Spielverderber Deutschland, Problemfall China – und neue Unruhen in Nordirland?

Die Watchlist EUropa vom 20. Mai 2021 –

Kriegt die EU noch rechtzeitig die Kurve – oder kommt der Corona-Impfpass zu spät für den Urlaub? In Brüssel wächst die Sorge, dass das große Sommer-Versprechen scheitern könnte, nachdem am Dienstagabend in Brüssel eine weitere Vermittlungsrunde geplatzt war. Zum Streit über die praktischen Details des Impfpasses gesellt sich die Befürchtung, dass Deutschland den Zeitplan sprengen könnte.

Bisher war geplant, dass alle 27 EU-Länder bis Juni ein „digitales grünes Zertifikat“ (so der offizielle Titel) einführen, auf dem Impfungen, Tests und eine überstandene COVID-19-Krankheit verzeichnet sind.

Damit sollen Reisen erleichtert werden, Corona-Tests und Quarantänen sollen entfallen.

Vor allem die Urlaubsregionen in Südeuropa setzen große Hoffnungen in das EU-Zertifikat. Deutschland hingegen war von Anfang an skeptisch – und könnte nun zum Spielverderber werden.

Bei den Verhandlungen mit dem Europaparlament setzte die Bundesregierung durch, dass den EU-Staaten bei der Umsetzung eine Übergangsfrist von bis zu sechs Wochen eingeräumt wird.

„Ich hoffe und bete“

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Berlin hätte so theoretisch bis Mitte August Zeit, um die Daten über Geimpfte, Getestete und Genesene zu digitalisieren. Der deutsche Impfpass käme damit aber viel zu spät für die Sommerferien.

„Ich hoffe und bete, dass das schneller geht“, kommentiert der Europaabgeordnete Peter Liese die Probleme. Der Datenschutz und der Föderalismus dürften den Impfpass nicht ausbremsen, fordert der CDU-Experte.

Schließlich gehe es um die Glaubwürdigkeit. Es könne nicht sein, dass die Bürger anderer EU-Staaten von dem Impfzertifikat profitieren, Deutsche aber nicht.

„Kein weißer Rauch“

Deutschland ist jedoch nicht das einzige Sorgenkind. Für Ärger sorgt auch der Ministerrat – also die Vertretung aller EU-Länder. In den Verhandlungen mit dem Europaparlament stellt sich der Rat stur.

Trotz eines Kompromissangebots gebe es „noch keinen weißen Rauch“, erklärte die liberale Europaabgeordnete Sophie in ‚t Veld nach einer Vermittlungsrunde („Trilog“).

Der nächste Trilog findet am Donnerstag statt. Wenn man sich dann auch wieder nicht einigt, droht das vollmundige Sommer-Versprechen zu platzen…

Siehe auch „Keine Einigung: Scheitert der Impfpass?“

Watchlist

Wird das Investitionabkommen mit China ganz offiziell auf Eis gelegt? Darüber will am Donnerstag das Europaparlament entscheiden. Zuvor hatte die EU-Kommission bereits erklärt, dass sie das Projekt vorerst nicht weiter verfolge. Grund sind die Gegensanktionen, die China gegen die EU verhängt hat (Brüssel hatte angefangen), und die auch Europaabgeordnete treffen. Nun wollen die Parlamentarier die Gangart weiter verschärfen und sich den USA und Taiwan zuwenden…

Hotlist

  • Neue Unruhen in Nordirland? Representatives of outlawed “loyalist” gangs have warned U.K. lawmakers that Northern Ireland risks a summer of violence if the European Union doesn’t concede fundamental changes to the post-Brexit trade deal, so „Politico“. – London hat bereits an Brüssel appelliert, den DEal zu ändern – doch die EU bleibt hart. So könnte sie unfreiwillig zu neuer Gewalt beitragen…
  • Eurostar vor Pleite gerettet: Exsangue, l’entreprise ferroviaire a conclu un accord de refinancement avec ses actionnaires. 290 millions d’euros sont réinjectés dans cette filiale de la SNCF, meldet „Le Monde“. Großbritannien wollte sich an der Rettung nicht beteiligen, die EU hielt sich vornehm im Hintergrund. Dabei hat sie das „Jahr der Bahn“ ausgerufen und neue Verbindungen versprochen. Nun wäre um ein Haar die wichtigste – durch den Kanaltunnel – bankrott gegangen…
  • USA setzen Sanktionen gegen Nord Stream aus: The Biden administration will waive sanctions on the company behind Russia’s Nord Stream 2 pipeline to Europe and its chief executive, a U.S. source familiar with the plans and Germany’s foreign minister said on Wednesday, berichtet Reuters. – Das ist ein Erfolg für Außenminister Maas – und eine Niederlage für CDU- und Grünen-Politiker, die seit Monaten ein Ende der Pipeline fordern. Die Frage ist: Gibt es Gegenleistungen?