Die Eine-Billion-Euro-Frage

Zeigefinger oder Stinkefinger, das ist hier die Frage

Ist die Bundesregierung bereit, für ihre umstrittene „Fiskalunion“ und die Rettung des Euro tiefer in die Tasche zu greifen? Dies ist die Frage, mit der sich Finanzminister Schäuble und Kanzlerin Merkel kurz vor dem nächsten Euro-Krisengipfel auseinandersetzen müssen. Italien fordert, den künftigen Euro-Rettungsschirm ESM auf eine Billion Euro aufzustocken, auch IWF-Chefin Lagarde fordert mehr Geld

Bisher ist geplant, den ESM mit 500 Millionen Euro zu dotieren. Über eine mögliche Aufstockung soll erst im März gesprochen werden, so hatten es die Chefs unter Merkels Regie im Dezember beschlossen. Doch nun machen Monti & Co. einen Strich durch die deutsche Rechnung. Sie fordern einen neuen Deal: Mehr Finanzhilfen als Gegenleistung für weitere Zugeständnisse etwa bei der Fiskalunion.  

Das ist durchaus verständlich. Denn beim Dezember-Gipfel hatten Monti & Co. die deutschen Bedingungen kampflos geschluckt, Zugeständnisse aus Berlin gab es praktisch keine (siehe mein Eintrag „Wo ist der Deal?“). Weder wurde der Euro-Rettungsschirm mit einer Banklizenz ausgestattet, noch wurde der versprochene „Hebel“ zur Steigerung der Ausleihkapazität umgesetzt. 

Das Geld reicht daher nicht, um Italien oder Spanien im Notfall zu retten – und schon gar nicht, um neue spekulative Attacken auf den Euro abzuwenden. Dieser Meinung ist auch der IWF, der bereits eine Aufstockung seiner eigenen Mittel plant. IWF-Chefin Lagarde sagte heute in Berlin, der Euro brauche eine stärkere Brandmauer. Sie schlug vor, den ESM um die 250 Millionen Euro aus dem auslaufenden EFSF aufzustocken, so dass insgesamt rund 750 Millionen zur Verfügung stünden – zusätzlich zu den geplanten neuen IWF-Mitteln (rund 500 Mill.).

Experten vom renommierten Peterson-Institute in Washington gehen sogar davon aus, dass zwei oder drei Billionen Euro benötigt werden, um die Lage dauerhaft zu beruhigen, wie FT alphaville meldet.

Nur in der Bundesregierung tut man immer noch so, als sei alles in bester Ordnung. Die bisher bewilligten Nothilfen reichten aus, beschied Schäuble seine italienischen Kollegen. Die Bundesregierung will keinen Cent mehr bezahlen, da sie eine neue Debatte im Bundestag und Widerstand in den eigenen Reihen fürchtet.

Doch es geht ja nicht nur ums Geld. Es geht auch um einen symbolischen, hochpolitischen Deal – um die Frage nämlich, ob es sich bei der Euro-Rettung um ein Geben und Nehmen handelt, oder um ein einseitiges deutsches Diktat. Ein Diktat würde, so hat Monti gewarnt, zu einem Anstieg der Europa- und Deutschlandfeindlichkeit führen.

Die Antwort erfahren wir frühestens beim Euro-Gipfel am kommenden Montag, vermutlich aber erst beim nächsten regulären EU-Treffen im März…



 

 

kostenloser Counter