Chinas neue Weltordnung, Ungarns knappe Wahl – und McKinsey-Gate in Frankreich

Die Watchlist EUropa 01. April 2022 –

Der Krieg in der Ukraine, die westlichen Sanktionen gegen Russland und die Folgen für die Weltpolitik: Das sind die wichtigsten Themen beim EU-China-Gipfel, der am Freitag als Videokonferenz in Brüssel und Peking stattfindet. Russlands Angriffskrieg hat alle anderen großen Fragen in den Hintergrund gedrängt. Die Klimakrise, die Menschenrechte, die Corona-Pandemie und der Schutz von Investitionen – all das ist nicht mehr so wichtig, seit Russland in die Ukraine einmarschiert ist.

Jetzt gehe es vor allem um die Frage, ob China „auf der richtigen Seite der Geschichte“ steht, sagen EU-Diplomaten. Wenn sich China schon nicht an den westlichen Sanktionen beteilige, dann solle es sie wenigstens nicht unterlaufen, so das Ziel in Brüssel.

Bei ihrer Videokonferenz wollen der amtierende EU-Ratspräsident Emmanuel Macron, Gipfelchef Charles Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versuchen, den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping auf ihre Seite zu ziehen.

Das dürfte nicht leicht werden: Noch vor Beginn des Ukraine-Krieges hatte Xi bei einem Treffen mit Kremlchef Waldimir Putin eine enge Partnerschaft vereinbart. Der russisch-chinesische Schulterschluss wurde kurz vor dem EU-Gipfel bekräftigt. Die Außenminister Sergej Lawrow und Wang Yi trafen sich demonstrativ in China, um gemeinsam eine “multipolare, gerechte und demokratische Weltordnung” zu fordern.

Kampfansage an die “unipolare Welt”

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Das liest sich wie eine Kampfansage an die „unipolare Welt“, die der Westen nach russischer und chinesischer Lesart errichtet hat. Die Zeit der Vorherrschaft der USA und der Nato gehe zu Ende, heißt es in Moskau und Peking. Der Krieg sei der Startschuß für eine neue Weltordnung.

In Brüssel hört man dies gar nicht gern. Schließlich hat die EU den USA und der Nato gerade erst wieder Treue geschworen. Bei drei Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden in Brüssel haben Europäer und Amerikaner vor einer Woche ihre Einheit betont.

Biden drängte die EU bei dieser Gelegenheit, mehr Druck auf China zu machen. Wenn Peking die westlichen Sanktionen unterlaufen oder sogar Waffen nach Russland liefern sollte, würde dies „Konsequenzen“ haben, drohte er.

Europa kann sich keine “Abkopplung” leisten

So weit dürften Macron, Michel und Von der Leyen bei ihrer Videoschalte mit Xi nicht gehen. Europäische Sanktionen gegen China oder gar eine „Abkopplung“ nach amerikanischem Vorbild stehen nicht auf der Tagesordnung. Dem stehen Wirtschaftsinteressen entgegen.

Vor allem Deutschland, aber auch viele süd- und osteuropäische Staaten sind auf den Handel mit China angewiesen. Eine Blockade wie mit Russland können sie sich nicht leisten. Doch wenn Xi ausweicht und Putin die Treue hält, droht eine weitere Abkühlung der Beziehungen.

Schon im vergangenen Jahr haben sich die EU und China gegenseitig mit Sanktionen überzogen. Ein von Ex-Kanzlerin Angela Merkel geplantes Investitionsabkommen wurde auf Eis gelegt. Das Europaparlament will das Abkommen endgültig begraben – und fordert noch mehr Härte.

Dabei wäre das Gegenteil richtig: Die EU sollte versuchen, China als Vermittler im Ukrainekrieg zu gewinnen. EU-Chefdiplomat Borrell hat das sogar schon mal gefordert. Doch entweder konnte er sich nicht durchsetzen, oder er wurde zurückgepfiffen…

Watchlist

Wie wählt Ungarn? Am Sonntag stehen gleich zwei Entscheidungen an – über die Zukunft von Regierungschef Orban, und über den Sexualkunde-Unterricht, über den in einem Referendum entschieden wird. Setzt sich Orban durch, so wäre dies eine schwere Niederlage für die EU und ihre Werte (vor allem Rechtsstaat und Pluralität). Die Opposition ist zwar geeint, wirkt im Endspurt aber schwach. Orbans nationalistische Fidesz-Partei geht als Favoritin in die Wahl. Orban kommt ausgerechnet der Krieg in der Ukraine zugute – er hat wichtige Themen wie Korruption und Machtmissbrauch in den Hintergrund gedrängt…

Was fehlt

Das “McKinsey-Gate” in Frankreich. Folgt man einem Untersuchungsbericht für den Senat, so hat die Regierung unter Präsident Macron mindestens 2,4 Mrd. Euro bei der Unternehmensberatung verbraten – etwa für das (Miß-)Management der Coronakrise. Zudem soll die “Firma”, die auch in Deutschland in Verruf geraten ist (u.a. wegen einer gewissen von der Leyen und mißglückten Beschaffungsaufträgen der Bundeswehr), keine Steuern gezahlt haben. Das wird Macron nun im Endspurt des Präsidentschaftswahlkampfs vorgehalten, der linke Kandidat Mélenchon scheint davon zu profitieren…