Braucht Spanien Hilfe?
Während die Gewerkschaften in Spanien zum Generalstreik gegen den Sparkurs blasen, sorgt sich die Regierung in Madrid um die Stützung ihrer angeschlagenen Banken. Woher sollen die offiziell 52 Mrd., vermutlich aber eher 100 Mrd. Euro, kommen, die für die Rekapitalisierung benötigt werden? Der Staat kann dies nicht stemmen, der Privatsektor will es nicht. Muss Madrid am Ende Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm anfordern?Bisher ist es nur ein Gerücht: Ähnlich wie vor zwei Jahren Irland muss bald auch Spanien unter den Rettungsschirm schlüpfen, um seinen angeschlagenen Bankensektor zu retten. Gestreut hat es ausgerechnet der spanische EU-Kommissar Almunia, wie der Fachdienst Eurointelligence berichtet. Offiziell wird dies zwar dementiert. Spanien könne sich selbst helfen, die EU habe keinerlei Absicht, Hilfe anzubieten, sagte der Sprecher von Währungskommissar Rehn in Brüssel.
Doch überzeugend klingt das nicht. Denn die naheliegendste Option – eine Rekapitalisierung durch den Staat – macht die Brüsseler Behörde mit ihrem Spardiktat für Madrid selbst unmöglich. Die zweite Option – die Banken über den Kapitalmarkt zu stützen – ist angesichts des wieder wachsenden Mißtrauens der Anleger und der wieder steigenden Risikoaufschläge schwierig geworden.
Im Zweifel wird daher die Eurozone oder der IWF helfen müssen. Dies wäre aber mit neuen, noch härteren Auflagen für Spanien verbunden, die das Land wohl endgültig in einen Teufelkreis à la Griechenland stürzen würden. Schon jetzt streiten Regierungschef Rajoy und Währungskommissar Rehn um das Budgetdefizit, das 2012 deutlich höher ausfällt als die geplanten 4,4 Prozent (siehe auch “Viva Espana”).
Rehn kam Rajoy zwar entgegen – doch dafür muss Spanien 2013 umso härter auf die Sparbremse treten. Kritiker sprechen schon von einem Konsolidierungsprogramm, das härter sei als das in Griechenland, sogar von einer “Kriegswirtschaft” ist in der spanischen Presse die Rede. Auf jeden Fall dürfte der Sparkurs die Rezession verschärfen und die Sanierung der Banken, die auf faulen Immobilienkrediten sitzen, weiter erschweren.
“In Spanien zieht die Euro-Dämmerung herauf”, fürchtet G. Lachmann in seinem Blog. So weit würde ich zwar nicht gehen. Aber es zeigt sich wieder einmal, dass der von Deutschland diktierte Konsolidierungskurs die Krise verschärft und an der Sache vorbeigeht. In Spanien haben wir es mit einem überschuldeten Privatsektor, nicht mit einem überschuldeten Staat zu tun. Doch die Medizin, die Berlin und Brüssel dem spanischen Patienten verordnen, geht an dieser Problematik völlig vorbei…
Mac
31. März 2012 @ 14:15
Wir, das sind wir dummen Steuerzahler in den Nord-Ländern. Das mag man in Brüssel nicht gerne höre, aber ich glaube nicht, dass Spanien und Co im Moment Greichenland retten. Gleichzeitig stellt man als Steuerzahler fest, dass sich nach 2008 kaum etwas geändert hat. Wo bleibt da Brüssel, ach genau, die kümmern sich grade lieber darum, wie man noch mehr Millarden der Bürger “einsetzen” kann für die Bänker. Daher wir, weil “wir” die Deppen sind, die zahlen müssen, während die “Menschen” in Brüssel noch immer nicht begriffen haben, dass nach 2008 eine neue Zeitrechnung begonnen hat. Dieses “mehr Geld” gibt es nicht mehr ohne Gegenleistung. Das aber wollen die da in Brüssel nicht hören. Ich mache ihnen einen Vorschlag: Deutschland zahlt/garantiert für nichts mehr und der Rest rettet den Euro, sie wissen, was das bedeuten würde. Nochmals, WIR sollen retten was das Zeug hält und retten die “Ärsche” der Bänker in London und New York (und Frankfurt) oder wie würde die Gewinne ausfallen, wenn der Euro untergehen würde? Aber eine Transaktionssteuer, oh mein Gott, bloss nicht. Ist ok Eric B, als Bürger versteht man langsam wie es da in Brüsel läuft. Mehr Geld für die Banken, weniger Rechte für die Bürger, alles möglich intransparenr, auf keinen Fall Demokratie einsetzten und Bürger abstimmen lassen und die Zocker weiter retten. Man ist sauer, richtig sauer und will nicht mehr ständig hören, wieviel Geld man doch noch in die Hand nehmen müsse. Nochmals, WIR kriegen kaum mehr etwas zurück von der EU. Wall-Street und London sind wichtiger, ok, Message ist angekommen. Und jetzt wieder zum normalen EU Alltag: Wir brauchen mehr Geld für die Banken 😉
Eric B.
30. März 2012 @ 20:23
Was heißt WIR? Es ist ja nicht etwa der deutsche Steuerzahler, der rettet, sondern es ist die Eurozone plus IWF. Mir gefällt dieses deutsche Denken nicht,das besagt, WIR müssten für alles aufkommen, und so tut, als sei es UNSER Euro. Nein, es ist eine Gemeinschaftswährung. Und ein Bankenproblem. Das ist der Hauptwiderspruch den viele nicht verstanden haben
Mac
30. März 2012 @ 14:27
Also retten WIR bald auch noch Banken in Spanien. Ich dachte nach 2008 würde sowas nicht mehr gemacht. Ja, ja, tolles Europa, null Eier wenn es um die Wünsche der Wall-Street und Bänker geht. Kann man dieses Europa auch so lassen wie es ist, ohne Millardenschirme. Die Elite in Brüssel lebt weiter in ihrer schicken Welt. Euro über alles, über alles, diese beiden Wörter hatten die Nazis auch sehr lieb, leider. Das schlimmste, es ist überhaupt kein Ende mehr in Sicht.
Sozialdemokraten gegen den Fiskalpakt
29. März 2012 @ 23:39
Der einzige Ausweg aus diesem Irrenhaus bestünde meiner Meinung nach darin, endlich die EZB als wirkliche Zentralbank agieren zu lassen. Hat sich mal jemand gefragt, warum die USA, Großbritannien oder Japan trotz teilweise bedeutend höherer Schulden als unsere Eurokrisenstaaten keine Krise haben? Wir haben es mit einer Staatsgläubigerpanik zu tun. Der begegnet man am besten durch direkte Intervention der EZB. Das hält die Zinsen niedrig und lässt genügend Zeit für eine kluge Konsolidierung, die etwas anderes ist als das augenblickliche brüningsche Totsparprogramm. Direkte Intervention der EZB heisst auch, dass man sich die milliardenschwere Subvention des Finanzsektors spart. Das einzige Problem ist, dass diese Lösung an die neoliberalen Gläubenssätze unserer konservativen Regierungen rührt. Die Sozialdemokraten sind in Deutschland leider auch nicht viel besser.www.facebook.com/Fiskalpakt
Eric B.
29. März 2012 @ 15:19
Naja, die offiziellen Stimmen habe ich ja zitiert, die dementieren alles. So kurz vor dem wichtigen Treffen der Finanzminister in Kopenhagen will man keinen weiteren Ärger; schließlich gibt es ja schon Streit um die Größe des neuen Rettungsschirms ESM. Die Wahrheit lässt man in Brüssel immer nur scheibchenweise und in homöopathischen Dosen raus – so war es auch bei Irland und Portugal…
seejay
29. März 2012 @ 12:26
Münchau hat ja schon länger in seinen FT-Kolumnen auf Spanien hingewiesen. Nun auch im Spiegel: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,824215,00.htmlimho analytischer als im verlinkten Lachmann-Blog, ganz im Sinne einer balance sheet recession, mit den von dir beschriebenen Folgen. Als Ausweg sieht er nur einen (sehr) erweiterten Rettungsschirm in einer Größenordnung, der dann letztlich Eurobonds entspricht.Wie sehen denn das andere Stimmen in Brüssel?