Aufrüstung & Sozialabbau: Toxischer Mix führt zu Streikwelle in Belgien
Die neue Regierung in Belgien will bei Rentnern und Arbeitslosen sparen. Zugleich rüstet sie massiv auf. Dieser toxische Mix, der auch anderen EU-Ländern droht, führt zu einer großen Streikwelle.
Keine Starts am Flughafen Brüssel, kaum Busse und Bahnen, geschlossene Ämter und Behörden: Vier Wochen nach dem Generalstreik Ende März wurde Belgien am Dienstag erneut von landesweiten Protesten lahmgelegt.
Doch während es bisher nur allgemein gegen Sozialabbau und Aufrüstung ging, legen sich die Gewerkschaften diesmal direkt mit der neuen Föderal-Regierung um Premier Bart De Wever an.
Der Grund: der sogenannte „Oster-Akkord“, den De Wever und seine rechtsliberale „Arizona“—Regierung vor zehn Tagen durchgepaukt haben.
Die Einigung sieht vor, die Arbeitslosenhilfe auf zwei Jahre zu begrenzen, höhere Renten von der automatischen Anpassung an die Inflation auszunehmen und mehr Flexi-Jobs zu schaffen. Außerdem wird das Asylrecht verschärft.
Vier Milliarden für die Nato
Den massiven Sozialkürzungen stehen höhere Ausgaben für die Rüstung gegenüber. So sollen fast vier Milliarden Euro in neue Kriegswaffen fließen, um das Nato-Ziel von zwei Prozent des BIP noch in diesem Jahr zu erreichen.
Ein Teil des Geldes soll aus Erlösen des in Belgien festgesetzten russischen Zentralbankvermögens kommen, ein anderer Teil aus EU-Krediten.
De Wever sprach von unverzichtbaren Reformen, mit denen Belgien seine Bündnisverpflichtungen erfüllen und die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen wolle.
Für die christlichen und sozialistischen Gewerkschaften handelt es sich jedoch um einen Angriff auf den Sozialstaat. Sie wollen die Regierung zum Rückzug zwingen und drohen mit Streiks bis in den Herbst…
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KK
30. April 2025 @ 13:17
“Für die christlichen und sozialistischen Gewerkschaften handelt es sich jedoch um einen Angriff auf den Sozialstaat.”
Im Gegensatz zu den deutschen Gewerkschaften, die sogar bei Ostermärschen für die Aufrüstung trommeln:
“Vor diesem Hintergrund sehen auch der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften die Notwendigkeit, in Deutschland und Europa verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um gemeinsam verteidigungsfähiger zu werden”
[Quelle: https://www.dgb.de/fileadmin/download_center/Aufrufe/250401_Erklaerung-des-DGB-zu-den-Ostermaerschen-2025.pdf%5D
Zwar wird die Gefahr des Sozialabbaus erwähnt und auf Schuldenfinanzierung verwiesen, aber das verschiebt ja bestenfalls nur den Sozialabbau in die Zukunft und ist ein blosses Feigenblatt. Wäre ich nicht schon vor Jahren wegen fortgesetzt unzureichender Tarifabschlüsse aus einer DGB-Gewerkschaft ausgetreten, würde ich es spätestens jetzt tun!
european
30. April 2025 @ 12:15
So geht es zu in der “ever closer Union” und die Belgier werden nicht die letzten sein. Merz hat fuer Deutschland auch schon harte Einschraenkungen angekuendigt und ueberhaupt arbeiten die Deutschen zu wenig und haben nicht genug Respekt vor den Besserverdienenden….
Sehr interessant ist dazu der podcast von Christian Rieck, der auf seinem Kanal politisches Geschehen anhand der Spieletheorie analysiert. In einem seiner letzten podcasts hat er sich dem Rauswurf von Klaus Schwab gewidment und ist dabei zu durchaus interessanten Erkenntnissen gekommen. Im zweiten Teil aeussert er sich zum WEF an sich und warum solche Veranstaltungen mitsamt seiner TeilnehmerInnen nicht zu befuerworten sind.
Sie stellen Regeln auf, die fuer alle anderen gelten, nur nicht fuer sich selbst. Voellig egal, ob es sich um Klima, Krieg, Wirtschaft und/oder Soziales handelt. Sie fliegen mit ihren Privatjets um die Welt, um “das Klima zu retten “und sind selbst von der CO2-Steuer ausgenommen. Gleiches gilt fuer Yachtbesitzer.
Sie predigen Austeritaet und genehmigen sich eine Gehaltserhoehung nach der anderen. Sie sorgen fuer gesellschaftliche Instabilitaet und beklagen “den Aufstieg von Rechts”. Sie sehen die Loesung ihrer Probleme in “Flexijobs” und wundern sich, dass der Binnenmarkt zerstoert wird. Es ist eben ein Unterschied, ob einer nur etwas tut oder ob alle das gleiche zur selben Zeit machen.
Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Extrem gutes Beispiel fuer diese Bigottierie sind uebrigens die deutschen Gruenen, bei denen Anspruch und Wirklichkeit Lichtjahre auseinanderklafft. Aber Belehren, das koennen sie.
Am Ende des Tages stellt sich fuer jeden die Frage, womit seine Rechnungen bezahlt werden. Miete, Nebenkosten, steigende Lebenshaltungskosten und alles andere laufen ja weiter. Wenn Flexijobs die Loesung sind, gibt es dann auch eine Fleximiete? Reicht es, vom Balkon zu klatschen?
Skyjumper
30. April 2025 @ 15:49
“Reicht es, vom Balkon zu klatschen?”
Wenn es die richtigen sind, und davon genug, reicht es die vom Balkon zu klatschen 😀
european
30. April 2025 @ 16:38
@skyjumper
Hahaha 😀 😀 😀
Sehr schoen.
KK
1. Mai 2025 @ 03:04
Wenn wir alle im immer gleichen Takt klatschen, können wir damit vielleicht eine Resonanzkatastrophe auslösen, die das derzeitige System einstürzen lässt…
Thomas Damrau
30. April 2025 @ 09:26
Das ist genau die Gefahr, der “all-in gegen Putin”-Parolen in der EU: Während wir sehr viele Ressourcen darauf verwenden, einen herbei-fantasierten Welteroberungs-Plan Putins zu verhindern, fliegen uns das Klima, der soziale Zusammenhalt, die Infrastruktur, … um die Ohren.
In fünf Jahren werden Merz & Co. dann stolz verkünden, man habe ein Putin-all-over-the-world verhindert (auch eine Art Präventions-Paradox: man reklamiert, eine Katastrophe verhindert zu haben, die möglicherweise auch ohne Prävention nicht stattgefunden hätte) – vermutlich aber in der Opposition gegen eine rechts-autoritäre Regierung im eigenen Land.
PS: heute früh konnten die Medien sich mal wieder nicht genug darüber auslassen, dass Putin ohne die nordkoreanischen Leihsoldaten ja gar nix gebacken kriegt …….. aber in fünf Jahren …
Helmut Höft
30. April 2025 @ 08:17
Na, das ist doch klar: Der Mensch braucht Sicherheit und einen Arbeitsplatz, das reicht! Soziales (Sicherheit?), Umwelt (Sicherheit?) und so’n Zeusch, das kann weg, jedem sein eigener Beritt! „Denn wie man sich bettet …“ wusste schon Berthold Brecht https://www.youtube.com/watch?v=oL1NqZn1YQQ