Wie das Nordstream-Attentat vertuscht wird (IV): Leaks, die Verwirrung stiften
Das Attentat auf Nord Stream ist bisher systematisch vertuscht worden. Schweden will keine Erkenntnisse teilen, Deutschland möchte nicht mal den Bundestag informieren. Doch nun überstürzen sich plötzlich die Enthüllungen. Geht es um die Wahrheit – oder darum, Verwirrung zu stiften?
Ausnahmsweise sind sich mal alle einig: Auch die jüngsten Enthüllungen bringen kaum Licht in das Dunkel um das Nordstream-Attentat. Es gebe immer noch zu viele “Löcher”, schreibt “Politico”. “Es gibt weiter Unklarheiten”, meint die “taz”
Auch EU und Nato blicken nicht durch. Klar sei eigentlich nur, dass es ein Sabotage-Akt war, heißt es in Brüssel. Auch eine “false flag”- Aktion sei nicht auszuschließen, meint Kriegs- – pardon: Verteidigungs-Minister Pistorius.
Was ist da los? Trauen Deutsche und EUropäer ihren eigenen Diensten nicht, die die jüngsten Enthüllungen durchgestochen haben? Oder wollen Sie die Ukraine schützen, um das Land weiter fraglos aufrüsten zu können?
Diese These streut die Londoner “Times”. Demnach soll hinter dem Attentat ein bekannter ukrainischer Oligarch stecken. Westliche Dienste wüßten bescheid, wollten mit dem Namen jedoch nicht rausrücken.
Der perfekte Sündenbock
Einig ist man sich nur darin, dass es die USA und Großbritannien nicht gewesen sein sollen. Die “pro-ukrainischen” Kommandos, von denen man in seltener Einigkeit auf beiden Seiten des Atlantik berichtet, müssen aus dem Osten kommen.
Diesen mysteriösen Gruppen wird alles zugetraut. Sie sollen für die Ermordung von Darja Dugina in Moskau verantwortlich sein, aber auch für Angriffe im russischen Hinterland – und nun auch noch für das Attentat auf Nord Stream.
Doch wer steckt dahinter? Haben wir es mit ukrainischen Patrioten zu tun, die den Krieg zum Feind tragen – oder mit russischen Partisanen, die dem verhassten Zaren Putin eines auswischen wollen?
Handelt es sich gar um Geheimagenten des russischen Geheimdienstes, die unter falscher Flagge agieren? Oder um eine Erfindung der CIA, um die Ukraine zu diskreditieren und den amerikanischen Rückzug aus dem Krieg einzuleiten?
Wir wissen es nicht. Klar scheint nur eins: die jüngsten Enthüllungen sind geeignet, Verwirrung zu stiften und die Hintergründe des Nordstream-Attentats zu vertuschen. Die EU und die Nato können damit ganz gut leben. Die USA und die Ukraine offenbar auch…
Siehe auch “Wie das Nordstream-Attentat vertuscht wird (III): Die Nato übernimmt“
P.S. Die russische Regierung wirft der EU vor, den Wunsch nach gemeinsamen Untersuchungen im Fall der zerstörten Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 zu verweigern. Die EU ignoriere jegliche Gespräche, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums. Sowas…
A. Lesemann
22. März 2023 @ 17:29
Hersh hat heute nachgelegt, und was er schreibt, lässt Scholz (neben Biden und diversen Medien) nicht gut aussehen. Im Wesentlichen ist es wohl auch das, was man vermuten musste.
https://seymourhersh.substack.com/p/the-cover-up
european
10. März 2023 @ 19:21
Roger Köppel von der Weltwoche in Höchstform 😀 über den Terror gegen Nord-Stream: Gruselkabinett der Desinformation – Daily Spezial. Sehr amüsant lässt er sich über den Stuss der Medien aus. Kurzweilig, sehenswert und mal mit Humor in diesen furchtbaren Zeiten.
https://youtu.be/AfTyE-EJv5E
KK
10. März 2023 @ 18:23
@ ebo:
“nun zirkulieren ja sogar Fotos..”
LOL – ich hab ein Foto auf den NDS gesehen, da ich keine Twitter-Cookies und ähnlichen Dreck einfangen will, und was hab ich gelacht! Auf einem nur wenig kleineren Segelboot habe ich mal knapp zwei Wochen meines Urlaubs verbracht .
Wäre was für eine Aussenwette einer neuen Ausgabe von “Wetten dass….” – man stellt auf den Anleger neben das Boot das ganze Tiefseetauchgeraffel nebst einer halben Tonne Sprengstoff, und die Kandidaten müssen das dann – möglichst unauffällig von den anderen am Hafen – auf dem Kahn so verstauen, dass auch noch mindestens zwei Personen darauf passen, man am Tisch noch sitzen, mit dem Sprengstoff spielen und seine Reisepässe vergessen kann, und letztlich der Kahn auch noch manövrierfähig bleibt. Bin gespannt…
die 18 Leute in dem 2CV damals hatten ja aktiv mitgeholfen beim passend machen; das tut der Sprengstoff eher nicht, würde ich wetten 🙂
Thomas Damrau
10. März 2023 @ 17:34
@KK, @ebo
Die USA haben in den letzten Jahren schlechte Erfahrungen mit Whistleblowern gemacht.
Ich würde so etwas ohne die Marine (und damit ohne die vielen Matrosen, die alles mitkriegen) als Geheimdienstoperation mit einem Fisch-Kutter durchziehen.
Und falsche Segelbootspuren zur Verwirrung legen – wie @ebo vorschlägt.
… aber nix Genaues was man nicht – zumindest im Augenblick.
KK
10. März 2023 @ 17:15
@ Thomas Damrau:
“Andererseits habe ich Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass ein Kapitän – welcher Kriegs-Marine auch immer – instruiert wird: “Da kommen morgen 5 Typen…Wenn es während der Rückfahrt hinter euch rummst -> ignorieren.””
Nun, immerhin war da gerade ein NAhTOd-Manöver – wieviel Typen auch immer mit welchem Gepäck auch immer – man kann im Rahmen eines solchen Manövers so ziemlich alles tun, inklusive “rumms”, ohne dass sowas von Kapitän oder Besatzung hinterfragt werden würde… Befehl ist Befehl!
Und wer hinterher Fragen stellt oder quatscht, kommt vors Militärgericht – Exempel wurden genug statuiert…
ebo
10. März 2023 @ 17:22
Ich denke auch, dass beides möglich ist. Die USA bereiten die Sprengung im Zuge der Manöver in der Ostsee vor – und parallel (nicht unbedingt gleichzeitig) sticht eine Yacht “von deutschem Boden” mit einer “pro-ukrainischen Gruppe” in See. Am Ende lässt man ein paar Sprengstoff-Spuren an Deck und “vergißt” auch noch “passende” Reisepässe, damit die Fahnder auf eine “zielführende” Spur kommen…
KK
10. März 2023 @ 15:09
@ Helmut Höft:
“…Lieber wenige Mitwisser (also keinen Norweger)…”
Wieso? Norwegen ist in der NAhTOd (aber nicht in der EU), und alle Anrainerstaaten der Ostsee (ausser Russland) und wohl auch darüber hinaus wissen eh Bescheid (haben die am NAhTOd-Manöver, währenddessen die Aktion durchgeführt wurde, beteiligten Kräfte etwa Blindekuh gespielt?). Denn sonst würden sie wie Schweden, Deutschland, Dänemark (und wer sonst noch alles ermittelt hat – auch niederländische und französische Firmen sind an NS2 beteiligt, das UK mischt sich sowieso in alles ein, was vor seiner Haustür und der Umgebung passiert) nicht unterm Deckel halten!
Helmut Höft
10. März 2023 @ 19:53
@ KK
nicht die Mitgliedschft im Verein B.E.Trüger (oder sonst wo) ist ausschlaggebend, die Zahl der Wisser und der Täter (möglichst klein, wenige Täter, keine!!). So klarer?
Helmut Höft
10. März 2023 @ 19:55
sry sollte Mtwisser möglichst keine!! heißen.
Helmut Höft
10. März 2023 @ 14:31
Was das “Unternehmen Segelyacht: betrifft, MoA bringt’s auf den Punkt:
No. You do not dive down to 80+ meter for an industrial size job, involving the placement of hundreds of pounds of explosives in eight individual charges on very sturdy pipelines, from a sparsely manned boat. Such deep dives require special gases, special breathing equipment, special training, a decompression chamber for emergencies and lots of well trained people to maintain all that stuff. (de: “Nein. Man taucht nicht von einem spärlich besetzten Segelboot aus auf über 80 Meter hinab, um einen Auftrag von industriellem Ausmaß zu erledigen, bei dem Hunderte von Pfund Sprengstoff in acht einzelnen Ladungen an sehr robusten Rohrleitungen angebracht werden. Solche Tieftauchgänge erfordern spezielle Gase, eine spezielle Atemausrüstung, eine spezielle Ausbildung, eine Dekompressionskammer für Notfälle und viele gut ausgebildete Leute, die all diese Dinge instand halten.”)
Thomas Damrau
10. März 2023 @ 15:56
@Helmut Höft
Interessant.
Andererseits habe ich Schwierigkeiten, mir vorzustellen, dass ein Kapitän – welcher Kriegs-Marine auch immer – instruiert wird: “Da kommen morgen 5 Typen mit Taucherausrüstung und einigen schweren Kisten. Die nimmst Du an Bord, fährst sie an Position n Nord, o Ost, lässt sie dort tauchen und bringst sie wieder zurück. Wenn es während der Rückfahrt hinter euch rummst -> ignorieren.”
Das Risiko, dass die Geschichte unter der Besatzung die Runde macht und nach außen dringt, ist viel zu hoch. Wer auf Geheimhaltung aus ist, wird Spezialisten einfliegen und eine Logistik ohne Marine-Unterstützung nutzen.
Thomas Damrau
10. März 2023 @ 09:05
@ebo
Akzeptiert: Die Yacht sieht wirklich etwas mickrig aus.
Trotzdem sehe ich in den Aussagen “Ein westlicher Geheimnis war involviert.” und “Eine nicht-staatliche pro-ukrainische Gruppe war beteiligt.” keinen Widerspruch.
Da bestehe ich auf meiner Paranoia.
… und das Drehbuch werde ich Oliver Stone anbieten. Sonst würde sich ja eh keiner trauen …
Thomas Damrau
10. März 2023 @ 08:39
Nach der Veröffentlichen der “Ukrainer-Freunde”-Story habe ich mehrfach in den deutschen Medien gehört “Siehste, was Hersh gesagt hat, ist offensichtlich falsch.”
Dabei bin ich mir gar nicht so sicher, dass die Aussagen von Hersh und die neusten “Enthüllungen” einen großen Widerspruch darstellen:
– Egal, wer die Nummer durchgezogen hat: Es war eine Undercover-Aktion.
– Das schließt für mich aus, dass ein Kriegschiff eines NATO-Landes benutzt wurde, um an den Attentatsort zu kommen. Folglich musste irgendjemand ein Schiff chartern.
– Dabei müssem weder Mieter noch Stammbesatzung Kampftaucher sein. Die eigentlichen Attentäter können erst kurz vor dem Auslaufen an Bord gekommen sein.
– Ebenso kann die Schiffs-Miete nicht mit einer CIA-Kreditkarte bezahlt werden. Deshalb muss die Bezahlung anderweitig organisiert werden.
Um hier mal den Ian Fleming zu machen (ist natürlich reine Spekulation):
– Die CIA hat beschlossen, Nordstream in die Luft zu jagen.
– Mehrere US-Kampftaucher werden ausgedeutet und nach Deutschland geschickt.
– Die CIA besorgt Sprengstoff in einem europäischen NATO-Land.
– Ein ukrainischer Oligarch erklärt sich bereit, die Logistik zu übernehmen.
– Der Oligarch schickt eine Truppe Ukrainerlos, um in Deutschland ein Schiff zu chartern.
– Die Ukrainer treffen sich mit den Kampftauchern, besprechen den Ablauf und nehmen die Taucher kurz vorm Auslaufen an Bord.
– Nordstream wird in die Luft gejagt, die Ukraine und die Kampftaucher verschwinden von der Bildfläche.
Bin mal gespannt, ob ich eine Copyright-Klage von der CIA bekomme, wenn ich die Filmrechte für diesen Plot verkaufe.
ebo
10. März 2023 @ 08:47
Sie haben eine blühende Phantasie 🙂
Aber die Yacht war offenbar viel zu klein, um den Sprengstoff und all die Ausrüstung zu transportieren – nun zirkulieren ja sogar Fotos..
Pardon, hier ein “richtiges” Foto
Arthur Dent
9. März 2023 @ 23:40
@KK
Für saublöd 🙂 – schließlich war ja gerade erst Jahrestag des Krieges, der 2014 angefangen hat.
Allerdings sagt auch der Fregattenkapitän Göran Swistek, der gelegentlich auch für die Stiftung Wissenschaft und Politik als Sicherheitsexperte Artikel verfasst, dass Taucher, die imstande sind, eine solche Aktion durchzuführen, jahreslanges Training brauchen. In Deutschland gäbe es nur eine Handvoll Leute, die das können – und die wären alle bei den Sicherheitsdiensten. Und in anderen Ländern dürfte das ähnlich sein.
european
9. März 2023 @ 19:53
Hier kann man sehen, was passiert, wenn man den richtigen Leuten konkrete Fragen stellt. Es handelt sich um einen Informationsabend mit Anne Applebaum an der Universität New York. Ein richtig mutiger Student stellt konkrete Fragen über Nordstream und warum Anne Applebaum’s Ehemann Radek Sikorski nach dem Nordstream Attentat “Thank you USA” auf Twitter gepostet hat. Man kann sehen, wie der neugierige Student schließlich aus dem Raum entfernt wird. Hoffentlich darf er weiterstudieren. Aber vielleicht war er ja auch schon fertig mit seinem Studium.
https://youtu.be/z2NJrZtJxzY
Anne Applebaum selbst ist Angehörige der Neocons und im Vorstand der NED, der National Endowment for Democracy, jener Unterwanderstiefel-Organisation, die unter dem Deckmantel “Wir bringen euch doch nur die Demokratie” jede Form von Aktivismus nicht nur anbietet, sondern auch mit Grants finanziert. Übrigens auch in Russland, was man sehr bemerkenswert finden kann. Die Liste der dort finanzierten Aktivitäten ist lang.
https://www.ned.org/region/eurasia/russia-2021/
KK
9. März 2023 @ 17:41
„Wir wissen es nicht.“
Ja nee, is klar!
Was wir aber wissen:
1. Die Sabotage wurde von Joe Biden im Beisein von Bundeskanzler Scholz noch vor dem 24.02.2022 angekündigt.
2. Laut den Recherchen von Simon Hersh waren es die USA mit Norwegen als Komplizen – und damit ausgerechnet die beiden Länder, die sich jetzt am Verkauf von (LNG-)Gas an Deutschland dumm und dämlich verdienen (cui bono?).
3. In Hollywood gibt es eine Menge Drehbuchautoren, die alternative Szenarien für das Popcornauditorium entwickeln können und sowas ja auch täglich tun.
4. Und plötzlich, nachdem Scholz wieder in Washington war und sich um den Inhalt der Gespräche mit dem mutmasslichen Attentäter ein Nebel des Schweigens hüllt, ist völlig überraschend aus dem Nichts der Kinostart dieser Schmierenkomödie und es ziehen jetzt plötzlich einige Redaktionen und die Generalbundesanwaltschaft alle auf einmal die gleiche Story aus ihrem jeweiligen Sack.
Für wie blöd halten die uns?
Helmut Höft
10. März 2023 @ 14:44
Lieber KK (@ all),
was man auf MoA zum “hersh-Bericht” liest klingt plausibler: Lieber wenige Mitwisser (also keinen Norweger), lieber kurzzeitiger Job (also die Minen an den Pipelines nicht Wochen rumliegen lassen um sie dann erst zu aktivieren …), aber lies selber.
Greets Helmut