Der Rauswurf aus SWIFT wirft viele Fragen auf

Noch am Freitag war Deutschland dagegen, nun passiert es doch: Russland bzw. die führenden russischen Banken werden aus dem Bankdatensystem SWIFT ausgeschlossen. Zündet der Westen nun die “finanzielle Atombombe”? Und was soll damit erreicht werden? Der Rauswurf wirft viele Fragen auf.

Die erste Frage betrifft das Zustandekommen der Entscheidung. SWIFT ist eine formal unabhängige Genossenschaft der Banken, die EU-Recht unterliegt. Man muss also einen EU-Rechtsakt haben, um russische Banken auszuschließen.

Die treibende Kraft waren jedoch – wieder einmal – die USA. Die letzte Entscheidung trafen nach Angaben der Bundesregierung die Vereinigten Staaten, Frankreich, Kanada, Italien, Großbritannien, die EU-Kommission und Deutschland.

Deutschland wurde massiv bedrängt – vor allem von den USA, aber auch von Frankreich. Die Bundesregierung hat mit Verweis auf die Versorgungssicherheit bei Erdgas und die Finanzstabilität bis Freitag berechtigten und nachvollziehbaren Widerstand geleistet.

Die EU-Kommission hingegen hat sich als hilfswillige Dienerin der USA erwiesen. Setzt sie nur noch um, was in Washington geplant wird, oder greift sie auch deutsche Bedenken und Sorgen kleiner EU-Staaten auf? Was wird aus den versprochenen Kompensationen?

Die nächste Frage betrifft das Timing. Wieso kommt diese Entscheidung jetzt, drei Tage nach Beginn des Krieges? Angekündigt war, alle Sanktionen auf einmal zu verhängen. Das war offenbar nicht möglich. Doch nun ist der Zeitpunkt denkbar unglücklich.

Die USA und die EU ziehen mit SWIFT einen ihrer größten Trümpfe aus dem Ärmel. Damit hätte man genauso gut warten können, bis Russland den Krieg eskaliert. SWIFT hätte als Hebel getaugt, um die Ukraine bei Verhandlungen zu unterstützen – nun ist es dafür zu spät.

Eine weitere Frage betrifft die Ausnahmen. Betroffen sind nach offiziellen Angaben alle russischen Banken, die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert sind. Hinzu kommen sollen – soweit erforderlich – weitere russische Geldinstitute.

Vorsicht vor dem “Vergeltungsreflex”

Doch welche sind ausgenommen? Und wer entscheidet das? Geht es darum, die Zahlungen für Öl und Gas aus Russland aufrecht zu erhalten – oder sollen auch diese gekappt werden? Dann wäre der Schaden groß – auch für Deutschland und die EU.

Letztlich könnte der Rauswurf aus SWIFT wie eine “finanzielle Atombombe” wirken und die Zahlungen an Gazprom unterbinden. Er könnte sich aber auch als Bluff erweisen, um das heimische Publikum zufrieden zu stellen, das nach Vergeltung schreit.

Vor dem “Vergeltungsreflex” warnt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Kurzfristig würde ein mit der SWIFT-Blockade ausgelöster Lieferstopp für Gas dem Westen mehr schaden als Russland, sagt IfW-Vizepräsident Kooths. Langfristig sei es umgekehrt.

“Realpolitisch zählt für Sanktionen daher das Timing, nicht der rasche Vergeltungsreflex, so populär er augenblicklich auch sein mag“, so Kooths. Dem ist nichts hinzuzufügen…

Siehe auch “Wie SWIFT von den USA zur Waffe umfunktioniert wurde – mit EU-Hilfe”