Die CDU hängt an Orban, die EU braucht Schulden – und interne Mails warnten frühzeitig vor Impfdebakel


Die Watchlist EUropa vom 04. März 2021 –

Showdown im Europaparlament: Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat die Abgeordneten seiner nationalistischen Fidesz-Bewegung aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) zurückgezogen.

Er kam damit einer Entscheidung der Fraktion zuvor und behält das Heft des Handelns in der Hand. Seine Fidesz-Leute könnten nun zur rechtskonservativen EKR-Fraktion wechseln – oder gleich zur ID, bei der auch die AfD mitarbeitet.

Der Abschied bedeutet eine Schlappe für Fraktionschef Manfred Weber, aber auch für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin ist Mitglied der EVP; bei der Durchsetzung ihrer Politik ist sie auf die größte Fraktion angewiesen.

Parteichef Tusk spielt auf Zeit

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Viel dürfte davon nun abhängen, wie sich die EVP-Partei verhält, in der CDU und CSU den Ton angeben. Bisher ist die Mitgliedschaft der Fidesz in der Partei nur suspendiert. Parteichef Donald Tusk kündigte ein Ausschlußverfahren an.

Eine Entscheidung könne aber erst fallen, wenn es die Infektionslage erlaube, heißt es am Parteisitz der EVP. Denn dafür muß die “Political Assembly” zusammentreten. Das kann noch Wochen oder gar Monate dauern…

Fraktionschef Weber scheint sich bereits auf den finalen Bruch vorzubereiten. Die Partei stehe nicht länger auf derselben Grundlage wie die christdemokratischen Gründerväter seit Adenauer, sagte der CSU-Politiker. “Es ist der Fidesz, der sich abgewandt hat.“

“Die Hand bleibt ausgestreckt”

Demgegenüber sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Daniel Caspary: “Die Hand bleibt ausgestreckt.”

Die Änderungen der Geschäftsordnung hätten nicht darauf abgezielt, die Fidesz auszuschließen, so Caspary. Ziel sei lediglich eine Suspendierung gewesen.

Ähnlich dürfte man dies auch bei der CDU in Berlin sehen. Jahrelang hatte sie sich gegen einen Rauswurf von Fidesz gestemmt. Auch jetzt zeichnet sich keine klare Linie ab.

Der neue Parteichef Armin Laschet hatte nach seiner Wahl erklärt, ein Abdriften der Fidesz „ins Rechtsradikale“ müsse verhindert werden.

Man brauche Ungarn und Polen in der EU, so Laschet. Offenbar will er Orban nicht verprellen…

Siehe auch “Na endlich – Orbans Anhänger verlassen die EVP-Fraktion”

Watchlist

Ist die “Europäische Säule sozialer Rechte” mehr als ein wohlklingendes Versprechen? Dies dürfte sich am Donnerstag zeigen, wenn die EU-Kommission ein neues Konzept vorstellt. Bisher steht die Säule auf schwankendem Grund. Bei ihrer Ausrufung auf einem Sondergipfel in Göteborg hielt es Kanzlerin Merkel nicht einmal für nötig, dabei zu sein. Nun macht die portugiesische Ratspräsidentschaft Dampf. “Die Bürgerinnen und Bürger in Europa brauchen nicht nur Lippenbekenntnisse, sondern einen konkreten Plan mit greifbaren und durchsetzbaren Zielen, die bis 2030 erreicht werden sollen, sagt die SPD-Europaabgeordnete Gaby Bischoff. Schaun ‘mer mal…

Hotlist

  • Um der europäischen Wirtschaft Luft zur Erholung zu geben, will die EU-Kommission die Schuldenregeln für die Euro-Zone für mindestens ein weiteres Jahr aussetzen. Auch 2022 sollen die Euro-Länder Kredite aufnehmen können, ohne die Auflagen aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zu beachten, so das “Handelsblatt”. – Im Grunde ist dies eine Nicht-Meldung zu einer Nicht-Entscheidung. Nicht einmal Deutschland hält derzeit die Schuldenregeln ein. Und sogar die EZB warnt vor einer verfrühten Rückkehr zur strikten deutschen Budgetdisziplin…
  • Die Corona-Lockdowns haben den weltweiten CO2-Ausstoß so stark wie nie seit dem Zweiten Weltkrieg reduziert. Doch dieser Effekt ist offenbar schon verpufft. Ende 2020 lagen die Emissionen wieder höher ein Jahr zuvor. Das hat jetzt die Internationale Energieagentur IEA in Paris mitgeteilt, wie der “Klimareporter” berichtet. – Die neuen Zahlen zeigen, dass es nicht ausreicht, Klimaneutralität bis 2050 anzustreben, wie die EU mit ihrem “Green Deal”. Sie zeigen aber auch, dass es mit weniger Auto- und Flugverkehr nicht getan sein wird…
  • Aus vertraulichen Mails der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) geht hervor, dass hochrangige Mitarbeiter bei der Zulassung des weltweit ersten Impfstoffs gegen Covid-19 von Biontech/Pfizer im Herbst 2020 aufs Tempo drücken wollten. Die internen Schreiben, die “Business Insider” vorliegen und deren Echtheit die EMA bestätigt hat, geben einen Einblick in die hitzigen Diskussionen kurz vor der ersten Zulassung. – Jetzt kann von der Leyen nicht mehr behaupten, sie sei nicht vor dem Impfdebakel gewarnt worden. Jetzt passiert genau das, wovor die EMA gewarnt hat: Immer mehr EU-Staaten gehen fremd… – Mehr hier