Der amerikanische Freund

Die “F*** the EU”-Affäre zieht Kreise. Die USA beschuldigen Russland, hinter dem Leak zu stecken; die Medien greifen dies begierig auf. Doch es geht nicht nur um NSA & Co. Es geht auch um Europa und die Geopolitik: Der “amerikanische Freund” hält uns gnadenlos den Spiegel vor.

Scheinbar nimmt niemand ernst, was die US-Europaexpertin Nuland in ihrem “F***”-Video gesagt hat. Dabei spricht es Bände über das geopolitische Ringen um die Ukraine.

  1. Die USA wollen Präsident Janukowitsch so schnell wie möglich loswerden, deshalb dringen sie auf sofortige Sanktionen, ganz egal, was in der Ukraine passiert.
  2. Die USA trauen der EU keine Krisenlösung mehr zu, sie wollen lieber die Uno einschalten (wo sie selbst den Ton angeben, aber auch Russland vorführen können).
  3. Die USA halten nichts von Merkels Liebling Klitschko. Sie förden dessen Rivalen Jazenjuk, was Merkels Wut über das “inakzeptable” Verhalten der USA erklärt.

Die Amerikaner halten der EU damit den Spiegel vor – und sie haben in weiten Teilen recht. Die EU kann es nicht, Klitschko kann es nicht, Merkels Schlingerkurs hat die Lage in Kiew nur verschlimmert.

Während die Amerikaner ganz offensichtlich und ungeniert einen Machtwechsel in Kiew betreiben, wissen die Europäer immer noch nicht, was sie eigentlich wollen. Sie haben keine Strategie.

Zwar bereitet Brüssel nun Sanktionen vor, wie EU-Diplomatin Schmid ausplauderte. Merkels Vertrauter E. Brok arbeitet im Hintergrund schon an einer neuen Verfassung (wer hat ihn eigentlich beauftragt?).

Doch was aus der Ukraine nach einem möglichen Machtwechsel werden soll, ist unklarer denn je. Einen Beitritt, wie er neuerdings in Brüssel ventiliert wird, kann sich die EU schlicht nicht leisten.

Eine Partnerschaft, wie sie noch in Vilnius angeboten wurde, würde nicht einmal mehr der ukrainischen Opposition genügen. Das Assoziierungsabkommen war ein vergiftetes Geschenk – sagen sogar US-Experten.

Nicht einmal eine Stützung des Landes kann die EU alleine stemmen. Sie ist (wie schon in der Eurokrise) auf die Hilfe des IWF angewiesen – und natürlich auf den “amerikanischen Freund”…

…und das zehn Jahre nach dem Irak-Krieg und sechs Jahre nach Lehman-Brothers. Wann sagen wir Europäer eigentlich mal “F*** the US” – und nehmen unser Schicksal in die eigene Hand?

Siehe auch “The new Great Game” und meinen Hangout mit Euromaidan-Aktivisten bei T. Jung: “Klitschko kann es nicht”