Strauss-Kahns Vermächtnis

Ende einer Männerfreundschaft – Endspiel für Griechenland?

Europa stellt nicht mehr den IWF-Chef. Nachdem ihn Deutschland und die USA fallen ließen, hat der bisherige Amtsinhaber Strauss-Kahn, der derzeit in New York im Knast sitzt, seinen Rücktritt erklärt. Damit ist das Rennen um den Nachfolger auch offiziell eröffnet. Europa könnte dabei den Kürzeren ziehen, da die Schwellenländer Anspruch auf den IWF-Posten erhoben haben. Auch wirtschaftspolitisch steht viel auf dem Spiel – beginnt nun das Endspiel für Griechenland?

Die jüngste Warnung, die der IWF an die Regierung in Athen herausgegeben hat, spricht für eine neue, härtere Gangart. Ohne weitere Sparmaßnahmen und Privatisierungen könne das Land „entgleisen“, heißt es aus Washington. Bereits in drei Wochen soll die sozialistische Regierungen Vollzug melden – sonst droht ein Stopp der Notkredite und damit der Bankrott. 

Das sind ungewohnt harsche Töne vom IWF. Bisher hielt Strauss-Kahn, der einen guten Draht zum griechischen Premier Papandreou hatte, seine schützende Hand über seinen griechischen Genossen. Doch damit könnte es bald vorbei sein, wenn ein Chinese, Türke oder gar ein Deutscher den IWF leitet. 

DSK widersetzte sich immer wieder Forderungen aus Berlin und Frankfurt, Griechenland noch härtere Konditionen für die Finanzhilfen zu verpassen. Es sprach sich für niedrigere Zinsen auf die Hilfskredite aus, warnte vor Sparmaßnahmen, die die Rezession verschärfen könnten und forderte ein härteres Durchgreifen bei der Einkommensteuer (die viele reiche Griechen schlicht ignorieren). Damit machte sich der IWF-Chef einige Feinde.

Nicht nur Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy rechnete der IWF-Chef zu seinen Gegnern. Zuletzt sprach er davon, auch Russlands Regierungschef Putin versuche, ihn zu stürzen, wie der Nouvel Obs berichtet.

Jetzt kam auch heraus, dass Strauss-Kahn offenbar schon sehr frühzeitig über das wahre Ausmaß der Krise in Griechenland informiert war. Nach Medienberichten rief ihn Papandreou schon Ende 2009 um Hilfe – Monate, bevor die EU ihre Rettungsaktionen startete. Wenn dies stimmt, verliert Papandreou mit DSK seinen engsten Vertrauten. Sein Nachfolger wird Zeit brauchen, um ein ähnlich gutes Verhältnis aufzubauen – Zeit, die Griechenland eventuell nicht mehr hat.

Zu Strauss-Kahn Vermächtnis gehört allerdings auch, dass er es nicht geschafft hat, den IWF vollständig aus dem liberalen “Washington Consensus” zu lösen (auch wenn er dies anders sah) und für die Eurozone ein funktionierendes alternatives Modell der Entschuldung zu entwickeln. Er hat sich zwar wiederholt mit Kanzlerin Merkel angelegt und mit der EU-Kommission um die beste Politik gerungen. Noch am Sonntag, dem Tag seiner Verhaftung, wollte er bei der Kanzlerin für eine Streckung der griechischen Kredit-Rückzahlungen eintreten.

Doch so weit kam es nicht mehr, aus den bekannten Gründen. Letztlich hatte Merkel den längeren Atem – so dass Europa ohne DSK wieder ein bisschen deutscher und die Lage für Griechenland noch ungemütlicher werden dürfte. In Athen macht man sich jedenfalls bereits große Sorgen…


 

 

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