Wer rettet die Welt?
Rund um den G-20-Gipfel wird Kanzlerin Merkel erneut als “Führerin der freien Welt” gefeiert. Dabei braucht die Welt gar keine Führer. Das ist jedenfalls die (bisher noch) vorherrschende Meinung in Brüssel.
Schließlich wurde die EU gegründet, um zu verhindern, dass jemals wieder ein “Führer” sein Unwesen treibt. Auch eine Führerin oder Leaderin braucht Europa nicht – wir haben ja Regeln. (Ironie AN)
Das fängt mit der legendären Regulierung zur Gurkenkrümmung an. Die Verordnung Nr. 1677/88/EWG zur Festsetzung von Qualitätsnormen für Gurken wurde zwar 2009 außer Kraft gesetzt.
Doch das macht nichts, die EU hat neue Regeln erlassen, es werden sogar immer mehr. So gibt es Regeln und Normen für:
- das Budgetdefizit (“3,0 ist 3,0”)
- die Inflationsrate (2,0 muss es schon sein, sonst kauft die EZB eben Anleihen bis zum Abwinken)
- die Bankenrettung (deutsche und französische Institute haben Vorrang, ungeschriebene Regel)
- die Bankenabwicklung (Bail-in statt Bailout, Ausnahmen wie in Italien bestätigen die Regel)
- die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen
- die Abschiebung von Flüchtlingen in “sichere” Herkunftsländer (z.B. Türkei)
- den Klimaschutz (auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel, siehe Dieselgate)
- die Lizenzierung von klimaschädlichen Emissionen (wir handeln sogar damit)
Außerdem haben wir natürlich die EU-Kommission in Brüssel, die über die strikte Einhaltung der Regeln wacht. Auch dafür gibt es sehr schöne aktuelle Beispiele:
- Kommissionschef Juncker hat ein Vertragsverletzungs-Verfahren gegen Ungarn u.a. wg. der Flüchtlingsquote eingeleitet;
- Wettbewerbskommissarin Vestager überzieht Google mit einer Rekordstrafe;
- Haushaltskommissar Oettinger droht EU-Sündern mit seiner schärfsten Waffe: Mittelentzug.
Sollte auch das noch nicht reichen und wider Erwarten doch einmal eine Krise ausbrechen, so gibt es noch das ultimative Allheilmittel: den EU-Gipfel.
Er hat noch immer eine Lösung gefunden – auch wenn es manchmal etwas länger dauert. So muss Griechenland nun bis 2060 seine Schulden abstottern, die ihm diverse EU-Gipfel aufgebürdet haben.
Könnte man sich nicht etwas Ähnliches für US-Präsident Trump einfallen lassen? Oder für Putin und Erdogan? Eine EU-Regel, die die Bösen bis 2060 bindet? Merkel weiß doch, wie das geht, oder?
Wenn nicht sie, wer sonst soll die Welt retten?
(Ironie AUS)
Dies ist die Niederschrift eines Vortrags im Hamburger Thalia-Theater, den ich Ende Juni im Rahmen der Jahrestagung der “Weltreporter” gehalten habe. Thema des Abends: »Wer rettet die Welt vor Putin, Trump & Co?«
Foto: Pixabay
luciérnaga rebelde
7. Juli 2017 @ 12:44
Je höher die Machtpyramide desto machtloser seine Basis=das Volk. Da die Pyramide wächst und schwerer wird, drückt sie umso mehr auf die Basis
Peter Nemschak
7. Juli 2017 @ 14:06
Wodurch fühlen Sie sich bedrückt? Ihr persönlicher Einfluss auf die nationale Politik ist nicht größer als in der EU.
M
7. Juli 2017 @ 09:41
Europa und EU sind nicht dasselbe.
Hella-Maria Schier
7. Juli 2017 @ 08:41
Ich sehe nicht, dass die Welt durch Putin so bedroht wäre. Eher durch die Nato, derzeit Trump.
asisi1
7. Juli 2017 @ 05:57
wenn die masse der menschen , bei Merkel von einer führerin reden, dann ist für mich eines absolut klar. sie können nicht mehr allein und selbstverantwortlich denken und handeln. das hirn ist praktisch schon abgeschaltet!
frau Merkel ist eine volksverräterin!
Peter Nemschak
7. Juli 2017 @ 09:29
Vielleicht liegt das Problem von Merkel daran, dass sie zu viel auf das Volk und dessen augenblickliche Stimmungen hört. Das ist gut für den Machterhalt, weniger gut, um langfristige Strategien zu entwickeln und umzusetzen. Umgekehrt, was im nachhinein als das Ergebnis von langfristigen Strategien verstanden wird, ist oft in Wahrheit die Summe kurzfristiger Entscheidungen.
asisi1
7. Juli 2017 @ 18:59
Merkel hat 50 jahre in der DDR gelebt. hier wurde ihr alles und jedes vorgegeben.
wer glaubt denn, dass sie Führungsqualitäten hat? doch nur die dummen gepemperten deutschen.
sie ist in der DDR nur eine einfache Mitläuferin gewesen und hat nur befehle empfangen und befolgt. heute bekommt sie ihre befehle andernorts her und muss sie befolgen. sie hat kein eigenständisches denken!!! wer das glaubt, der zieht sich die hose mit der Kneifzange an!
Peter Nemschak
7. Juli 2017 @ 05:20
Die Welt braucht keinen Retter (Gott soll abhüten!), die EU sehr wohl einen „Führer“, der die Agenda definiert. In Nationalstaaten übt diese Funktion der Premierminister oder Präsident aus, in großen Unternehmen der CEO. Die EU wirkt dagegen wie ein Hühnerhof, wo alle in verschiedene Richtungen laufen. Dass die Agenda in der EU strukturell anders als im Nationalstaat sein sollte (Zielvorgaben und Rahmenbedingungen, welche national mit den entsprechenden Instrumenten umzusetzen sind) ist bei der derzeitigen Konstruktion der EU wohlverstanden. Nichts gegen demokratisches diskutieren, letztlich muss jemand Entscheidungen treffen und kann bei Nichtgefallen abgewählt werden.
paul7rear
7. Juli 2017 @ 09:19
Jawohl, mein Führer!
Aber auch auf dem Hühnerhof gibt es eine Ordnung, die Hackordnung wird nämlich von oben nach unten delegiert. Der Zuchtgockel und seine Alpha-Hennen bestimmen die Rangfolge, absolutistisch und totalitär aber stringent so wie der Schnabel wuchs.