Auch das noch: London soll einen Kommissar benennen

Das kann ja heiter werden: Die künftige Kommissionschefin von der Leyen hat Großbritannien aufgefordert, einen EU-Kommissar zu benennen – wenn der Brexit verschoben wird.

Sie würde Großbritannien dann um einen Vorschlag bitten, sagte VdL in Helsinki. Dies ist aus mehreren Gründen bemerkenswert – und beunruhigend.

Zum einen ist noch gar nicht klar, ob und welche Verlängerung es geben wird. Wenn die EU nur einen Aufschub bis Ende November gewährt, wäre UK draußen, bevor Leyens Team in Brüssel startet: am 1. Dezember.

Wenn es hingegen ein Nachspiel bis Ende Januar gibt, wie offenbar geplant, dann macht es keinen Sinn, einen britischen Kurzzeit-Kommissar zu nominieren. Allein was das kostet – finanziell und politisch!

Beunruhigend ist, dass sich das Brexit-Chaos so auch in die EU-Institutionen einnistet. Im Europaparlament sitzen bereits britische EU-Abgeordnete, die viele Briten eigentlich gar nicht mehr wählen wollten.

Ohne diese MEP wären die Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament anders, der aufgeschobene Brexit verzerrt also das Bild. Ähnliches könnte bald auch für die Leyen-Kommission gelten.

Der britische Premier Johnson könnte nicht nur einen Mann entsenden, was die Geschlechter-Parität (zer-)stören würde. Er könnte vor allem auch einen Quertreiber nominieren, der die EU vorführen will.

All das hat man in Brüssel wohl nicht bedacht. Die Frage des britischen Kommissars und der institutionellen Folgeschäden spielt bei der Debatte über eine Brexit-Verlängerung keine Rolle.

Dabei hatte man bei der Europawahl doch mal eine “Renaissance” versprochen, nach der Bundestagswahl war auch von einem “Aufbruch für Europa” die Rede…

Siehe auch “Die dritte Verlängerung” und “Johnsons schmutzige Trümpfe”

P.S. Inzwischen hat Frankreich seinen Ersatz-Kommissar nominiert: Es ist Thierry Breton, Chef des IT-Unternehmens Atos und Ex-Wirtschaftsminister. Damit fällt die Frauen-Parität. Zudem riecht es wieder nach Interessenkonflikten…