Das Nordstream-Attentat wird wohl nie aufgeklärt
Ein Jahr nach dem Anschlag auf die Nordstream-Pipelines wird die Aufklärung weiter verschleppt. Die Bundesregierung hält ihre Erkenntnisse geheim, die EU ermittelt nicht, die NATO schweigt. Bleibt der Kriegsakt gegen eine wichtige europäische Infrastruktur ungesühnt?
Ein Jahr nach den Anschlägen auf die Nordstream-Pipelines geht das Rätselraten munter weiter. Nach Erkenntnissen deutscher Ermittler gibt es zwar einige Tatverdächtige, die allesamt aus der Ukraine stammen.
Doch nach Recherchen von ARD, Süddeutscher Zeitung und ZEIT dementieren die meisten Verdächtigen eine Tatbeteiligung. Und die Bundesregierung tut alles, um die Ukraine aus dem Schußfeld zu nehmen.
Auch die USA wollen es nicht gewesen sein – den Enthüllungen von S. Hersh zum Trotz. Zum Jahrestag legte Hersh neue Erklärungen vor. Demnach sei es Washington darum gegangen, Berlin von einer möglichen Rückkehr zur russischen Gasversorgung abzuhalten.
“The Biden administration blew up the [Nord Stream] pipelines but the action had little to do with winning or stopping the war in Ukraine. It resulted from fears in the White House that Germany would waver and turn on the flow of Russia gas — and that Germany and then NATO, for economic reasons, would fall under the sway of Russia and its extensive and inexpensive natural resources. And thus followed the ultimate fear: that America would lose its long-standing primacy in Western Europe”.
S. Hersh
Tatsächlich gab es damals deutsch-russische Gespräche über die angebliche defekte Turbine. Deutschland blockierte auch EU-Sanktionen gegen Gas aus Russland, wie sie etwa die Ukraine forderte.
Mehr als ein Indiz ist dies jedoch nicht. Die Ukraine und die USA hatten ein Motiv – that’s all we know.
Mindestens genauso stark schien zunächst die Motivation, die Hintergründe aufzuklären. Doch die Bundesregierung hält ihre (angeblichen) Erkenntnisse zurück, die EU hat nie ermittelt, und die Nato schweigt.
Kein Interesse an Aufklärung
Mittlerweile hat im Westen offenbar niemand mehr ein Interesse an Aufklärung. Der Bruch mit Russland ist vollzogen, daran will auch die Bundesregierung nicht mehr rütteln. Die USA und die Ukraine haben in dieser Hinsicht ihre Ziele erreicht.
Die EU und die Nato arbeiten enger denn je zusammen, kritische Infrastruktur wird gemeinsam gegen vermeintlich drohende Angriffe aus Russland geschützt. Auch daran will niemand mehr rütteln.
Deshalb werden Ermittlungen verschleppt und Erkenntnisse verschwiegen. Das Nordstream-Attentat, das in Brüssel bezeichnenderweise nur “Sabotage” genannt wird, wird weiter vertuscht.
Bleibt dieser Kriegsakt gegen eine wichtige, wenn nicht die wichtigste europäische Infrastruktur also ungesühnt? Es sieht ganz so aus…
Siehe auch Wie das Nordstream-Attentat vertuscht wird (IV): Leaks, die Verwirrung stiften sowie drei weitere Beiträge
european
3. Oktober 2023 @ 07:38
Ich glaube auch nicht, dass Nordstream jemals aufgeklärt wird, weil es für mich so aussieht, dass die Regierung zumindest passiv daran beteiligt war. Vor ein paar Tagen bin ich über ein Interview des Atlantic Concil (Immer wieder dasselbe Council der Neocons in Sachen Recruitment unterwegs. Siehe „Auszeichnungen“ von Ursula von der Leyen, Scholz, Selenskjy etc) mit Annalena Baerbock vom Mai 2021 gestolpert. Darin äußert sie sich über Nordstream wie folgt:
https://www.atlanticcouncil.org/news/transcripts/annalena-baerbock-on-a-transatlantic-green-deal-and-german-strategies-in-facing-russia-and-china/
„FAREED ZAKARIA: So what would you do with Nord Stream?
ANNALENA BAERBOCK: For me, we cannot finalize this project. The problem is that it’s only—there is already a pipeline underneath the Baltic Sea. There is already the connection pipeline throughout my region where I live down to the Czech Republic. But this pipeline contradicts our sanctions, so it cannot go in place. It cannot start its action, especially because it’s pretty clear that after a couple of years, if we have gas via this pipeline, there will be a cut of the pipeline going thorough Ukraine. And this is a new security threat for Ukrainians, and therefore this pipeline cannot—there cannot go any gas through this pipeline because we have big security problems otherwise on Ukraine.“ und weiter
„And I think—so it’s not just being against this pipeline, Nord Stream 2; it’s, on the other hand, really enabling Ukrainian transporting green gas in the future to the European Union.“
Wenn man das ernst nimmt, dann war die Sprengung kein Zufall und geschah mindestens mit Billigung, wenn nicht sogar mit Planung, der Bundesregierung. Es passt auch zu dem, was Seymour Hersh in seinen Berichten sehr klar dargelegt hat.
Die Bundesregieurng hat ein ureigenes Interesse, dass nicht aufgeklärt wird. Wir werden noch ein paar abenteuerliche Geschichten hören und irgendwann landet diese story im Mülleimer der Geschichte.
Katla
28. September 2023 @ 17:53
Eine Überlegung zu diesem Thema, aufgeschnappt irgendwo in der westeuropäischen Presse; interessant, weil dieser Aspekt in den Überlegungen bisher nirgendwo aufgetaucht ist: Schurkenstaaten, gewisse demokratische Staaten mit “schurkischer” Aussenpolitik und grosse, gut ausgestattete Terrorganisationen werden sich genauestens anschauen, wie sich Deutschland zu diesem Anschlag verhält. Sofern keine adäquaten Ermittlungen und keine wahrnehmbare und effiziente Strafverfolgung stattfinden sollten, wäre das ein fatales Signal und könnte durchaus die Hemmschwelle für grösser angelegte Anschläge senken, nicht nur in Deutschland. Will man als Nebeneffekt des (Ver-)Schweigens wirklich solche Konsequenzen riskieren?
KK
27. September 2023 @ 12:43
Es braucht gar kein “Rätselraten” – Joe Biden hat bei seiner gemeinsamen PK mit Olaf Scholz im Februar 2022 – noch vor Ausbruch des Krieges – einen solchen Terrorakt ja regelrecht angekündigt. Damit hat Biden jede Unschuldsvermutung selbst aufgehoben.
“Die Ukraine und die USA hatten ein Motiv – that’s all we know.”
Nicht nur diese beiden hatten ein Motiv – auch Norwegen und Polen, die jetzt eine sehr profitable alternative Pipeline “Baltic Pipe” zwischen diesen beiden Ländern via Dänemark (das tatkräftig beim Vertuschen am Anschlagsort nahe der dänischen Insel Bornholm hilft) betreiben, die just am 27.09.2022, also EINEN TAG NACH dem Terrorakt gegen NorthStream, eröffnet wurde. Zumindest bei der Terminfindung des Anschlags werden die also mit im Boot gewesen sein.
Der Kreis der Helfer, derer sich hier die USA als treibender Kraft also alles bedient haben könnten, ist somit recht gross.
Und mit Stoltenberg steht ja auch ausgerechnet ein Norweger der NAhTOd vor, dessen Amtszeit eigentlich zum 30.09.2022 hätte enden sollen. Aber Anfang Juli 2022 wurde diese um ein Jahr verlängert – warum wohl? So jedenfalls hatte es ausgerechnet ein Norweger, der eigentlich ein paar Tage später abgelöst werden sollte, weiter in der Hand, wie sich die NAhTOd nach dem Anschlag unmittelbar und mittelbar positioniert.
Da stecken mE mehr Länder und Interessen hinter als nur diejenigen der USA und der Ukraine… und deswegen passiert auch nichts in Richtung Aufklärung und alles in Richttung Vertuschung.
B. Weber
27. September 2023 @ 12:33
Gestern war bei der ARD 37-minütige Märchenstunde: TATORT OSTSEE (siehe Mediathek). Neue Recherche zur Segeljacht-Theorie. Alles deutet auf ein bewußt schlecht gemachtes Ablenkungsmanöver hin. Zwei “verfälschte Pässe” aus Rumänien und Bulgarien wurden gefunden, die man finden sollte. Der in der Ukraine aufgespürte “Bulgare” soll zur Tatzeit an der Ostfront gewesen sein. Für eine echte Geheimoperation wurden zu viele nachvollziehbare Spuren hinterlassen, z.B. auffällige Aufenthalte in Rostock, auf Wiek, Bornholm, Christiansö, in Kolberg und in Sandhamn. “Hat jemand die Crew gesehen ?” wird rhetorisch gefragt. Die Crew sollte möglichst oft gesichtet werden. Ein Zeuge in Sandhamn hat die Crew auf eine (zufällig ?) unterlassene Hilfeleistung in einem Jachthafen angeprochen. Auch in Kolberg erinnert sich der Hafenmeister an die Crew, sie sollen “laut” gewesen sein. “Warum die Crew hier und an anderen Orten Halt machte, ist [nur den ARD-Ermittlern] unklar”. Auch die Sprengstoffspuren sollten gefunden werden. Die rhetorische Frage der Rechercheure “waren (solche) große Mengen Sprengstoff nötig” und die Antwort eines Experten, daß weniger als 50 kg ausreichten [bei insgesamt 5 registrierten einzelnen Sprengungen immerhin 250 kg], steht im offensichtlichen Widerpruch zur vorher erwähnten Tatsache, daß eine gewaltige Detonation im Norden registriert wurde, so “daß weit entfernt Erdbebenmeßgeräte ausschlagen”. Also muß eine große Menge Sprengstoff verwendet worden sein. Den professionellen Attentätern dürfte es weniger um den theoretischen Nachweis gegangen sein, wie weit eine Sprengung zu minimieren ist, sondern um die Sicherheit, daß die Pipeline auf jeden Fall erheblich zerstört wird. Ein Stahlbeton-Rohr wurde “über mehrere 100 Meter zerfetzt”, was sicher nicht mit ein paar Zigarettenpackungsgroßen Stücken Sprengstoff, wie im Film gezeigt, möglich gewesen sein dürfte, es sei denn, Aliens hätten mit einem Superstoff zugeschlagen. Ich vermute USAliens, wie Syemour Hersh sehr plausibel nahelegt: https://www.nachdenkseiten.de/?p=104405
Am Anfang bemerkte die Sprecherin: “Schnell merken wir, auf der Ostsee passiert eigentlich nichts unbeobachtet, hier ist ständig Militär unterwegs. Hier belauern sich auf engstem Raum die Supermächte.” Diese Feststellung sagt eigentlich alles über die gut beobachteten Attentäter.
Katla
27. September 2023 @ 19:20
@B.Weber: praktischerweise gefundene Pässe spielten schon bei der „Aufklärung“ des Anschlags auf dem Breitscheidplatz in Berlin eine tragende Rolle. Das haben Anschläge, deren Aufklärung man nicht für sehr wichtig hält (weil sie z.B. „die Bevölkerung verunsichern könnten“?, Zitat de Maiziere), inzwischen gemeinsam. Erstaunlich.
KK
28. September 2023 @ 00:24
Was nicht passt, wird mit einem gefundenen Pass passend gemacht.
Oder wie der Bajuvare sagt: “Passt scho'”
Und dann heisst es dazu irgendwann nur noch: tempi passati…
Stef
27. September 2023 @ 12:14
Erschreckend ist nach wie vor die komplette Arbeitsverweigerung der Presse in der westlichen Hemisphäre. Es hat sich nach meiner Kenntnis noch kein namhafter Pressevertreter getraut, den als Akteure und Mitwisser gehandelten Politikern (Biden, Scholz, Nuland, Blinken) persönliche und konkrete Fragen zu stellen über ihre Kenntnisse und die Urheberschaft dieses Terroranschlags. Das würde für die Politiker die Spielräume deutlich enger machen und das Risiko mit sich bringen, beim Lügen erwischt zu werden. Davon aber keine Spur, was es den namentlich erwähnten Politikern extrem einfach macht, unter der unliebsamen Geschichte einfach wegzutauchen.
Auch die Opposition macht ihre Hausaufgaben nicht. Wo bleibt der Untersuchungsausschuss in dessen Rahmen auch Zeugen unter Eid verhört werden können?
Was nutzen uns eine “freie Presse” und ein demokratisches Parlament, wenn diese freiwillig auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben verzichten?
ebo
27. September 2023 @ 12:25
Sie treffen den Nagel auf den Kopf…
zdago
27. September 2023 @ 09:33
@Das Nordstream-Attentat wird wohl nie aufgeklärt
doch – für jeden neutralen Beobachter ist das schon aufgeklärt mit Auftraggebern und Organisatoren !
Nur sind die Verantwortlichen an der Macht und können ihre Tat vertuschen – wer kennt nicht den Dorfrichter Adam ?
Die Bombenleger vor Ort dürften inzwischen tot sein, wie auch die Schützen auf Kennedy ihre Schüsse keine 24h überlebt haben!
Aber um es gerichtsfest und politisch öffentlich zu machen – das geht nicht, wenn die Böcke gärtnern sollen!
Da fehlt die erste Voraussetzung : die verantwortlichen – also Politiker und Juristen – müssen seriös und integer sein und an der Aufklärung interessiert !
Helmut Höft
27. September 2023 @ 18:50
Der Dorfrichter Adam, ich fasses niedd, Heinrich von Kleist und der zerbrochne Krug (meine Rolle damals: Gerichtsrat Walter …). Sehr schöne Parabel – Chapeau Herr Kollege!
Robby
26. September 2023 @ 22:19
„Syemour Hersh: Olaf Scholz war über die US-Pläne zur Sprengung der Nord Streams informiert“
Für die Suchmaschine Ihres Vertrauens.
Katla
26. September 2023 @ 21:39
Was für eine bodenlose Verachtung der deutschen, der gesamteuropäischen Bevölkerung – da wird ein kriegerischer, vermutlich von einem anderen Staat ausgeführter Anschlag auf existenzielle Energieinfrastruktur verübt und die Legislative und die Exekutive tun so, als wäre nichts gewesen. Was für eine unfassbare Missachtung der Sicherheitsinteressen und der Informationsrechte der Bürger. Kann man seine Bevölkerung eigentlich noch mehr verachten? Ich glaube kaum, dass das in demokratischen Staaten noch steigerungsfähig ist.
Arthur Dent
26. September 2023 @ 20:23
U.S. Navy jet flew across Baltic after ours Nord Stream burst – titelte Reuters am 07.10.2022
Nach offizieller Darstellung ein Routine-Aufklärungsflug.
Was wurde denn aufgeklärt? Die Boeing p-8 Pioneer wird heute nirgendwo mehr erwähnt.