Der Billionen-Dollar-Bluff

Der Künstler Michael Marcovici war schneller – er stapelte eine Billion auf Paletten 

Die Finanzminister der Eurogruppe wollen ihre Rettungsschirme auf 800 Mrd. Euro erhöhen. In US-Dollar wäre das etwas mehr als eine Billion. Doch diese beeindruckende Summe kommt nur durch Rechentricks zustande – längst ausgegebene Mittel für Griechenland werden ebenso mitgerechnet wie schon verplante Hilfen an Irland und Portugal. Die kombinierte Feuerkraft aus dem alten EFSF und dem neuen ESM liegt bei maximal 700 Mrd. Euro – und sie wird auch erst nach und nach erreicht. Im Klartext: das Ganze ist ein Bluff.

Nach der Einigung in Kopenhagen kann Finanzminister Schäuble nun zumindest das Gesicht wahren. Denn es bleibt bei den 500 Milliarden, die für den ESM vorgesehen waren. Die Restsumme wird aus dem alten Rettungsschirm EFSF hinzugefügt, und das auch nur vorübergehend. Dennoch hat die Aufstockung, die wie beim jüngsten Hilfsplan für Griechenland erst nach etlichen Rechentricks möglich war, eine unangenehme Kehrseite: Damit steigt nämlich auch die Haftung für Deutschland – von zunächst 211 auf 250 Milliarden Euro.

Außerdem ist die Einheit dahin, mit der die Eurogruppe den Spekulanten die Stirn bieten wollte. Neben Frankreichs Finanzminister Baroin, der eine Billion Euro gefordert hatte (siehe “Eine Art Krieg”) sorgte auch seine österreichische Amtskolllegin Fekter für Ärger – denn sie präsentierte die Einigung schon, bevor sie offiziell verkündet wurde. Eurogruppenchef Juncker empfand dies als Affront und sagte eine Pressekonferenz kurzerhand wutentbrannt ab.

Auch die Analysten reagierten enttäuscht. Der neue Milliardenfonds erinnere “an ein Rettungsboot, das wegen Überbeanspruchung in dem Moment zu sinken droht, wo es genutzt wird”, heißt es in einem Kommentar von MM Warburg. “Eine derartige Konstruktion kann den Märkten gar kein Vertrauen zurückbringen; man kauft allenfalls ein wenig Zeit, bevor die nächste Vertrauenskrise mit Panikanfällen umso stärker zuschlägt.”

Sorgen muss sich nun vor allem Spanien machen. Denn das Land verfehlt nicht nur die EU-Vorgaben für das Budgetdefizit. Die Regierung in Madrid hat auch große Probleme, die überschuldeten Banken mit frischem Geld zu versorgen. Deshalb sind die Zinsen für spanische Staatsanleihen in den letzten Tagen in die Höhe geschossen, nachdem sie zu Beginn des Jahres deutlich gefallen waren.

Zudem machen in Brüssel Gerüchte die Runde, wonach Spanien schon bald Hilfe aus dem neuen Rettungsschirm anfordern könnte (siehe “Braucht Spanien Hilfe?”). Die Eurokrise ist zurück – dabei sollte von dem Treffen in Kopenhagen eigentlich ein Signal der Entspannung ausgehen…

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