Der neue Held der EVP heißt Merz – was bleibt für von der Leyen?
Beim Parteitag der konservativen Europäischen Volkspartei EVP wurde Parteichef M. Weber (CSU) wie erwartet wiedergewählt – es gab keinen Gegenkandidaten. Im Mittelpunkt stand jedoch CDU-Chef Merz. Was bleibt für von der Leyen (ebenfalls CDU)?
Die deutsche Chefin der EU-Kommission war eigens nach Valencia gereist, um Weber und Merz ihren Tribut zu zollen. Weber pries sie für dessen „herausragende Führungsqualitäten“.
Bei der Europawahl 2024 habe die EVP einen haushohen Sieg errungen, sagte sie. „Lieber Manfred, Du hast die EVP stark gemacht. Und eine starke EVP, das bedeutet ein starkes Europa“.
Die Realität sieht anders aus. Die EVP führt die EU seit Jahrzehnten, doch EUropa ist heute schwächer als noch vor 20 Jahren. Außerdem ist die Machtbasis der Konservativen immer mehr geschrumpft.
Früher konnten sie allein mit den Sozialdemokraten regieren, heute brauchen sie auch Liberale und Grüne. Von der Leyens Bestätigung im EU-Parlament fiel im November denkbar schwach aus.
Stärker geworden ist die EVP eigentlich nur im Rat, der Vertretung der Mitgliedsstaaten. Dafür kann jeder weder Weber noch von der Leyen etwas – es ist nationalen Politikern wie Merz zu danken.
Merz wiederum blieb bei der Bundestagswahl weit hinter den Erwartungen zurück. Stark wirkt er nur im Vergleich zur SPD – und weil er sich auf EU-Ebene auf Weber und von der Leyen stützen kann.
Wer wird Koch, wer Kellner?
Beim EVP-Parteitag wurde er dennoch gefeiert. Die künftige deutsche Regierung werde viel Energie dafür aufwenden, Europa voranzubringen, sagte er. „Sie können auf uns zählen“, versprach Merz unter großem Beifall.
Die große Frage ist nun: Wer wird Koch – und wer wird Kellner? Unter Kanzler Scholz konnte sich von der Leyen profilieren und wie die König von EUropa gerieren. Mit Merz dürfte ihr dies nicht mehr so leicht fallen.
Das liegt nicht nur am (übergroßen) Ego des künftigen Kanzlers. Es liegt auch daran, dass von der Leyen den Eindruck vermeiden muß, die EU werde von einem deutschen Kartell geführt…
P.S. Merz’ CDU ist in den Umfragen weiter hinter die AfD abgefallen – und das vor seinem Amtsantritt. Wie kann man da von einem “starken” oder erfolgreichen Politiker sprechen?
Arthur Dent
5. Mai 2025 @ 23:56
Wenn überhaupt, hat Deutschland ja das Geld für die große Sause. Wir werden kriegstüchtig und klimaneutral und wettbewerbsfähig – und alles auf einmal
KK
1. Mai 2025 @ 03:10
„Merz wiederum blieb bei der Bundestagswahl weit hinter den Erwartungen zurück. Stark wirkt er nur im Vergleich zur SPD“
Diesen Effekt kennen wir ja auch von der männlichen Intimrasur: Je niedriger die Hecke, desto höher wirkt das Haus.
Monika
30. April 2025 @ 21:17
das innereuropäische „Verhältnis“ Deutschland – Polen lässt sich angemessen in eine Abwandlung eines bekannten Kalauers vom Scheich D. und dem Emir P. zusammenfassen:
„Sprach der Scheich zum Emir: Jetzt zahl’n wir und dann gehn wir. Sprach der Emir zum Scheich: Ich geh lieber gleich…
Guido B.
30. April 2025 @ 15:17
Ist das jetzt die große Frage für das Schicksal EUropas – ob der Deutsche Weber, die Deutsche von der Leyen oder der Deutsche Merz den Kontinent am besten anführt?
Es gab mal eine Zeit, wo der deutsche Führungsanspruch Europa in eine Hölle verwandelt hat. Ist erst ein paar Jahrzehnte her!
Wenn man dann noch bedenkt, dass die drei deutschen Bellizisten EUropa 35 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung unter fragwürdigen Vorwänden auch militärisch führen wollen und Russland ewige Feindschaft geschworen haben, ist es nicht mehr weit zur Frage:
Wie konnte es passieren, dass zwei Anliegen Adolf Hitlers – nämlich die Dominaz über Europa und der Sieg über Russland – nur 80 Jahre nach Deutschlands Niederlage wieder salonfähige Politik geworden sind?
Ich vermute, die russische Führung wird in den kommenden Tagen sehr intensiv über diese Frage nachdenken.
ebo
30. April 2025 @ 15:22
Mich wundert es auch, dass das neue deutsche CDU/CSU-Kartell keinerlei Widerspruch hervorruft, von Widerstand ganz zu schweigen. In Polen kokettiert man sogar offen damit, nach mehr (militärischer) Macht für Deutschland zu rufen!
Guido B.
30. April 2025 @ 15:43
@ebo:
Vielleicht deswegen: Je exponierter sich eine Nation für einen Krieg gegen Russland ertüchtigt, desto eher empfiehlt sie sich als Zielscheibe. Es kann den Polen also nur recht sein, wenn Deutschland die bevorzugte Zielscheibe ist (und endlich die Taurus-Raketen liefert). Machen sich sich die Polen einfach die notorische Kriegseuphorie der Deutschen zunutze? Honni soit qui mal y pense …
Bogie
30. April 2025 @ 22:25
„Die Geschichte lehrt uns, dass es nicht immer eine gute Nachricht ist, wenn die Deutschen Waffen kaufen.“
(Matteo Salvini vermutlich am 15.04.2025)
O.k., er ist ein Rechtsradikaler aber immerhin einer, der mein ziemlich linkes Unbehagen über Deutschland „Wiederbewaffnung“ und „Führungsrolle“ teilt.
Vielleicht werden sich ja bald noch mehr Menschen in Europa an Deutschlands Rolle im 20. Jahrhundert erinnern.
Karl
1. Mai 2025 @ 08:43
@Bogie: Karriere-orientierte Rechtsradikale in Europa schwenken auf den Kurs ihrer Geistesverwandten Trump/Vance um: NATO, MIK und Bläckrock.
‘Der Vasall’ kommt aus dem Lateinischen, und was der deutsche Bläckrocker gerade macht, kann Italien schon lange: Vasallentum im Auftrag der ganz Reichen. — https://www.dwds.de/wb/Vasall