Die Nato ist erschüttert – Die EU dreht an der Uhr

Die Nato wird 70 Jahre alt – und will das mit einem Jubiläums-Gipfel Anfang Dezember in London feiern. Doch beim Vorbereitungs-Treffen der 29 Verteidigungsminister am Donnerstag in Brüssel kam keine Sektlaune auf.

Ausgerechnet beim ersten offiziellen Auftritt der neuen  deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer herrschte dicke Luft unter den Alliierten.

„Noch nie gab es solche Spannungen im Bündnis“, sagte ein Nato-Diplomat. Selbst die Suez-Krise 1956 und der Irak-krieg 2003 hätten die Allianz nicht so erschüttert wie das Vorgehen der USA und der Türkei in Syrien.

Die USA hatten ihre Truppen abgezogen und so den Einmarsch der  türkischen Armee in die Kurdengebiete ermöglicht. Damit habe sich die Türkei „total isoliert“, so der Diplomat.

Wie um vom eigenen Mitverschulden abzulenken, feuerte auch US-Verteidigungsminister Mark Esper eine Breitseite in Richtung Ankara.

Mit der Offensive in Nordsyrien gegen die Kurden habe die Türkei „uns in eine schreckliche Lage gebracht“, sagte Esper in Brüssel. Die Türkei bewege sich mit ihrer Annäherung an Russland „in die falsche Richtung.“

Zugleich begrüßte Esper den Vorstoß von Kramp-Karrenbauer für eine mit westlichen Truppen bewehrte „Sicherheitszone“ in Nordsyrien.

Es sei „in Ordnung“, wenn Länder wie Deutschland „dabei helfen, die Sicherheit in diesem Teil der Welt zu erhöhen“, sagte er. Aber: „Wir beabsichtigen nicht, Bodentruppen oder irgendetwas anderes zu dieser Operation beizutragen.“

Auch Frankreich und Großbritannien haben bisher keine Bereitschaft erkennen lassen, sich zu beteiligen. Nach ihrer Ankunft in Brüssel dämpfte AKK denn auch die Hoffnungen auf eine schnelle Lösung.

In Nato-Kreisen war der deutsche Vorstoß zwar grundsätzlich begrüßt worden. Allerdings beklagen viele Militärs den Mangel an Details und den Zeitpunkt. Türken und Russen hätten längst Fakten geschaffen…

Siehe auch: „AKK kann in Brüssel nicht punkten“

Watchlist

  • Kurze Verlängerung oder langer Aufschub? Weil sich die EU nicht entscheiden kann, beraten die Botschafter am Freitag schon wieder über den Brexit. Derweil versucht der britische Premier Johnson Fakten zu schaffen – mit Neuwahlen. Sie sollen am 12. Dezember stattfinden. Unklar ist jedoch, ob Johnson sein Land vorher aus der EU führen will. Zudem braucht er das Go der Opposition – doch Labour-Chef Corbyn ist unentschieden…

Siehe auch „Auch das noch: London soll Kommissar benennen“

Was fehlt

  • Der Streit um die Seenotrettung. Im Europaparlament ist eine Entschließung, die neue staatliche Seenotrettungsaktionen und eine Entkriminalisierung der Flüchtlingshilfe fordert, knapp gescheitert. Besonders pikant: Um den Vorstoß der Mitte-Links-Parteien abzuschmettern, stimmten die Konservativen von der EVP, also auch CDU und CSU, zusammen mit Rechtskonservativen, Nationalisten und Populisten!
  • Das Ende der Sommerzeit. Am Sonntag wird wieder an der Uhr gedreht – die Sommerzeit ist vorbei, es wird früher dunkel. Dabei hatte Noch-Kommissionschef Juncker versprochen, die ungeliebte Zeitumstellung bis zur Europawahl abzuschaffen. Doch dazu soll es nun erst 2021 kommen, wenn überhaupt. Denn bisher hat sich nicht einmal Deutschland entschieden, welche Zeit künftig bleiben soll – Sommer oder Winter, sprich normal?

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