Der unglaubliche Machtzuwachs der EU-Kommission

Die EU-Kommission legt sich mit Twitter an und drängt den neuen Eigentümer Musk zum Kampf gegen Hass und Fake News. Twitter müsse sich „vollständig an die europäischen Regeln anpassen“, sagte EU-Kommissar Breton. Er meint es ernst – denn die Regeln werden künftig aus Brüssel überwacht.

Möglich macht’s das „Digitale Dienste Gesetz“ (DSA), das der EU-Kommission direkten Zugriff auf das Internet und seine Inhalte erlaubt. Die Brüsseler Behörde kann künftig von den großen Internet-Plattformen wie Twitter in akuten Krisensituationen verlangen, „dringende Bedrohungen zu begrenzen“.

Es ist nur das jüngste Beispiel für den unglaublichen Machtzuwachs der Kommission. Unter der Leitung der deutschen CDU-Politikerin von der Leyen haben die 27 Kommissare und ihre rund 32.000 Beamten immer mehr Kompetenzen an sich gerissen, meist ohne parlamentarische Kontrolle.

Es begann mit der Impfstoff-Beschaffung. Obwohl die EU in der Gesundheitspolitik nicht viel zu sagen hat(te), zog von der Leyen die Bestellung der Vakzine an sich. Die milliardenschweren Verträge werden bis heute geheim gehalten, erst jetzt klagen fünf grüne EU-Abgeordnete auf Offenlegung.

Der nächste Streich gelang mit dem 750 Mrd. Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds. Die EU-Kommission kümmert sich um die Finanzierung am Finanzmarkt und um die Verteilung des Geldes. Ein Teil der Hilfen wird zuückgehalten (etwa für Ungarn), das EU-Parlament hat keine Kontrolle.

Dann, im Dezember 2021, kamen die Sanktionen gegen Russland. Ohne klaren Auftrag handelte von der Leyens Kabinett die massivsten Strafmaßnahmen direkt mit dem Weißen Haus in Washington aus – und das schon lange vor dem Krieg. Transparenz? Keine, Medienanfragen werden abgeblockt.

Last but not least verwaltet die Kommission auch noch die zunächst 5 Mrd. Euro schwere Friedensfazilität. Das ist ein Haushalt neben dem EU-Haushalt, der ursprünglich für friedenserhaltende Maßnahmen in Afrika gedacht war. Nun finanziert er den Krieg gegen Russland in der Ukraine – ohne parlamentarische Kontrolle.

Für all diese Maßnahmen gibt es gute Gründe. Die Pandemie, der Krieg, Terror im Internet – dagegen muß Europa handeln. Es steht jedoch nirgendwo geschrieben, dass ungewählte EU-Beamte ohne öffentliche Debatte und parlamentarische Aufsicht immer mehr Kompetenzen an sich reißen dürfen.

Möglich wurde dies durch die Permakrise und den permanenten Ausnahmezustand, in den die EU seit 2020 verfallen ist. Und durch ein fragwürdiges Verständnis der europäischen Integration, die als „mehr Europa“ daher kommt – und in der Praxis „mehr Macht für von der Leyen und ihre Berater“ bedeutet…

Siehe auch „Von der Polykrise zur Permakrise“ und Erst die Schulden, nun der Staatsanwalt: Mutiert die EU zum Staat?