20 Jahre nach ATTAC: Ein bißchen Steuer-Transparenz


Die Watchlist EUropa vom 26. Februar 2021 –

Es ist eine der größten und teuersten Lücken in der europäischen Steuerpolitik. Bisher konnten Konzerne ihre Gewinne von einem EU-Land in ein anderes verschieben, ohne dass dies auffiel – denn eine länderübergreifende Meldung gab es nicht.

Allein Deutschland verlor so rund ein Viertel seiner Einnahmen aus der Körperschaftssteuer, schätzt der grüne Finanzexperte Sven Giegold.

Doch nun soll damit Schluß sein: Am Donnerstag haben die Wirtschaftsminister grünes Licht für das so genannte Country-by-Country-Reporting gegeben.

Nach der Einigung sollen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 750 Millionen Euro künftig gezwungen werden, ihre Umsätze, Gewinne und Steuerzahlungen offenzulegen.

Ein Gewinntransfer in EU-Länder, in denen niedrigere Steuersätze gelten, würde dadurch erschwert. Luxemburg, die Niederlande, Irland oder Malta können nicht mehr als Schlupflöcher dienen.

Zuletzt hatte die so genannte „OpenLux“-Recherche für Wirbel gesorgt. Dabei kam ans Tageslicht, dass das Großherzogtum zehntausende von Briefkastenfirmen beherbergt.

Die Regierung wies jedoch den Vorwurf des unlauteren Steuerwettbewerbs zurück. Man halte sich an alle EU-Regeln, hieß es. Mit dem neuen „Country by Country“-Reporting dürfte dies aber schwieriger werden.

Der BDI meckert

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Probleme sagt auch die Wirtschaft voraus. Wenn die Daten wie geplant im Internet veröffentlicht werden, könnten Firmen aus China diese nutzen, um die Profitabilität ihrer Wettbewerber zu analysieren und die Konkurrenz aus dem Markt zu drängen.

Eine Veröffentlichung der Daten „würde mit erheblichen Wettbewerbsnachteilen für deutsche und europäische Unternehmen einhergehen“, warnt der BDI.

Dem widersprechen Befürworter der neuen Regeln wie Giegold. Bisher werde der Wettbewerb innerhalb Europas massiv verzerrt, sagte der Europaabgeordnete in Brüssel.

Späte Genugtuung

Mehr Transparenz sei nicht wirtschaftsfeindlich, sondern entspreche den Regeln der sozialen Marktwirtschaft. “Das ist der Durchbruch für faire Unternehmensbesteuerung überall in Europa“, so Giegold nach der Einigung.

Für den Mitgründer von ATTAC Deutschland ist es eine späte Genugtuung. Bereits seit 20 Jahren kämpft Giegold für mehr Steuergerechtigkeit.

Die Hauptforderung von ATTAC, eine Transaktionssteuer, lässt aber weiter auf sich warten…

Siehe auch „Luxemburg am Pranger“

Watchlist

Nähern sich EU und Nato weiter an, verwandelt sich „Friedensunion“ in ein Aufrüstungsbündnis? Dies könnte sich am Freitag zeigen, wenn der EU-Videogipfel mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg berät. Der Termin kommt kurz nach dem Willkommensgipfel mit US-Präsident Biden bei der Münchener Sicherheitskonferenz. Offenbar soll die EU sich stärker gegen Russland engagieren, um den USA den Rücken für China freizuhalten… – Mehr hier

Hotlist

  • Neue Kritik am Corona-Aufbaufonds: Despite all the fanfare surrounding the EU’s recovery plan, the Next Generation EU package, and the ‘huge amounts of money’ that it is purported to mobilise, the truth is that all of this new EU money is ‘macroeconomically irrelevant’, as Wolfgang Münchau starkly put it. As much as €750 billion may sound, it amounts to barely five per cent of the EU’s GDP. What’s more, the funds will be disbursed over the course of six years, resulting in a fiscal expansion of around one per cent of GDP on average between 2021 and 2024 at best, writes Th. Fazi bei „Spikes“. – Das trifft sich mit meiner Analyse. Wer sie lesen möchte, sollte sich in unseren Mailverteiler eintragen, dann gibt’s ein kostenloses E-Paper zum Thema. Zur Anmeldung geht es hier entlang!