Atomstreit mit Iran: EU auf Trump-Kurs?
Es war zu befürchten: Eine Woche nach der Eskalation zwischen den USA und Iran erhöht auch die EU den Druck auf Teheran. Gehen die Europäer auf Trump-Kurs?
Zunächst ziehen sie die Daumenschrauben beim Atomabkommen mit Iran an. Die “G3” Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen den darin enthaltenen Streitschlichtungsmechanismus starten.
Das klingt nicht dramatisch, könnte aber weit reichende Folgen haben. Denn wenn dieser Mechanismus bis zum Ende ausgereizt wird, könnte es wieder EU- und Uno-Sanktionen setzen.
Offiziell wollen die EUropäer das noch verhindern. Ihr Schritt sei nur dazu gedacht, Iran wieder zur Einhaltung des Atomabkommens zu bewegen, heißt es in einer Erklärung.
Teheran hatte nach den jüngsten Attacken der USA den schrittweisen Ausstieg angekündigt, sich allerdings eine Hintertür offen gehalten. So sollen die Uno-Inspektionen weitergehen.
Zudem hatte Iran die EUropäer aufgefordert, ihre Verpflichtungen aus dem Atomdeal einzuhandeln – und eine schpn 2018 angekündigte Tauschbörse für Öl- und Gasgeschäfte in Gang zu setzen.
Doch davon ist in dem Statement der G3 keine Rede mehr. Sie reden nur von den Verpflichtungen und Verstößen der Iraner, nicht von ihren eigenen Zusagen und Versäumnissen.
Derweil geht der britische Premier Johnson schon weiter. Er zeigte sich sich offen für ein neues Atomabkommen mit dem Iran nach den Vorstellungen von US-Präsident Donald Trump.
“Wenn wir es abschaffen, dann lasst es uns ersetzen, und lasst es uns ersetzen mit dem Trump-Deal”, sagte Johnson der BBC. “Das wäre ein guter Weg nach vorne.”
Aus meiner Sicht wäre es ein Irrweg – denn die EU begäbe sich damit auf Trump-Kurs…
Siehe auch “Irankrise: Die Schweiz sorgte für Deeskalation, nicht die EU” und “Von der Leyen gibt Iran die Schuld”
Pjotr56
15. Januar 2020 @ 17:04
Die USA sind nicht nur “so viel größer”, sie sind die größten.
Selbst Obama (Demokrat) degradierte Russland seinerzeit zur Regionalmacht.
Auch H. Clinton wäre keine Gegnerin der modernen Kreuzzüge des US-Imperiums gewesen, denn die Geopolitik der USA beruht – wie immer – auf Interessen und folgt dem amerikanischen Exzeptionalismus:
https://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanischer_Exzeptionalismus#Politische_Doktrin
Inwieweit künftige POTUS/INNEN nicht an diesem Wahn kranken, vermag ich nicht zu beurteilen.
Peter Nemschak
15. Januar 2020 @ 16:39
Woraus schließen Sie, dass ein demokratischer Präsident vorteilhafter als Trump für die EU wäre ? Die Demokraten würden den Rückzug aus der Region Mittlerer Osten beschleunigen und dabei das Risiko eines Chaos den Europäern aufbürden.
ebo
15. Januar 2020 @ 17:18
Obama hat das Atomabkommen mit ausgehandelt – schon vergessen?
Pjotr56
14. Januar 2020 @ 14:38
EU-Vertrag Artikel 3, Abs. 5 :
“In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen und trägt zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger bei. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen.”
ebo, wenn du schreibst “denn die EU begäbe sich damit auf Trump-Kurs…” möchte ich korrigieren in “US-Kurs”, denn die EU, als treuer Vasall der USA, verstößt permanent gegen ihre eigenen vertraglichen Verpflichtungen.
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die EU sich als Bündnis europäischer Staaten von den USA emanzipiert und wir Deutschen auf Grundlage unserer geschichtlichen Verantwortung endlich “ein Volk der guten Nachbarn” (W. Brandt) werden.
ebo
15. Januar 2020 @ 08:43
Nun ja, die Demokraten haben Trumps Eskalation in Iran verurteilt, die Mehrheit der Amerikaner lehnt sie wohl auch ab. Daher bleibe ich lieber beim “Trump-Kurs”. Die USA sind so viel größer…