Systemkrise

Dieser Mann ist gewiß kein Systemveränderer, oder?

Nach den Niederlanden, Österreich und Finnland attackieren die Märkte nun auch Spanien. Kurz vor der Parlamentswahl in Madrid klettern die Zinsen für zehnjährige Anleihen auf fast sieben Prozent – also die Schwelle, ab der es gefährlich wird. Die FTD spricht von „Panik“, doch in Wahrheit ist dies wohl die Systemkrise, vor der EU-Kommissionschef Barroso gewarnt hat. Die Frage ist nur: Welches System ist eigentlich kaputt, und was kann man dagegen tun?

“Die Situation für Spanien wird immer kritischer, auch wenn der Zins momentan noch tragbar ist“, zitiert die FTD einen Experten der Bank of America. „Die Entwicklung liegt nicht unbedingt an Spanien selbst, sondern daran, dass immer noch eine Lösung auf europäischer Ebene fehlt”, sagte er. Die Eurozone kommt nicht vom Fleck, weil Kanzlerin Merkel sich tot stellt, wie ich schon gestern in diesem Blog kritisierte.

Doch nicht nur das Eurosystem ist in der Krise. Das gesamte Finanzsystem zeigt bedenkliche Aussetzer, wie ein Blick nach London zeigt. In der City konnte die hoch verschuldete britische Regierung heute Anleihen für den lächerlich niedrigen Zins von 1,44 Prozent platzieren, wie der Guardian meldet. Offenbar messen die Märkte mit zweierlei Maß – in Euroland herrscht Panik, in UK und in den USA noch immer Business as usual.

Möglicherweise erleben wir aber auch eine Krise des globalisierten Kapitalismus. Die Zentren London und New York gehen zwar noch unbehelligt ihren Geschäften nach. Doch bald schon könnte der Sturm aus Europa auch über den Atlantik ziehen, warnt die US-Ratingagentur Fitch. An der Wall Street löste dies prompt einen Kursrutsch aus – in der globalisierten Welt hängt eben alles mit allem zusammen.

Ich schreibe dies, weil es einen Unterschied macht, ob wir von einer Eurokrise, einer Finanzkrise oder einer globalen Krise sprechen. Es macht auch einen Unterschied, ob man glaubt, das System sei grundsätzlich in Ordnung, sieht man einmal von „Störenfrieden“ wie Griechenland ab – oder ob der Fehler im System liegt, z.B. in der Konstruktion der Eurozone oder der Rolle der EZB.

Barroso und Merkel glauben offenbar immer noch, das Eurosystem sei ok, durch radikales Sparen könne man der Krise Herr werden. Vermutlich muss der Wirbelsturm erst Berlin und Brüssel erfassen, bevor die Herrschaften aufwachen und für die „systemische Krise“ auch systematische oder gar systemverändernde Lösungen suchen.

 

Ach ja, Deutschland hat übrigens höhere Schulden als Spanien, wie Eurogruppenchef Juncker völlig zu Recht anmerkte. Irgendwann werden dies auch die Märkte merken…


 

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