-BIP Forderung einmal in der Ausweisung erfüllt. DANN erst wird es bitter.
Das derzeitige ständige Gerede von angeblich erfüllten 2 % soll genau das vorbereiten.
KK
16. Februar 2024 @ 17:06
@ skyjumper:
Wo sitze ich denn den 2% auf?
Wegen mir können die Verteidigungsausgaben auf die Kosten bis zur vollständigen Abwicklung der Bundeswehr auf eben diese und danach auf Null reduziert werden – das Geld wäre an anderen Stellen besser und nachhaltiger verwendet.
Arthur Dent
17. Februar 2024 @ 00:18
“Neutral kann die EU nicht sein” – schon richtig, aber vielleicht aus anderen Beweggründen. Für die USA ist “Neutralität” ein Kampfbegriff – man ist entweder für die USA oder gegen sie. Und wenn man gegen sie ist, dann hat man permanent Konflikte. (Bereits vor der Fertigstellung von NS2 haben US-Senatoren unverhohlen damit gedroht, die Anlegerwerte der Aktionäre der am Pipeline-Bau beteiligten Firmen zu vernichten. Bereits 1962 hatten die USA ein Röhrenembargo durchgesetzt und so den Import von Gas und Öl aus der UDSSR verhindert. 1982 unternahm Reagan einen weiteren Versuch Erdgas-Röhren-Geschäfte mit der Sowjet-Union zu sabotieren. Die Amis hätten sicher auch ohne die Einmischung Russlands im Donbass Krach geschlagen – immer nach dem Motto, wir wissen am Besten, was gut für Europa ist. Man hat in der EU sicherlich mehr Angst vor den USA als vor Russland. Das “nukleare Tabu”, eine nachhaltige und bedingungslose Ablehnung des Einsatzes findet in den USA nur bei einer Minderheit Anklang).
In der Politik geht es um Geld, Macht, Einfluss – was schert einen Politiker das Wohl des Volkes? Man sichert zuerst die eigenen Pfründe – auch um den Preis des permanenten Hauens, Stechens und Schädelspaltens – Gemetzel um Gemetzel, Schlacht um Schlacht, Feldzug um Feldzug.
Kleopatra
16. Februar 2024 @ 09:25
Biden hat in den Monaten vor dem russischen Einmarsch durchaus versuchen lassen, den Russen klar zu machen, dass das eine schlechte Idee ist, von der sie die Finger lassen sollten. Die Russen haben sich nicht beeindrucken lassen, möglicherweise unter anderem deshalb, weil gewisse deutsche Politiker ums Verrecken nicht als ihre entschiedenen Gegner erscheinen wollten; aber Versuche, sie abzuschrecken, wurden durchaus unternommen. Falls Sie freilich meinen, Biden hätte auf die russischen “Forderungen” eingehen sollen, so waren die doch für jedermann erkennbar die Art von Forderungen, die man nur stellt, damit die andere Seite “Nein” sagt und man ihr den Schwarzen Peter zuschieben kann (vgl. österreichisches Ultimatum an Serbien 1914).
Sie können nicht wegargumentieren, dass Russland ein selbstständiges Land ist, das im konkreten Fall Dummheiten und Verbrechen begehen kann, ohne dass der Westen es daran hindern könnte. Der Westen ist nicht allmächtig. Was den Handel mit Russland betrifft, so ist Handel mit kriegsverbrecherischen, auf Eroberung gestimmten Staaten keine gute Idee.
ebo
16. Februar 2024 @ 09:43
Russland ist für den Krieg und die damit verbundenen Völkerrechtsverstöße verantwortlich, das ist unbestritten. Allerdings war seit der Wahl Bidens abzusehen, dass die Lage eskalieren würde. Er hat schon immer eine harte Linie gegenüber Russland vertreten; zudem hat er ein spezielles, auch familiäres, Interesse an der Ukraine. Biden hat sich nie um die Minsker Abkommen geschert und auch nichts getan, um sie durchzusetzen. Nach Kriegsbeginn hat er – so weit bekannt – nicht einmal das “rote Telefon” betätigt und versucht, mit Putin eine diplomatische Lösung zu finden. Andererseits gibt er der Ukraine nicht die Mittel, um militärisch die Oberhand zu gewinnen. Der US-Präsident hält den für Europa so bedrohlichen und ruinösen Krieg auf “kleiner Flamme” – gerade so, dass er noch ewig “köcheln” kann, ohne dass die USA Nachteile erleiden.
Kleopatra
17. Februar 2024 @ 09:50
Die USA waren keine Partei des Minsker “Abkommens”, warum hätten sie es durchsetzen sollen? Ohnehin konnte ein Abkommen, bei dem Russland sich je nach Gusto hinter der angeblichen Unabhängigkeit der als “Separatisten” firmierenden Räuberbanden verstecken konnte, nie auf Dauer funktionieren.
ebo
17. Februar 2024 @ 12:16
“Die Vereinigten Staaten befürworten die Umsetzung der Minsker Abkommen als Mittel zur Beendigung des Konflikts.” Abkommen ohne Anführungszeichen!
Mitteilung der US-Botschaft in Berlin von Januar 2022
KK
16. Februar 2024 @ 04:08
“Er [Biden] hat das Ende von Nord Stream herbeigeredet und der EU teures LNG aufgeschwatzt.”
Zum “herbeireden” hatte ich mich schon geäussert – und das LNG hat er der EU nicht nur aufgeschwatzt, er hat es nach der Schaffung der Tatsachen (Pipeline-Sprengung und entstandene Abhängigkeit) dann auch wieder entzogen.
Erinnert ein wenig an das Agieren von Israel im Gaza-Streifen: Erst werden die Palästinenser vom Norden Richtung Süden über Chan Yunis bis nach Rafah getrieben, und wo sie auch hingelangen, wird dann bombardiert und die dortige Lebensgrundlage in Schutt und Asche gelegt.
Wann begreifen die EUropäer endlich, dass wir uns in einem Wirtschaftkrieg befinden – und der Aggressor USA heisst?